Das Bundesheer hat laut einem Bericht des "Standard" den Umgang mit Soldaten, die Mitglieder oder Unterstützer der rechtsextremen Identitären Bewegung sind, gelockert. Laut einer Anweisung genügt nun die Mitgliedschaft bei den Identitären alleine nicht mehr für einen Sperrvermerk (für bestimmte Funktionen nicht zugelassen) oder eine Entorderung (als Milizsoldat entlassen). Grund dafür ist der Freispruch der Identitären vom Vorwurf der kriminellen Vereinigung.

Bundesheersprecher Michael Bauer bestätigte gegenüber der APA, dass es aufgrund des Freispruchs der Identitären beim Prozess in Graz im Vorjahr (und der Bestätigung der Freisprüche Anfang 2019 durch das Oberlandesgericht Graz) zu dieser internen Anweisung des Abwehramtes gekommen ist.

Man sei in der öffentlichen Verwaltung an Gesetze gebunden, sagte Bauer. "Wenn jemand einer kriminellen Organisation angehört, strafrechtliche Tatbestände setzt, dann kann man Maßnahmen setzen." Selbiges gelte bei einem laufenden Prozess oder einem Disziplinarverfahren. "Wenn das nicht der Fall ist, dann gibt es dazu keine gesetzliche Grundlage", so der Sprecher. "Nachdem die Identitären in diesem Prozess freigesprochen wurden, ist die gesetzliche Grundlage weggefallen."

56 Soldaten auf der Liste

Als besorgniserregend hat der Jetzt-Abgeordnete Peter Pilz die Aufhebung der Sperrvermerke für Identitäre beim Bundesheer bezeichnet. Er verlangte am Donnerstag die sofortige Rücknahme der entsprechenden Weisung und die Entfernung dieser Soldaten aus den Reihen des österreichischen Militärs. Laut Pilz sind 56 Miliz- und sieben Berufssoldaten sowie bis vor kurzen sieben Grundwehrdiener betroffen.

Verantwortlich für diesen gelockerten Umgang mit Soldaten, die Mitglieder oder Unterstützer der rechtsextremen Identitären Bewegung sind, ist laut Pilz die Ressortspitze selbst, namentlich Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) und sein Generalsekretär Wolfgang Baumann. Es sei absurd, dass die FPÖ behaupte, Identitäre dürfen nicht Mitglied bei der FPÖ sein, aber mit automatischen Waffen bei Bundesheer herumhantieren.

"Das wäre verrückt, wenn man die steirische FPÖ nicht kennen würde. Die steirische FPÖ ist Identitären-verseucht", sagte Pilz bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Es gebe kein Problem mit Rechtsextremen am Rand der FPÖ, "die Rechtsextremen sind mitten in der FPÖ". "Aber was für unbewaffnete FPÖ-Mitglieder gilt, muss umso mehr für bewaffnete Soldaten der österreichischen Miliz gelten." Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sei daher gefordert, dafür zu sorgen, "dass für Extremisten kein Platz beim österreichischen Bundesheer ist". Pilz verlangte bis Freitag eine Klärung, sonst müsse man neuerlich den nationaler Sicherheitsrat einberufen.

Reaktion: Alte Regel gilt wieder

Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) hat daraufhin eine Rückkehr zur alten Regelung angewiesen. Die Sperrvermerke für Soldaten, die Mitglieder oder Unterstützer der rechtsextremen Identitären Bewegung sind, sind wieder in Kraft. "Politischer oder religiöser Extremismus, egal von welcher Seite, hat im Bundesheer nichts verloren", so Kunasek in einer Aussendung am Donnerstag.

Die vorübergehende Aufhebung des Sperrvermerkprozesses sei auf Basis des Gerichtsurteils in Graz vom Jänner 2019 und ohne Weisung des Ministers erfolgt, hieß es. Aus dem Gerichtsurteil sei der Schluss gezogen worden, dass eine reine Mitgliedschaft bei den IBÖ keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Entorderung oder Sperrvermerke sei, sofern keine strafrechtlichen Taten gesetzt wurden. Die alte Regelung wurde jetzt auf Basis des Verfassungsschutzberichts wieder eingesetzt. Im letztgültigen aus dem Jahr 2017 wurde die IBÖ als rechtsextreme Vereinigung qualifiziert, hieß es.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte, Kunasek ersucht zu haben, den Fall umgehend zu klären. "Jedes Aufweichen von bisherigen klaren Haltungen gegenüber den Identitären wäre inakzeptabel und nicht zu tolerieren", betonte Kurz.

Bundespräsident: "Kein Platz im Heer"

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen sieht keinen Platz für Identitäre im Bundesheer. Durch interne Maßnahmen müsse sichergestellt werden, dass Verbindungen zum Rechtsextremismus keinesfalls geduldet werden, schrieb er am Donnerstag in einer Aussendung. Zuvor hatte Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) aufgehobene Sperrvermerke gegen die Identitären wieder in Kraft gesetzt.

"Mitglieder von als rechtsextrem qualifizierten Vereinigungen dürfen keinen Platz im Österreichischen Bundesheer haben. Das Ansehen Österreichs darf nicht gefährdet werden", schrieb der Bundespräsident und weiter: "Ich habe als Oberbefehlshaber nur demokratiebewusste Soldatinnen und Soldaten kennengelernt, die mit Rechtsextremismus absolut nichts am Hut haben wollen." Schon deswegen hätten Rechtsextreme dort keinen Platz.

Für bestimmte Funktionen gesperrt

In der Vergangenheit habe es immer wieder Sperrvermerke gegen Soldaten wegen Mitgliedschaft bei den Identitären gegeben, bestätigte Bauer. Mittels Sperrvermerk können Soldaten für bestimmte Funktionen oder Tätigkeiten im Bundesheer gesperrt werden. Eine Entorderung bedeutet, dass Milizsoldaten aus ihrer Milizfunktion entlassen werden.

Bauer betonte, dass man ungeachtet der Anweisung diese Fälle ständig "sehr genau beobachtet und kontrolliert". "Wir sind uns sicher, dass wir diese Szene sehr gut im Griff haben", sagte er. Gegenüber dem "Standard" betonte Bauer, dass Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) nicht über die Anweisung informiert worden war, weil sie ein "Detailvorhaben" des Abwehramts gewesen sei.