"Wie soll’s einem schon gehen nach der nächsten verlorenen Wahl?“, schimpft ein blauer Funktionär aufgebracht ins Telefon. Einen Tag nach der steirischen Landtagswahl, bei der die Freiheitlichen satte 9,3 Prozent verloren haben, herrscht in der Partei erneut Katerstimmung. Wieder eine Wahl, die von Ibiza, Spesenaffäre und Co. überschattet worden war. Doch dass am Wahltag „die Wurzel allen Übels“, wie der Wiener Funktionär Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache nennt, auch noch seine Rückkehr als Wiener Landeschef angeboten hatte, brachte das Fass bei vielen zum Überlaufen. Der Ärger über Strache scheint nun größer als jener über das schlechte Wahlergebnis.

FPÖ-Chef Norbert Hofer sieht für Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache keine Zukunft in der FPÖ. "Eine Rückkehr in die FPÖ wird nicht möglich sein", sagte Hofer in den "Salzburger Nachrichten" (Mittwoch-Ausgabe) zum "Angebot" Straches, die Wiener Partei zu übernehmen. Auch rechnet er mit einem baldigen Parteiausschluss des Ex-Parteichefs. Auch FPÖ-Klubobmann Kickl sprach sich gegenüber der "Kleinen Zeitung" für einen Parteiausschluss aus.

Zumindest ein Funktionär spricht sich aber schon öffentlich aus für eine Abstimmung über Strache mit möglicher Rückkehr als Spitzenkandidat: Der Wiener Gemeinderatsmandatar Karl Baron sagte am Dienstag in einem Interview auf oe24.tv, dass sich "viele Parteifreunde in Wien wünschen, dass Heinz-Christian Strache wieder den Vorsitz in der Landespartei übernimmt".

Einen Fürsprecher scheint Strache nun in Baron gefunden zu haben. Dieser sitzt seit 2010 für die FPÖ im Wiener Gemeinderat und ist Präsident der Freiheitlichen Wirtschaft Wien. "Natürlich bleiben jetzt noch einige in Deckung. Aber dieses Thema wird heiß diskutiert. Dieses Facebook-Posting Straches war doch ein Friedensangebot an die Bundespartei, wir sollten über das Comeback abstimmen. Und die Bundesparteiführung sollte demokratische Entscheidungen zur Kenntnis nehmen", sagte er.

"Strache arbeitet an seinem Parteiausschluss"

„Das war ja  kein Angebot, das irgendjemand ernst nehmen kann“, erklärt hingegen FPÖ-Urgestein Andreas Mölzer den Unmut in den blauen Reihen. „Strache befindet sich offenbar seit Wochen in einem psychischen Ausnahmezustand“, sagt Mölzer. Der in Ungnade gefallene Ex-Chef klammere sich krampfhaft an den Gedanken einer Rückkehr. „Aber mit seinen ‚Ich bin da, ich bin weg‘-Aktionen à la Haider arbeitet er aktiv an seinem eigenen Parteiausschluss.“ FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker stellte bereits am Sonntag einen solchen in Aussicht. „Die Partei gerät dank Straches Aussagen fast schon unter Zugzwang, ihn auszuschließen“, sagt Mölzer. „Das kann sich ja niemand gefallen lassen.“

So sehen das auch viele in der Wiener FPÖ. Sehnte sich dort vor einigen Wochen noch eine respektable Anzahl an Funktionären nach einer Rückkehr ihres ehemaligen Chefs, scheint diese heute auf Nachfrage kaum mehr existent. Zu groß ist der Ärger darüber, dass die Buchstaben HC für „aktive Wählervertreibung“ sorgen, wie es ein Wiener FPÖler formuliert. Und im Hinblick auf die Wien-Wahl im kommenden Jahr könne man sich das nicht leisten.

Treffen mit Stronach

Am Dienstag wurde via Tageszeitung "Österreich" ein Foto von einem Treffen mit dem austro-kanadischen Millionär Frank Stronach verbreitet, das vorige Woche in Oberwaltersdorf stattgefunden haben soll. Auch von einem Treffen mit blauen Funktionären war die Rede.

Sollte Strache wie kolportiert bei der Wiener Landtagswahl im kommenden Jahr antreten wollen, wäre er auf Geldgeber angewiesen. Stronach hatte in sein 2012 gegründetes und fünf Jahre später aufgelöstes "Team Stronach" mehr als 20 Mio. Euro investiert. Zwischenzeitlich hatte auch Philippa Strache, die heute als aus der FPÖ ausgeschlossene "wilde" Abgeordnete im Nationalrat sitzt, für das Team Stronach gearbeitet. Stronachs Anwalt Michael Krüger konnte zum Hintergrund des Treffens mit Strache auf APA-Anfrage vorerst nichts sagen.

Allzu große Hoffnung auf ein gutes Ergebnis scheint man sich in Wien nicht zu machen. Der designierte Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp gilt in der Partei zwar als angesehen, sein geringer Bekanntheitsgrad spricht jedoch gegen ihn als Kandidaten. „Ich fürchte, dass sich das Ruder bis zur Wien-Wahl ohnehin nicht wird herumreißen lassen“, sagt Mölzer. „Nepp ist, genau wie Mario Kunasek und wohl auch Johann Tschürtz im Burgenland, dazu verdammt, die Niederlage der FPÖ zu verwalten.“ Viel Platz für Profilierung bleibe hier nicht.

"Niemand kann weitere Vorfälle ausschließen"

Die Angst davor, dass Strache bei der Wien-Wahl mit einer eigenen Liste antreten könnte, scheint in der FPÖ inzwischen verflogen. „Da wünsche ich ihm viel Glück“, sagt Mölzer. „Denn der Heinz demoliert schon jetzt sein eigenes Denkmal.“

Für die Zukunft setzt die FPÖ nun alles daran, die Partei vor skandalträchtigen Geistern aus der Vergangenheit zu schützen. „Dafür müssen aber zuerst alle Altlasten auf den Tisch“, erklärt der Welser Bürgermeister Andreas Rabl, der Chef der neuen Reformgruppe. Deshalb arbeite man derzeit an neuen Transparenz-Regelungen für die Partei. „Niemand kann ausschließen, dass es in den eigenen Reihen nicht zu weiteren unliebsamen Vorfällen kommt“, sagt Rabl. „Aber künftig wird es klare Regeln für den Umgang damit geben.“