Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) hat in der Beantwortung der "Dringlichen Anfrage" der NEOS klar gestellt, dass für ihn persönlich die Ergebnisse des Pensionsgipfels nicht ausreichend sind: "Wir werden in den nächsten 20 Jahren wieder sechs Pensionsreformen haben, wenn man nicht im System strukturelle Veränderungen vornimmt."

Schelling kritisierte das Sozialministerium, von dem er sich bis zur von der Koalition gesetzten Deadline 29. Februar entsprechende Vorschläge erwartet hätte. Sein Ressort habe diese geliefert. So habe er sich "selbstverständlich" auch mehr vorgenommen, als herausgekommen sei.

Kein Ende der Fahnenstange

Daher werde er das Thema jedes Jahr wieder aktualisieren, kündigte Schelling bereits an. Ihm wäre nämlich eine Pensionsreform lieber, die die Materie ein für allemal von der Tagesordnung bringe. Mit den nun vereinbarten Beschlüssen sei man noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt, glaubt der Finanzminister.

Einen der umstrittensten Punkte der Vereinbarung hat Schelling offenbar schon abgeschrieben, nämlich dass die Pension bis zu 50 Prozent gekürzt wird, wenn jemand weiter im Arbeitsleben bleibt. Wenn man Medien verfolge, sehe man, dass dies nicht zu kommen scheine.

Inwieweit die geplanten Pensionsmaßnahmen Einsparungen oder Mehrkosten zur Folge haben werden, wollte der Finanzminister nicht einschätzen. Da noch keine ausformulierten Gesetzesvorschläge vorlägen, könne man auch noch keine Kosten-Abschätzungen abliefern.

Was eine flottere Angleichung der Pensionssysteme angeht, setzt Schelling Hoffnungen auf die Verhandlungen zum neuen Dienstrecht, in deren Verlauf dieses Thema auf die Tagesordnung kommen werde. Auch die Länder sollen in die Pflicht genommen werden.

Kein Gedanke an Rücktritt

An einen Rücktritt denkt Schelling übrigens nicht. Den hatte ihm NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker in der Begründung der "Dringlichen" nahegelegt. Er warf dem Finanzminister "100-prozentiges Versagen" vor. Schelling sei seinen eigenen Ansagen überhaupt nicht gerecht geworden. Daher wäre es für ihn Zeit, sich einzugestehen, dass er die selbst gesteckten Ziele in dieser Regierung nicht umsetzen könne.

Am Koalitionspapier stört Loacker, dass die Kostentreiber im System nicht einmal andiskutiert worden seien. Es sei an keiner einzigen Stellschraube gedreht worden, die den Jungen das Gefühl geben könnte, in 20 oder 30 Jahren noch eine Pension zu bekommen. Ganz im Gegenteil werde das Pensionsloch noch vergrößert. Die Regierung fahre den Karren nur mit höherem Tempo an die Wand.

In der Debatte zu ihrer Pensions-Dringlichen mussten sich die NEOS einigen Tadel anhören - nicht nur von SPÖ und ÖVP, sondern auch seitens der Grünen. Die Sozialsprecher der Koalition verteidigten die Ergebnisse des Pensionsgipfels, die FPÖ und das Team Stronach stimmten grundsätzlich in die NEOS-Kritik an der Regierung ein.

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) dankte den NEOS für ihre Dringliche - denn sie gab ihm Gelegenheit, sich einmal mehr zufrieden zu zeigen mit den Ergebnissen des Pensionsgipfels. Auch dem Finanzminister gab er "völlig recht": Man werde sich natürlich weiter bemühen, das Pensionsrecht - immer weiter - anzupassen. Schließlich gehe es darum, ein Viertel der Bevölkerung mit Einkommen zu versorgen.

An andere Aussagen von Regierungsseite erinnerte sich NEOS-Chef Matthias Strolz - nämlich an das Eingeständnis, das beim Gipfel wegen der Nähe zur Hofburg-Wahl nicht mehr rausgekommen sei. Und das sei "beklemmend ehrlich", meinte er - und forderte einmal mehr die Harmonisierung samt Abschaffung von Sonder- und Luxuspensionen (auch in Wien), einen Automatismus sowie die Angleichung des Frauenpensionsalters.

Gegen Schwächung der staatlichen Säule

Für SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch sind die Ergebnisse des Pensionsgipfels "in Ordnung", werde mit ihnen doch ein "gutes System verbessert, vor allem für diejenigen, die wenig haben". Er lehnt vehement eine Schwächung der staatlichen Säule - und deren Ersatz durch private oder betriebliche Vorsorge - ab. Genau das sei aber das Ziel der NEOS, "und das gefällt mir nicht". Es gelte vielmehr die staatliche Säule zu sichern und auszubauen.

Ein Bekenntnis zum "umlagefinanzierten staatlichen System" legte auch ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger ab. Freilich müsse es zur Sicherung der Nachhaltigkeit aber immer weiterentwickelt werden. Genau dies geschehe mit den Ergebnissen des Pensionsgipfels. "Froh und dankbar" ist Wöginger über die Zusage der Regierungsspitze, dass es - doch - keine Verschlechterung für die Menschen gibt, die über das gesetzliche Pensionsalter hinaus arbeiten.

FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl sieht die Regierung nur in zwei Zuständen: Entweder "Chaos" wie in der Flüchtlingspolitik oder "Lähmung" wie bei den Pensionen. Auch der Gipfel dazu habe "nur Flickwerk" ergeben, vermisste auch er Maßnahmen gegen die Luxuspensionen in ausgelagerten Gesellschaften oder die Harmonisierung der Systeme.

Kritische Worte in Richtung der NEOS kamen von Grünen-Chefin Eva Glawischnig: Die Pinken ließen "Kreativität und eine ernsthafte Auseinandersetzung" mit dem Thema Pensionen vermissen - und hätten nur Verunsicherung geschürt mit Ansagen wie "schrottreif". Die Gipfel-Ergebnisse waren aber auch aus ihrer Sicht unzureichend: So werde viel zu wenig unternommen, um die vielen armutsgefährdeten Pensionistinnen ausreichend zu unterstützen.

Mehr mit der Flüchtlingswelle als mit den Pensionen beschäftigte sich Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar - wobei er einen Zusammenhang sieht: Die SPÖ glaube, keine Pensionsmaßnahmen treffen zu müssen, weil man das System durch Zuwanderung sichern könne. Das treffe aber nicht zu - und so würde es gelten, eine "ordentliche Familienpolitik" zu machen, "dann brauchen wir die Zuwanderung nicht".