Erstmals wird einem verstorbenen NS-Politiker ein hohes Ehrenzeichen der Republik posthum entzogen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat mit seiner Unterschrift am Freitag den Weg dafür frei gemacht. Davon betroffen ist einer der Co-Autoren der Nürnberger Rassengesetze, Hans Globke, der nach 1945 zu einem der engsten Mitarbeiter des späteren deutschen Kanzlers Konrad Adenauer aufgestiegen ist und dem 1956 das Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich verliehen wurde. Globke starb 1973. Eine posthume Aberkennung war bis jetzt nicht möglich.

Angestoßen durch einen Artikel in der Kleinen Zeitung

Dass es dazu überhaupt gekommen ist, ist einem ehemaligen Journalisten der Kleinen Zeitung, Christian Weniger, zu verdanken, der vor mehr als vier Jahren diesen Missstand in einem Artikel erstmals benannt hat. Unter der Ägide des Grazer Uni-Professors Helmut Konrad wandten sich zahlreiche Zeithistoriker an den Bundespräsidenten und die Bundesregierung. Die Basis für die jüngste Entscheidung lieferte schließlich und endlich das Parlament, das im Oktober 2023 ein entsprechendes Rahmengesetz verabschiedete, die Regierungsvorlage dafür hatte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler geliefert. Von den fünf Parteien stimmte nur die FPÖ dagegen. Den Antrag auf Aberkennung stellte Außenminister Alexander Schallenberg.

„Globke hätte nie Ehrenzeichen erhalten sollen“

In einer ersten Reaktion meinte Van der Bellen: „Die Republik Österreich trägt eine immerwährende Verantwortung. Ihre Repräsentanten und ihre Institutionen, angesichts der schrecklichen, barbarischen Taten, die auf unserem Boden während des Nationalsozialismus verübt wurden. Wir tragen die immerwährende Verantwortung, strikt und entschieden und aus tiefstem Herzen gegen jede Form von Hass, Rassismus oder Antisemitismus aufzutreten. Es ist wichtig, dass es durch die Reform des Ehrenzeichengesetzes jetzt möglich ist, dieser immerwährenden Verantwortung auch in diesem Bereich gerecht zu werden.“

Schallenberg ergänzte, die Aberkennung von Ehrenzeichen sei „ein wichtiger Schritt, um unserer historischen Verantwortung in jeder Hinsicht gerecht zu werden. Gerade in diesen Zeiten setzen wir damit auch ein klares Zeichen gegen das Vergessen und für unsere immerwährende Verpflichtung zur Erinnerung und Wachsamkeit.“ Edtstadler: „Mit der im Herbst 2023 beschlossenen Reform des Ehrenzeichengesetzes stellten wir ausdrücklich klar, dass nach groben Verstößen gegen die Grundwerte der Republik Ehrenzeichen widerrufen und aberkannt werden müssen. Dieser Fall liegt bei Hans Globke eindeutig vor. Die Republik macht damit posthum klar, dass Globke niemals Ehrenzeichenträger der Republik Österreich werden hätte dürfen.“