Die FPÖ und der ORF, das ist eine ganz besondere Beziehung. Vor allem in der Ära Heinz-Christian Straches als FPÖ-Vizekanzler (2018 bis 2019) scheint das Bemühen, mehr Einfluss auf die Personal- und Themenpolitik des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu gewinnen, das zentrale medienpolitische Anliegen gewesen zu sein. Davon zeugen zahlreiche, im Zuge der Ibiza-Affäre bekannt gewordene Chat-Nachrichten unter FPÖ-Politikern, aber auch mit führenden Akteuren innerhalb des ORF.

Von daher bieten die nun von „profil“ und „Standard“ veröffentlichten Chats nichts substanziell Neues, doch unterstreichen sie nochmals, wie intensiv die damalige Regierungspartei versuchte, in den ORF hineinzuregieren. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings: Auch ÖVP und SPÖ haben sich in der jüngeren und älteren Vergangenheit bei Gelegenheit redlich bemüht, ihre Interessen im ORF durchzusetzen. Nicht selten mit Erfolg.

U-Ausschuss als Chat-Quelle

Bemerkenswert dabei ist, wie sehr sich Strache für tatsächliche oder angebliche Vertrauensleute ins Zeug wirft, damit diese in den ORF hineinkommen oder dort die Karriereleiter nach oben klettern. So soll der während der Pandemie zum Vorturner der Nation aufgestiegene Philipp Jelinek – auch Straches Fitnesscoach – „Guten Morgen Österreich“ moderieren, Andreas Gabalier will der Vizekanzler auch auf Ö 3 hören und dessen Konzerte im ORF sehen und Moderator Martin Thür ist ihm ein Dorn im Auge.

Diese neueste Welle an Veröffentlichungen FPÖ-interner Chat-Nachrichten hängt mit dem im Parlament laufenden U-Ausschuss zu rot-blauem Machtmissbrauch zusammen. Traditionell finden Unterlagen, die an die Abgeordneten von Ministerien und Ermittlungsbehörden geliefert werden müssen, über die Fraktionen den Weg an die Öffentlichkeit.

Für Christian Hafenecker, den Generalsekretär und Mediensprecher der FPÖ, zeichnen die nun bekannt gewordenen FPÖ-internen Chats in erster Linie das Bild eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks, in dem die Parteien, allen voran ÖVP, SPÖ, aber auch die Grünen fast nach Belieben hineinregieren könnten – und der diesen Begehrlichkeiten auch nachgebe. Und würde die FPÖ im Falle einer neuerlichen Regierungsbeteiligung wieder so agieren wie 2018 und 2019? Hafenecker: „Ich hätte das so nicht gemacht, sondern mich bei Beschwerden oder Anliegen an die zuständigen Gremien gewandt.“ Für die Zukunft fordere die FPÖ „eine völlige Entpolitisierung des ORF“.

Reagiert hat auch der Redaktionsrat des ORF: „Die Chats zeigen ein trauriges Sittenbild, wie wenig politische Parteien – allen voran die FPÖ – von unabhängigem Journalismus halten. Der ORF soll von Leuten, die der Partei genehm sind, geführt werden – oder aber zusammengestutzt. Das war in Zeiten der FPÖ-Regierungsbeteiligung so und das ist auch heute noch so, wie zahlreiche öffentliche Stellungnahmen der FPÖ in letzter Zeit belegen. Wer unabhängigen Journalismus ruiniert, schadet der Demokratie.“