ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Grünen-Chef Werner Kogler machten einander zuletzt nur noch Komplimente: Man spricht von einem guten Austausch und zollt einander Dank und Anerkennung für die gute Atmosphäre. Es sieht so aus, als nähere man sich an. Einen Dritten braucht es eigentlich nicht am Tisch. Türkise und Grüne stellen 97 von 183 Mandaten, schon 92 Mandate reichen für eine Mehrheit.

Dennoch verstummen die Rufe nach den Neos nicht. Der Grund liegt auf der Hand: Im Umfeld der ÖVP wäre man nicht unglücklich über den Dritten am Tisch. In so mancher Frage stünde es inhaltlich vermutlich 2 gegen 1, zumindest was das Gleichgewicht der Parteien betrifft, natürlich nicht in Bezug auf die Zahl der Mandatare im Parlament. Dennoch: Im Diskurs würde es einen Unterschied machen.

Genau das ist der Grund, warum die Grünen ganz leicht ohne Neos auskommen würden. Wie es die stellvertretende Grüne Klubchefin Sigrid Maurer im Interview mit der "Presse" formuliert: "Ich kann keinen besonderen Mehrwert daran erkennen." Eine türkis-grüne Regierung wäre auch ohne Neos stabil.

Kogler und Meinl-Reisinger stehen dennoch in ständigem Austausch. Nicht so sehr mit Blick auf eine Regierungsbeteiligung der Neos, sondern eher, um mögliche gemeinsame Initiativen im Parlament vorzubesprechen.

Nicht nur Kogler sondern auch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger kann vermutlich gut damit leben, nicht an der Regierung selbst beteiligt zu sein. Zum einen weil die Neos im Kräfteverhältnis die Kleinsten wären und fürchten müssten, insbesondere vom großen Hauptpartner ÖVP zu Tode umarmt zu werden.

Aber auch deshalb, weil eine Regierungsbeteiligung die Partei auch in Sachen Ressourcen an ihre Grenzen - oder darüber hinaus - treiben würde. Die Neos sind eine Partei, die in hohem Ausmaß die Jungen anspricht. Und sie sind eine Fraktion, auf deren Listen sich in einem hohen Ausmaß interessante Neueinsteiger in die Politik finden. Aber mit 15 Mandaten blieb es ein kleiner Klub.

Mit dem Wahlausgang war Chefin Meinl-Reisinger zufrieden, hat er doch nicht zuletzt den gelungenen Übergang von Ex-Parteichef Matthias Strolz zu ihr dokumentiert. In den Himmel wuchsen die pinken Bäume nicht.

Akzente im Parlament, bei denen man einmal den Ball der Wirtschaftspartei ÖVP, und einmal den Ball der Ökopartei der Grünen aufnimmt und verwandelt, sind vermutlich reizvoller als sich im Spagat zwischen Regierungsarbeit und Parlament aufzureiben.

Zumal auch die Kontrollfunktion im Parlament einer fokussierten Oppositionspartei bedarf und der Fokus von SPÖ und FPÖ derzeit mehr auf die jeweils eigene Partei gerichtet ist.