Vergangene Woche haben Sie bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der Opposition zum BVT die Abgeordneten Krainer (SPÖ) und Krisper (Neos) alleine stehen gelassen, um zu ihrer eigenen zu gehen. Tun Sie sich schwer, mit anderen im Team zu arbeiten?
PETER PILZ: Überhaupt nicht. Wir werden die U-Ausschüsse nur gemeinsam schaffen, als absolut einige Opposition. Ich habe dann dort erklärt, versteht’s das nicht falsch: Ich muss zu meiner eigenen Pressekonferenz, die ich vor der gemeinsamen ausgeschrieben hatte. Das war so vereinbart.

Was hoffen Sie eigentlich noch im U-Ausschuss zu erfahren?
Meines Wissens – und das würde ich gerne beweisen – ist diese Aktion bereits vor Sommer 2017 politisch vorbereitet worden. In Aussicht auf eine mögliche Regierungsübernahme hat es bei Bekanntwerden des Wahltermins an der Spitze der FPÖ Planungen gegeben: wir übernehmen das Innenministerium und säubern das BVT.

An der Spitze heißt...?
Ich gehe davon aus, dass Strache über diese Planungen für die Übernahme des Innenministeriums und die Säuberung informiert war. Wie 2000 – der Unterschied ist nur, Schüssel hat nein gesagt, Kurz hat ja gesagt. Wir werden auch Strache dazu in den Ausschuss laden.

Was wäre die Konsequenz?
Dann muss man weiterschauen: Warum kriegen die das Innenministerium, wie schaut das Netzwerk aus, mit dem der Sturm vorbereitet wird? Und dann werden wir nachfragen, ob es Versuche gegeben hat, sofort an für die FPÖ relevante Extremismusdateien heranzukommen. Ich bin nicht befugt, über die Akten zu reden, aber ich sage das nicht grundlos.

Obwohl viele Fragen offen sind, stellen Sie sich jetzt schon hin und sagen, Kickl ist rücktrittsreif.
Wenn einmal ein Oberlandesgericht feststellt, dass ein Angriff auf den Verfassungsschutz illegal war, ist das ein klassischer Rücktrittsgrund.

Liegt der Fehler rechtlich nicht bei der Staatsanwaltschaft?
Entscheidend ist immer, wer ist der Kopf. Es gibt aber auch noch eine heiklere Geschichte: Die Beamten der EGS bekamen vor der Hausdurchsuchung interne Informationen über das BVT: Wo ist was im BVT, wo ist das Extremismusreferat, mit welcher Karte kommt man durch die Schleuse. Das ist heikelstes Wissen über den Verfassungsschutz; das ist möglicherweise Geheimnisverrat.

Sie sind der längstdienende Abgeordnete im Nationalrat. Wie ist die Arbeit dort, im Vergleich zu den vergangenen Perioden?
Das Positive ist, dass es zur Selbstverständlichkeit geworden ist, dass das Parlament ein scharfes, kontrollierendes Organ ist. Andererseits war für mich vor 15 Jahren noch kein Parlament denkbar, wo die Rechtsextremen optisch und akustisch dominieren. Das gibt es im respektablen Teil der Welt sonst nirgends. Es war ein ganz seltsames Gefühl, als ich zurückkam und als Redner plötzlich vor den Freiheitlichen stand..

Geht es Ihnen da um den Platz in der Mitte oder um die Zahl?
Beides, um die Tendenzen zur Orbanisierung. Wir hatten lange eine Entwicklung in Richtung mehr Freiheit von Abgeordneten, mehr parlamentarischem Spielraum. Das wird jetzt wieder extrem eingeengt.

Von welcher Seite aus?
Von Seiten der ÖVP, die wird so autoritär geführt wie seit 20 Jahren nicht. Die FPÖ ist dafür zu unprofessionell.

Die Devise „Hände falten, Goschn halten“ gab es früher auch schon.
Ja, aber jetzt wird dreimal die Goschn gehalten, bevor einmal die Hände gefaltet werden. Die haben ein Regime installiert, in dem innerparteiliche Angst eine große Rolle spielt. Das spürt man im Parlament.

Und die FPÖ?
Bei den Blauen geht es um etwas anderes, deren Kernfäule hat bereits begonnen. Die FPÖ verliert die Kontrolle über die eigene Entwicklung. Kurz und Strache verhalten sich zueinander ähnlich wie im Kabinett Schüssel. Das ist wie bei Vampiren: die Blauen werden ausgesaugt. Die unterschreiben alles. CETA, 12-Stunden-Tag, demnächst wohl Eurofighter: der Bruch drei entscheidender Wahlversprechen. Jetzt merken nur noch rauchende Autoraser, dass sie sich auf die FPÖ verlassen können. Die anderen fühlen sich im Stich gelassen.

Wollen Sie denen ein Angebot machen?
Selbstverständlich. Das war einer der Hauptgründe für unser Antreten bei der Nationalratswahl. Weil ich aus dem alten grünen Milieu heraus wollte und weil wir die Mehrheit in der Republik nur verändern können, wenn wir diese Menschen ansprechen 

Sie haben noch kein Parteiprogramm. Was wäre das Angebot?
Es geht ums Zuhören und Ernstnehmen. Die Leute wollen eigentlich nur drei Dinge: Kontrolle gegen Machtmissbrauch, Gerechtigkeit und Schutz, wo sie sich bedroht fühlen.

Hat die Bundesregierung  aus der Eurofighter-Affäre eigentlich etwas gelernt für die aktuellen Beschaffungsvorgänge beim Bundesheer?
Ja. Wahrscheinlich werden sie die Schmiergelder in Zukunft besser verstecken… Sonst mach‘ ich mir keine übergroßen Hoffnungen.  Man müsste hergehen und sagen, mit jemandem, der mich betrogen hat und den ich begründet angezeigt habe, mit Airbus und verbundenen Unternehmen also,  mache ich jetzt einmal bis zum Ende Strafverfahrens überhaupt keine Geschäfte mehr.    Und das schafft der Verteidigungsminister nicht, obwohl das rechtlich möglich wäre. Aber das ist international das Signal: Mach mit Österreich, was du willst, du kannst danach wieder Geschäfte machen.