Zwei Wochen vor der Gemeinderatswahl in Salzburg hatten sich alle Parteien auf dem Wochenmarkt vis-à-vis dem Schloss Mirabell eingefunden. Hinter ihnen verkauften Standler Gemüse, Wurst und Käse, während die Spitzenkandidaten von FPÖ, SPÖ und KPÖ versuchten, ihre Broschüren ans Wahlvolk zu bringen. Mit höflicher Routine griffen zwar viele Passanten zu, auf Gespräche mit den wahlwerbenden Politikern hatten aber die wenigsten Lust. Mit einer Ausnahme: Kay-Michael Dankl. Beim KPÖ-Kandidaten bildete sich eine kleine Traube. Die einen wollten mit ihm diskutieren, die anderen ein Anliegen vorbringen.

FPÖ und KPÖ mögen ideologisch Welten trennen, an jenem Donnerstag vor der Wahl waren es nur wenige Meter sowie Bernhard Auinger (SPÖ), der sich zwischen den beiden Oppositionsparteien postiert hatte. Auinger hat am Sonntag die Roten in der Stadt Salzburg wieder auf Platz eins geführt und gilt als Favorit für die Stichwahl am 24. März gegen Dankl. Wenn die KPÖ Plus das Bürgermeisteramt erobern will, wird sie auch FPÖ-Wähler überzeugen müssen.

Obwohl die inhaltlichen Unterschiede zwischen Blau und Dunkelrot groß sind, gibt es auch Gemeinsamkeiten. Bei der Landtagswahl hatte das Institut Foresight (früher Sora) herausgefunden, dass in beiden Wählergruppen eine negative Sicht auf sowie eine Unzufriedenheit mit der Politik vorherrschend war. Auch FPÖ-Kandidat Paul Dürnberger hatte vor der Wahl erwartet, dass die KPÖ den Blauen als Protestpartei Konkurrenz machen werde.

Die Daten der Stadt-Wahl vom Sonntag bestätigen diese Vermutung eher nicht. Nur in Lehen, einem Arbeiterbezirk, haben FPÖ wie KPÖ signifikant über ihrem Gesamtergebnis abgeschnitten. Sonst korrelieren die Ergebnisse der Freiheitlichen stärker mit jenen der SPÖ. Dort, wo die Roten stark waren, waren es auch die Blauen. Ebenfalls auffällig: Bei der Bürgermeister-Direktwahl schnitten FPÖ und Grüne schlechter ab als beim Gemeinderat, Auinger und Dankl klar besser. Doch welche dieser Stimmen wohin gingen, lässt sich nicht herauslesen, also ob etwa die Grünen eher Dankl oder Auinger wählten.

Foresight-Chef Christoph Hofinger sieht für die KPÖ auf rechter Seite jedenfalls ein geringeres Potenzial. Er taxiert es mit einem Drittel zu zwei Dritteln von linker Seite. Das sagen auch die Analysen der Landtagswahlen 2023. Eine Elitenkritik verbinde zwar beide Parteien, so der Sozialforscher, „bei der KPÖ ist es aber an einem konkreten Thema festgemacht, bei der FPÖ geht es um eine fundamentale Ablehnung des Systems“.

Einen gewissen Austausch gebe es aber zwischen den beiden ideologisch so verschiedenen Parteien, so Hofinger. Dazu kommt, dass mit einer linken Protestpartei das Angebot größer wird. Anders gesagt: Ist die Unzufriedenheit mit ÖVP oder SPÖ sehr groß, war die FPÖ bisher oftmals die einzige Alternative jenseits der Verweigerung. In Salzburg nicht. Schon bei der Landtagswahl hatte die KPÖ von allen Parteien Stimmen geholt.

„Für die FPÖ ist diese Konkurrenz nicht ganz egal“, sagt Hofinger. „Dort, wo die KPÖ stark ist, ist es für die FPÖ fast unmöglich, in die Rolle des Herausforderers zu kommen.“ Das gelte für Salzburg genauso wie in Graz und würde wohl auch auf Wien zutreffen. Aber auch im Bund?

Bei der Nationalratswahl dürfte es mit der Bierpartei eine weitere Protestpartei links der Mitte geben. Hier hatte die Bundespräsidentschaftswahl bereits offenbart, dass sich auch FPÖ-Wähler für den betonten Nicht-Politiker Dominik Wlazny erwärmen konnten.

Der Vorteil der KPÖ ist, dass es der Partei gelungen ist, sich das Wohnkosten-Thema anzueignen. „Es kann eine gute Strategie sein“, sagt Hofinger. Voraussetzung: Das Thema muss auch im Wahlkampf viel Raum einnehmen. In Salzburg war dies bei Quadratmeterpreisen von 20 Euro bei Mietwohnungen logisch. „Das Problem für die KPÖ ist, dass die Wohnkosten am Land nicht so dramatisch sind.“

In der ZiB2 sagte Dankl gestern, er halte am Parteinamen KPÖ fest, wolle nicht etwa auf „Linkspartei“ ändern, um in der Stichwahl mehr Wähler zu erreichen. Für die Nationalratswahl wolle er, wenn er nicht Bürgermeister werde, maximal auf hinterem Solidaritätsplatz kandidieren. „Mein Platz ist in Salzburg.“ Dann eben als Vizebürgermeister.