Zweifel hatte es von Anfang an gegeben. Nun ist es aber fix: Signa Gründer René Benko wird am Donnerstag nicht vor dem COFAG-U-Ausschuss aussagen. Wegen der Vielzahl von Vorwürfen, die gegen Benko derzeit im Raum stünden, sei es für den Signa-Gründer „unzumutbar“, auszusagen, da eine Verletzung seiner Beschuldigtenrechte zu befürchten sei, begründet Benkos Anwalt in einem Schreiben. SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer kündigte via X (Twitter) bereits einen Antrag auf die Verhängung einer Beugestrafe an.

Doch schon am Mittwoch drehten sich die Befragungen vor allem um den insolventen Immobilienmogul. Drei Finanzbeamte, die alle auf die eine oder andere Art mit Benkos Unternehmungen zu tun hatten, standen den Fraktionen am dritten Befragungstag Rede und Antwort. Eine Sonderbehandlung für Benko und andere Milliardäre, wie von SPÖ und FPÖ im Untersuchungsgegenstand vermutet, sahen sie nicht.

Dabei geht es zum Beispiel um Prüfungen rund um das „Schlosshotel Igls“ und das luxuriöse „Chalet N“. Beide Immobilien sollen offiziell gewerblich genutzt worden sein, tatsächlich aber Benkos Familie als privates (Ferien-)Haus gedient haben. Über eine komplexe Konstruktion hat ein Unternehmen, dass einer Privatstiftung Benkos zuzurechnen ist, etwa die Villa auf dem Grundstück des früheren Schlosshotels in Innsbruck an eine andere Signa-Gesellschaft vermietet, diese hat Benko wiederum das Domizil als Dienstwohnung zur Verfügung gestellt. Über Vorsteuerabzüge sparte sich Benkos Imperium so Steuern in Millionenhöhe. Nach neuerlicher Prüfung fordert die Finanz nun allerdings die Rückzahlung der zuvor erstatteten Summen. Die Republik ließ auf die Immobilie ein Pfandrecht eintragen.

Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli konnte am Mittwochvormittag nicht nachvollziehen, warum die Vorsteuer rückerstattet wurde, wo es doch Zweifel an der Richtigkeit der Prognoserechnungen der entsprechenden Signa-Gesellschaft gegeben habe. Grundsätzlich können sich Unternehmen die Umsatzsteuer, die sie beim Einkauf bei einem anderen Unternehmen bezahlen, als Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen. Es gebe „keine gesetzliche Grundlage, die Vorsteuer zurückzuhalten, außer es liegt bereits ein Sicherstellungsauftrag vor“, betonte die erste Auskunftsperson am Mittwoch, ein Prüfer im Finanzamt für Großbetriebe am Standort Innsbruck, der unter anderem mit der Prüfung der „Schlosshotel Igls Betriebs GmbH & Co KG“ befasst war.

Über Jahre keine Miete für „Chalet N“ bezahlt

Eine ähnliche Konstruktion wie beim Schlosshotel Igls wählte die Signa auch für das „Chalet N“. Auch dieses mietete eine Signa-Gesellschaft von einer anderen. Allerdings dürfte über Jahre keine Miete bezahlt worden sein. Die Abgeordneten haben nun Zweifel, ob der Mietvertrag „fremdüblich“ war. Vermietet ein Unternehmen eine Immobilie quasi an sich selbst, müssen nämlich sowohl der Mietzins als auch die Ausgestaltung des Mietverhältnisses so gestaltet sein, wie es auch bei der Vermietung an eine unbeteiligte Person plausibel erscheinen würde. Dem Finanzbeamten sei aufgefallen, dass die Mietrückstände für das „Chalet N“ nicht verzinst wurden, das sei jedenfalls „fremdunüblich“. Gleichzeitig könne man einem Unternehmen „nicht vorschreiben, die Miete einzutreiben“, erklärte der Finanzbeamte.

Ansonsten zeigte sich der Mann bei Fragen zu den Luxusimmobilien wortkarg. Ob die „Signa Luxury Collection“, die das „Chalet N“ mietete, jemals Gewinne geschrieben habe, könne er nichts sagen, auch zu Corona-Hilfen, die für die wohl privat genutzte Ferienunterkunft flossen, wisse er nichts. Zu möglichen Interventionen bei der Prüfung der Schlosshotel-Firma habe er keine Wahrnehmungen.

Getroffen habe der Beamte Benko ein einziges Mal im Jahr 2020. Damals wurden die Finanzprüfer zu einem Treffen mit Benko, einigen Signa-Geschäftsführern sowie Steuerberatern in Büroräumlichkeiten der Signa eingeladen. Benko habe angeboten, „dass uns der Konzern vorgestellt wird“, sagte der Befragte. Solche Treffen seien zwar nicht alltäglich, aber die Einladung sei aufgrund der Komplexität des Signa-Konzerns „nicht uninteressant“ gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe Benko allerdings keine gesellschaftsrechtliche Funktion in der Singa innegehabt, merkte die SPÖ-Abgeordnete Michaela Schmidt an.

Beamter sieht „haltlose Vorverurteilung“

Ein weiterer Tiroler Finanzbeamter beklagte am Nachmittag im U-Ausschuss eine „haltlose Vorverurteilung“ des Finanzamts Innsbruck im U-Ausschuss. Besonders die Neos orten dort immer wieder Unregelmäßigkeiten. In der ersten Befragungswoche hatte bereits ein Beamter zur Sitzverlegung der Signa von Wien nach Innsbruck ausgesagt. Diese fiel zeitlich mit der Steuerprüfung zum Verkauf des Tuchlaubenkomplexes in der Wiener Innenstadt zusammen. Im Finanzamt Innsbruck sei man von einer deutlich niedrigeren Bemessungsgrundlage ausgegangen als zuvor in Wien, hatte die Auskunftsperson Anfang März angegeben. Der am Mittwoch geladene Finanzbeamte widersprach dieser Darstellung. Bereits die Großbetriebsprüfung in Wien habe die Steuerbemessungsgrundlage festgelegt. „Vom Finanzamt Innsbruck ist überhaupt nichts herabgesetzt worden“. Der andere Beamte, der laut eigenen Angaben auf eine höhere Bemessungsgrundlage bestanden hatte, sei „von einem Stand ausgegangen, der nicht der Letztstand war“, gab der Mann an.

Den Akt zum Tuchlaubenkomplex habe er nur freigegeben, gab er an. Die Fälle würden „wie die warmen Semmeln“ über seinen Schreibtisch gehen, sagte der Beamte, er würde diese nicht noch einmal prüfen, sondern nur „abklicken“. Druck von Benko, den Fall rasch zu erledigen, habe es keinen gegeben, allerdings habe die Zeit gedrängt, da eine Verjährung drohte.

Gegen die Auskunftsperson laufen offenbar Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs. Die Anzeige stamme aber von einer Person, die immer wieder mittels Anzeigen versuche, die Arbeit des Finanzamts zu behindern. Der Beamte sprach von einer „Mobbing-Stalking-Jagdgesellschaft“. Er sei deshalb von einer Einstellung des Verfahrends überzeugt.

In Innsbruck dürften fünf bis zehn Millionen Euro von Signa-Firmen fehlen

Bei der Befragung eines weiteren Innsbrucker Finanzbeamten interessierte sich Tomaselli für die Summe der Steuern, die von Signa-Firmen derzeit „vakant“ seien. In seinem Zuständigkeitsbereich in Innsbruck dürften das etwa fünf bis zehn Millionen Euro sein, schätzte der Befragte. Das betreffe „circa 115 Steuernummern“.

Die Politik müsste aus der Causa Benko Lektionen ziehen und verhindern, „dass ein einzelner reich wird, in dem er sich einfach über die Regeln stellt“, sagte Tomaselli vor Beginn der Befragungen gesagt. „Ohne wohlwollende Politik gibt es keine Luftschlösserproduktion von Benko“, bemängelte sie und verwies auf enge Kontakte des Immobilienunternehmers zu SPÖ-Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer und zum früheren ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz. Im Finanzministerium habe Benko „ein Wohlfühlprogramm mit wechselnder ÖVP-Führung“ vorgefunden, der aktuelle Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) müsse nun für Transparenz sorgen.

Die Vorwürfe rund um Benko seien „hinlänglich bekannt“, befand hingegen ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger. Eine politische Einflussnahme auf die Finanzverwaltung sehe er „weit und breit nicht“. Er konzentriere sich stattdessen auf die kommende Woche, in der wieder Befragungen zum „Rot-blauen-Machtmissbrauchsuntersuchungsausschuss“ stattfinden. Diesmal wolle man sich dem Spionagefall rund um den vergangene Woche festgenommen Ex-Verfassungsschützer Egisto Ott widmen. Es gelte, dessen Verbindungen zur FPÖ aufzuklären, zudem sei Ott SPÖ-Mitglied.