Finanzminister Israel Katz von der rechtskonservativen Regierungspartei Likud sagte dem Radiosender 103FM am Sonntag: "Für jeden Angriff auf den Süden muss es gezielte Tötungen von Hamas-Führern geben und Feuer auf Hamas-Ziele." Israel habe bisher aus Sorge vor einem Krieg immer vermieden, den ersten Schritt zu unternehmen. Dies werde sich nun ändern, sagte Katz. Yahya al-Sinwar, Chef der islamistischen Hamas im Gazastreifen, werde für jeglichen Angriff "mit seinem Kopf bezahlen".

Der israelische Siedlungsminister Zachi Hanegbi (Likud) ging im Gespräch mit dem TV-Sender Kanal 13 am Samstag noch weiter: "Wir dürfen nicht auf Raketenangriffe warten." Auch eine neue Aufrüstung der Hamas mit Raketen wäre aus seiner Sicht ein Grund für Israel, einen Angriff zu initiieren. Er sprach von einer "totalen Veränderung der Gleichung" gegenüber der islamistischen Organisation. "Wir haben das nie getan, jetzt ist es an der Zeit, es zu tun."

Auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte nach Inkrafttreten der Waffenruhe in der Nacht auf Freitag von "neuen Spielregeln" gegenüber der Hamas gesprochen. Israel werde auf neue Raketenangriffe aus dem Gazastreifen in aller Härte reagieren, warnte er.

Bilanz des Grauens

Unter Vermittlung Ägyptens hatten sich Israel und die im Gazastreifen herrschende Hamas nach elf Tagen auf eine Waffenruhe verständigt. Nach Angaben der israelischen Armee hatten militante Palästinenser während des Waffengangs mehr als 4.360 Raketen auf Israel abgefeuert. 680 davon seien im Gazastreifen selbst eingeschlagen. Bei den Angriffen seien in Israel 13 Menschen getötet worden. Die israelische Armee habe mehr als 1.500 Ziele in dem Küstenstreifen beschossen.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza wurden 248 Palästinenser getötet, mehr als ein Viertel davon Minderjährige. Israels Armee spricht dagegen von mehr als 200 getöteten militanten Palästinensern im Gazastreifen.

Bei Protesten in Großbritannien brachten Tausende Menschen ihre Solidarität mit den Palästinensern zum Ausdruck. Die Organisatoren schätzten, dass allein bei einem propalästinensischen Protest in London am Samstagnachmittag mehr als 180.000 Menschen dabei gewesen seien. Von unabhängiger Seite ließ sich diese Zahl nicht bestätigen. Die Polizei sprach am späten Abend in ihrem Lagebericht von "einer beträchtlichen Anzahl" an Teilnehmern, gab aber keine konkrete Zahl an.

Tempelberg wieder geöffnet

Unterdessen wurde nach rund drei Wochen Zutrittsverbot der Tempelberg in Jerusalem am Sonntag wieder für jüdische Besucher geöffnet. Die heilige Stätte war wegen schwerer Konfrontationen von Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften während des muslimischen Fastenmonats Ramadan für Juden geschlossen worden. Die Zusammenstöße gelten als einer der Auslöser für den jüngsten Gaza-Konflikt.

Am Freitag war es auch nach der Waffenruhe auf dem Tempelberg zu neuen Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften gekommen. Palästinensischen Rettungskräften zufolge wurden 15 Menschen durch Gummigeschosse der Polizei verletzt. Nach Angaben der israelischen Polizei waren Polizisten zuvor aus einer Menge von Hunderten jungen Menschen mit Steinen und einem Brandsatz beworfen worden. Nach Angaben der israelischen Polizei wurden in der Nacht auf Sonntag 33 Palästinenser festgenommen, die bei den Ausschreitungen in Ost-Jerusalem beteiligt gewesen seien. Bereits am Samstag kam es zu mehreren Festnahmen.