Am Donnerstag ging es im Cofag-Untersuchungsausschuss mit den Befragungen zweier Finanzbeamter weiter. SPÖ und FPÖ wollen einer vermeintlichen „Zwei-Klassen-Verwaltung“ auf die Spur kommen, die ÖVP-nahe Milliardäre etwa in Steuersachen oder bei Corona-Förderungen bevorzugt hätte. Die beiden Auskunftspersonen hatten unter anderem mit der Signa von René Benko zu tun. Während der Befragungen wurde bekannt, dass Benko Privatinsolvenz angemeldet hatte.

Am Nachmittag ging es im U-Ausschuss vermehrt um die namensgebende Covid-Finanzierungsagentur, über die Coronahilfen an Unternehmen abgewickelt werden. Geladen ist einer der beiden Geschäftsführer, Marc Schimpel, der politisch den Grünen zugeordnet wird. Neos-Fraktionsführer Yannick Shetty zeigte sich im Vorfeld „erschrocken“ ob des Inhalts der gelieferten Akten, „die Grünen haben sehr schnell von der ÖVP gelernt, wie Freunderlwirtschaft funktioniert“, bemängelte er. Er fragte Schimpel, ob es bei der Bearbeitung der Förderungen „einen Unterschied macht, wenn man sich über ein grünes Kabinett bei der Cofag meldet“. Ihm vorliegende E-Mails würden das nahelegen. Darin sei etwa die Rede davon, dass sich „Werner persönlich“ (also Vizekanzler Kogler) nach Förderungen für bestimmte Unternehmen erkundigt hatte, sagte Shetty. Er habe sich bemüht, alle Anträge bestmöglich zu bearbeiten, betonte Schimpel. „Auf Zuruf“ habe er weder Personen zu Förderungen verholfen noch Verfahren beschleunigt.

Rechnungshof-Empfehlungen teilweise umgesetzt

Auch der Rechnungshof hatte im Vorfeld in einem Bericht Kritik am Konstrukt der Covid-Finanzierungsagentur geübt. Ob die Coronahilfen an Unternehmen besser über die bestehende Finanzverwaltung abgewickelt werden hätten können, wolle er nicht beurteilen, sagte Schimpel. „Wir haben Aufgaben bekommen und versucht, sie effizient umzusetzen. Ich lobe mich aber nicht gerne selber“, schickte Schimpel voraus. Einige Empfehlungen aus dem Rechnungshofbericht habe man übernommen, erklärte der Geschäftsführer auf Nachfrage einer Abgeordneten, etwa gebe es eine weisungsfreie Compliance-Beauftragte.

Gewinne von Unternehmen, die Corona-Förderungen erhalten hatten, überprüfe die Cofag nicht, bestätigte Schimpel. Das sei in den Richtlinien nicht vorgesehen. „Warum die Richtlinien so gebaut sind, weiß ich nicht“, antwortete er auf eine Frage Krainers.

Die FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst interessierte sich für Corona-Förderungen für das „Chalet N“, das René Benko privat genutzt haben soll. Im Zuge der Prüfungen sei er als Geschäftsführer wohl über die Förderung informiert worden, gab Schimpel an, konkrete Erinnerungen an den Antrag habe er aber nicht.

Tomaselli spricht von „Benko-Untersuchungsausschuss“

Am Vormittag waren René Benko und seine Signa im Mittelpunkt der Fragen der Abgeordneten gestanden. Nina Tomaselli, grüne Fraktionsführerin, sprach bereits von einem „Benko-U-Ausschuss“. Sie verwies erneut auf die Einkommenssteuerunterlagen von René Benko, aus denen hervorgeht, dass Benko, damals bereits nicht mehr formal Signa-Geschäftsführer, 2019 knapp 26 Millionen Euro verdient hat. Um Einkommenssteuer zu sparen, seien diese Einkünfte mit Verlusten aus der Vermietung des Signa-Privatjets gegengerechnet worden, Benko ist in der Flieger-Gesellschaft Kommanditist. „Gut, dass Flieger geklärt ist“, zitierte Tomaselli aus einer Nachricht von Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium.

54 Millionen Gewinn in 14 Tagen

„Viel schlimmer als das, was Benko getan hat, ist, dass er solche Strukturen in der Verwaltung vorgefunden hat“, befand Neos-Fraktionsführer Yannick Shetty. In den Befragungen der ersten Auskunftsperson wurde am Donnerstag die Verlegung des Firmensitzes der Signa von Wien nach Innsbruck thematisiert. Bereits am ersten U-Ausschuss-Tag hatte Shetty wissen wollen, ob es vermehrt Übersiedelungen von Unternehmen nach Innsbruck gegeben habe, in der Hoffnung, dort steuerlich günstiger auszusteigen. Er vermutet in der Tiroler Landeshauptstadt ein „Alpenzypern für Günstlinge“. Eine „Steueroase Innsbruck“ sei ihr nicht bekannt, hatte hingegen eine Finanzbeamtin angegeben, die am Mittwoch befragt worden war. Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, habe hingegen ausweichender geantwortet, betonte Shetty.

Die Signa hatte Anteile des „Goldenen Quartiers“ in der Wiener Innenstadt um 141 Millionen Euro nach Luxemburg verkauft, nur 14 Tage später seien dieselben Anteile um 195 Millionen Euro weiterverkauft worden – in Luxemburg seien dafür allerdings keine Steuern angefallen, berichtete der Beamte am Vormittag. Er habe vorgeschlagen, 50 Millionen Euro des Gewinns in Österreich zu versteuern. „Es gab keine Anhaltspunkte, warum diese Wertsteigerung ausgerechnet in Luxemburg passiert ist“, so die Auskunftsperson. Die Signa habe angeboten, 30 bis 36 Millionen Euro in Österreich zu versteuern, der Beamte habe sich geweigert, das zu unterschreiben. Dass Steuerpflichtige „anbieten“, Steuern zu bezahlen, sei „nicht normal“, bestätigte der Mann auf Nachfrage Tomasellis. Kurz darauf, im Jahr 2018, sei der Sitz der Signa „überstürzt“ nach Innsbruck verlegt worden, damit war auch nicht mehr das Finanzamt Wien zuständig. Der befragte Beamte sagte aus, er habe zu dem Fall einen Elektronischen Akt (Elak) angelegt, um Kollegen in Tirol über seine Überlegungen zu informieren.

Einkommenssteuer mittels Privatjet gespart

Davor hatte Eduard Müller, damals Sektionschef im Finanzministerium, später Finanzminister in der Beamtenregierung Bierlein, Druck gemacht, das Verfahren rasch abzuschließen. Später sei Müller „laut geworden“, da der Beamte den Elak nicht unter Verschluss gesetzt hatte, da ansonsten jeder im Finanzamt Einsicht nehmen hätte können. In Innsbruck errechnete man schließlich eine ähnliche Berechnungsgrundlage wie die Signa, warum das Finanzamt Innsbruck zu diesem Ergebnis gekommen sei, wisse der Beamte nicht, gab er an.

Der zweite Beamte, der beim Finanzamt für Großbetriebe tätig ist und dessen Befragung am späten Vormittag startete, hatte wiederum mit Benkos Privatjet zu tun. Er habe geprüft, ob es sich bei der für den Flieger zuständigen Gesellschaft um Liebhaberei handelte. Das ist der Fall, wenn Tätigkeiten längerfristig keinen Gewinn erwirtschaften. In diesem Fall ist es dann nicht mehr möglich, diese Verluste mit anderen Einkünften für die Einkommenssteuer gegenzurechnen, wie es mit Benkos Jet zunächst gehandhabt wurde. Insgesamt seien dem Staat dadurch neun Millionen Euro an Steuereinnahmen entgangen, rechnete der Beamte vor. Vier davon muss Benko nun wohl aufgrund der erneuten Prüfung zurückzahlen.

Im Zusammenhang mit der bekannt gewordenen Privatinsolvenz Benkos forderte Krainer, man müsse dafür sorgen, „dass jeder einzelne Euro Steuerschulden auch wirklich bei der Republik und nicht in irgendwelchen Stiftungen landet“. Um Benko selbst mache er sich keine Sorgen: „Er wird nicht unter der Brücke schlafen müssen.“

Bereits im letzten Untersuchungsausschuss hatte der Mann von seiner Verfolgung durch Eduard Müller, seinen Vorgesetzten, berichtet, der ihn bezichtigte, Details aus dem Steuerakt von KTM-Chef Stefan Pierer an Krainer weitergegeben zu haben. Diese Ermittlungen innerhalb des Finanzministeriums, bei denen umfassende Akten über den Betroffenen angelegt wurden, waren rechtswidrig, befand die zuständige Datenschutzbehörde. Seither habe sich der Beamte um die Löschung der gesammelten Daten bemüht, das sei auch geschehen, berichtete er am Donnerstag. Ob das Verhalten Müllers angezeigt worden ist, sei ihm nie beantwortet worden. Müller bezeichnete die Auskunftsperson übrigens regelmäßig als „Zwilling“ von Thomas Schmid. Hafenecker von der FPÖ ortete nach den Schilderungen des Beamten eine „Sittenpolizei“ der ÖVP im Finanzministerium.

Das Finanzministerium sei ein „zutiefst sanierungswürdiges Ministerium“, schlussfolgerte Hafenecker. Er forderte den Rücktritt Müllers, der heute als Leiter der Finanzmarktaufsicht tätig ist. In dieser Rolle sei ihm auch entgangen, „dass sich um Benko die größte Pleite der zweiten Republik bildet“.

Benko will Anfang April aussagen

Paravent im U-Ausschusslokal | Der Paravent zwischen Journalisten und Abgeordneten sorgt weiterhin für Ärger
Paravent im U-Ausschusslokal
| Der Paravent zwischen Journalisten und Abgeordneten sorgt weiterhin für Ärger © APA / Roland Schlager

Für Ärger sorgt weiterhin ein Paravent, der die Bildschirme der Abgeordneten von Medienvertreterinnen- und Vertretern abschirmen soll. Am Donnerstag machte die ÖVP Datenschutzbedenken der SPÖ für den Sichtschutz verantwortlich, die SPÖ schob die Schuld auf Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der die Verantwortung für mögliche rechtliche Probleme nicht übernehmen hätte wollen.

In der kommenden Woche starten dann die Befragungen des parallel laufenden „rot-blauen-Machtmissbrauchsuntersuchungsausschusses“. Die Cofag ist dann wieder Anfang April an der Reihe, auch René Benko selbst hat sein Kommen angekündigt.