Geht es nach der ÖVP, sollen Kinder und Jugendliche, die Straftaten begehen, künftig deutlich früher dafür belangt werden können. Innenminister Gerhard Karner und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler fordern eine Herabsetzung der Strafmündigkeit von aktuell 14 auf 12 Jahre. Zu diesem Schluss sei nun auch eine interministerielle Arbeitsgruppe gekommen, um dem Staat „bei schweren Gewaltdelikten“ wie Vergewaltigung oder bewaffnetem Raub sowie bei sogenannten Intensivtätern entsprechende Handhabe zu geben.

Zudem sollen junge Straftäter künftig auch zu einer „polizeilichen Regelbelehrung“ in Anwesenheit der Eltern verpflichtet werden. Wird dem nicht nachgekommen, seien Verwaltungsstrafen von bis zu 1000 Euro denkbar. Für den Umgang mit minderjährigen Intensivtätern, die mehrere Delikte in kurzer Abfolge begehen, soll es verpflichtende Fallkonferenzen mit Jugendeinrichtungen und Justiz geben. Und auch eine Unterbringung in betreuten Wohneinrichtungen sowie eine verpflichtende Orientierungshilfe soll möglich werden.

„Niemand spricht davon, alle 12-Jährigen einzusperren“

Nachdem sich die Zahl der Tatverdächtigen zwischen 10 und 14 Jahren zwischen 2013 (4821) zum Vorjahr (9729) fast verdoppelt habe und Fälle wie jener der 12-Jährigen, die in Wien von (teils minderjährigen) Burschen über Monate missbraucht wurde, für Aufregung sorgten, „können wir nicht zur Tagesordnung übergehen“, erklärt Karner den türkisen Vorstoß, es brauche spür- und durchsetzbare Konsequenzen.

Als Basis für die Vorschläge nennt Edtstadler auch den Psychiater Reinhart Haller, der einen deutlich früheren Eintritt von Kindern und Jugendlichen in die Pubertät als Argument für eine auch von ihm befürwortete Herabsetzung der Strafmündigkeit genannt hatte. Im Gespräch mit der „Kleinen Zeitung“ bestätigt Haller diese Ansicht, bedauert jedoch eine „Vermischung“ der Debatte. „Niemand spricht davon, alle 12-Jährigen einzusperren.“ Es brauche zudem ausreichend ambulante und stationäre Betreuungsangebote, sollte eine solche Senkung kommen.

ÖVP gibt sich unbeirrt

Beim grünen Koalitionspartner, der im Justizministerium das Sagen hat und für eine Umsetzung an Bord sein müsste, kommt der türkise Vorstoß nicht gut an. Man warte nun, bis konkrete Vorschläge vorgelegt werden, verweist jedoch auf die bereits kundgetane Ablehnung von Ministerin Alma Zadić, die sich im März gegen eine Senkung ausgesprochen hatte.

Mit dieser Haltung ist Zadić nicht allein. Auch die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie spricht sich dagegen aus, „es konnte in der Vergangenheit bereits wiederholt und eindeutig gezeigt werden, dass der abschreckende Effekt von Gefängnisstrafen im Sinne eines kriminalpräventiven Ansatzes nicht vorhanden ist“. Laut Netzwerk Kriminalpolitik kann „eine intensive Auseinandersetzung mit den Hintergründen der Tat und der Lebenssituation von Kindern im Strafverfahren nicht geleistet werden“. Und die Bundesjugendvertretung, in deren Vorstand immerhin die Junge ÖVP sitzt, sieht eine „Verletzung der Kinderrechte“. Dass die ÖVP erst jetzt Experten und Organisationen einbinden will, sorgt ebenfalls für Kritik. Die Partei gibt sich dennoch unbeirrt, man setze alles daran, das Vorhaben noch vor der Wahl durchzubringen.