Massive Polizeipräsenz in Uniform und in Zivil sorgte am Mittwochmorgen in der Wiener Innenstadt für Verwunderung bei den Touristenscharen, denen bis etwa 11 Uhr der Zugang zur Hofburg verwehrt blieb und die dadurch etwas warten mussten, um "Sisis Aura spüren und erleben" (Eigenwerbung Sisi-Museum) zu können.

Die innere Hofburg blieb vorerst Bundespräsident Alexander van der Bellen und seinem israelischen Pendant Isaac Herzog vorbehalten, die nach der offiziellen Parade und dem Gespräch hinter verschlossenen Türen auch eine gemeinsame Pressekonferenz gaben.

Van der Bellen: "Waren Täter"

Van der Bellen leitete seine Stellungnahme damit ein, dass Israel Österreich näher stehe als andere Staaten, was an der schmerzvollen gemeinsamen Geschichte liege. Zwar fielen zehntausende österreichische Jüdinnen und Juden der Shoah zum Opfer, doch sei man auch Täter. Die Erinnerung an die Vernichtung jüdischen Lebens wach zu halten, sei eine Aufgabe, die es nicht zu vergessen gilt, so Van der Bellen.

Dementsprechend müsse man Antisemitismus entschieden bekämpfen und dürfe gegenüber Judenfeindlichkeit keine Toleranz zeigen. "Jüdisches Leben in Österreich muss geschützt und gefördert werden", sagte der Bundespräsident. Dass man auf einem guten Weg sei, zeige der große Strom israelischer Touristen in Österreich. Doch auch in Wissenschaft und Forschung stehe es gut um die Beziehungen. In diesem Bereich könne "Israel noch viel lehren".

"Manchmal werden Märchen wahr"

Dass die Beziehungen zwischen den beiden Staaten so gut seien, "erschien vor einigen Jahrzehnten wie ein Märchen", sagte Van der Bellen weiter. "Aber manchmal werden Märchen wahr". Die Staatsgründung Israels vor 75 Jahren sei ein solches Ereignis, das eng mit der österreichischen Geschichte verwoben ist. Theodor Herzl, der als Urvater des modernen Zionismus gilt, schrieb in Wien das Buch "Der Judenstaat", das gemeinhin als Grundpfeiler für den Staat Israel gilt. Im Zuge des Besuchs soll heute eine Gedenktafel an Herzls ehemaliger Wohnadresse angebracht werden.

Isaac Herzog und Alexander Van der Bellen auf der gemeinsamen Presskonferenz am Mittwoch.
Isaac Herzog und Alexander Van der Bellen auf der gemeinsamen Presskonferenz am Mittwoch. © Groß

Iranisches Atomprogramm "verhindern"

Das Gespräch mit Herzog hat laut Van der Bellen auch gezeigt, dass man in vielen Fragen übereinstimme. Für die Ukraine arbeite man an "gemeinsamen Lösungen" und auch das iranische Nuklearprogramm versuche man "zu verhindern". Van der Bellen gab sich optimistisch, dass die in Wien ansässige Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hier ein effektiver "Kontrollmechanismus" sein könne.

Ebenfalls würdigte der Bundespräsident die "beachtlichen Fortschritte" der diplomatischen Beziehungen Israels im Nahen Osten. Dennoch blieben bezüglich Palästinas "viele Fragen offen". Österreich setze sich weiter für eine Zwei-Staaten-Lösung ein. Dass Isaac Herzog "für Konsens" eintrete, schien van der Bellen demnach nicht nur auf die umstrittene israelische Justizreform zu beziehen.

Herzls Geist schwebt über dem Besuch

Der israelische Präsident nahm die Person Herzl als Aufhänger seiner Rede. "Sein Geist schwebt über meinem Besuch", sagte Herzog.

So sehr man sich jedoch über die guten Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Österreich und Israel freue, so müsse stets an "die dunkelste Zeit der Menschheitsgeschichte" erinnert werden. Herzog führte jedoch fort, dass "Flügel fliegen wollen", obwohl "die Narbe tief ist".

Österreich beispielhaft im Kampf gegen Antisemitismus

Mit diesen Worten der Zuversicht dankte Herzog Österreich außerdem für den Kampf gegen den Antisemitismus, der anderen als Beispiel dienen sollte. Man hoffe durch mehr Austauschprogramme von Jugendlichen der beiden Länder weiter am Abbau von Vorurteilen arbeiten zu können. Auf die von Amtskollegen van der Bellen angesprochenen Kritikpunkte Justizreform und Palästinafrage, ging Herzog allerdings nicht ein.

Van der Bellen und Herzog machten sich nach der Pressekonferenz, auf der keine Fragen zugelassen waren, auf den Weg zu einer Kranzniederlegung an der Shoah-Namensmauer im Ostarrichi-Park. Diese gebe, wie Alexander van der Bellen unterstrich, Opfern des Holocaust "erstmals Namen und menschliche Würde zurück".