Der eskalierende Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern belastet die Beziehungen der Türkei zu Österreich. Der türkische Vizepräsident Fuat Oktay beschuldigte den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, er unterstütze „Israels Massaker in Gaza“.

Der türkische Präsident Tayyip Erdoğan hat am Montag die Solidarität der österreichischen Bundesregierung mit Israel im Konflikt mit der radikalpalästinensischen Hamas mit deftigen Worten verurteilt. "Ich verfluche den österreichischen Staat. Er will wohl, dass die Muslime den Preis dafür zahlen, dass er die Juden einem Genozid unterzogen hat", wurde Erdoğan zitiert. 

Als Zeichen der Solidarität mit Israel im Gaza-Konflikt wehten am Freitag israelische Flaggen auf dem Kanzleramt und dem Außenministerium in Wien. Bundeskanzler Kurz sagte zur Begründung: „Ich verurteile die seit Tagen stattfindenden Angriffe auf Israel aus dem Gazastreifen auf das Schärfste.“ Außenminister Alexander Schallenberg erklärte, die Regierung in Wien stehe unerschütterlich hinter Israels Sicherheit.

Der palästinensische Botschafter in Wien, Salah Abdel Shafi, hat die Entscheidung der Bundesregierung, im aktuellen Nahost-Konflikt die israelische Fahne auf Regierungsgebäuden zu hissen, scharf kritisiert. Der Schritt sei sehr einseitig, "extrem besorgniserregend und enttäuschend", erklärte Abdel Shafi am Montag im Gespräch mit der APA. Auch bei seinen arabischen Kollegen in Wien herrsche darüber "Fassungslosigkeit".

"Islamophobie" in Wien

In Ankara reagierte Ibrahim Kalin, der Sprecher des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, mit einem Tweet: Österreich ermutige durch das Aufziehen der Flagge mit dem Davidstern „Israels Angriffe auf das palästinensische Volk“. Erdogan hatte Israel in den vergangenen Tagen mehrfach als „Terror-Staat“ bezeichnet. Der türkische Staatschef gilt als ein wichtiger Unterstützer der radikal-islamischen Hamas.

Der türkische Vizepräsident Fuat Oktay erklärte auf Twitter, Bundeskanzler Kurz verstärke durch seine Solidaritätsbekundung mit Israel „die Islamophobie und den Faschismus, die in Europa auf dem Vormarsch sind“. Die Haltung Österreichs sei „ein dunkler Fleck in der Geschichte der Menschheit“. Ömer Celik, Sprecher der türkischen Regierungspartei AKP, erklärte, Kurz sei „die Symbolfigur der Islamophobie und der Feindseligkeit gegenüber den Türken und Präsident Erdogan in Europa“. Es entsprechen Kurz‘ „politischem Kompass, sich auf die Seite der Unterdrücker zu stellen“.

Außenminister Alexander Schallenberg wies die Kritik zurück: „Ich würde mir wünschen, dass die Führung in Ankara ihren Einfluss auf die Kräfte in Gaza nützt, um zur Deeskalation beizutragen und nicht noch weiter Öl ins Feuer zu gießen.“ Er betonte: „Dass die konsequente Haltung Österreichs gegenüber dem Terror von einzelnen türkischen Vertretern mit Unterstützung für Islamophobie und Faschismus gleichgesetzt wird, ist verstörend und wirft ein erschreckendes Licht auf deren Weltbild.“

In Allianz mit dem Iran

Die Beziehungen zwischen Wien und Ankara sind seit langem gespannt. Als es im vergangenen Juni in Wien zu schweren Ausschreitungen türkischer Ultra-Nationalisten gegen Kurden kam, warf Kurz der Regierung in Ankara vor, die säe Unfrieden und versuche, „auf die Menschen hier in Österreich Einfluss zu nehmen und diese für ihre Konflikt zu instrumentalisieren“. Im September 2020 griff der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu den österreichischen Bundeskanzler scharf an, nachdem dieser dazu aufgerufen hatte, die EU dürfe sich „von der Türkei nicht erpressen oder bedrohen lassen“. Cavusoglu sagte dazu, die eigentlich Bedrohung der EU sei „die verzerrte Ideologie, die Kurz vertritt“. Cavusoglu: „Diese abstoßende Politik, die auf Rassismus, Fremden- und Islamfeindlichkeit beruht, ist die kranke Denkweise unserer Zeit.“

Besuch in Wien abgesagt

Die Türkei ist nicht das einzige Land, das jetzt an den israelischen Flaggen auf dem Bundeskanzleramt und dem Außenministerium Anstoß nimmt. Wegen der Beflaggung sagte auch der iranische Außenminister einen für Samstag geplanten Besuch in Wien ab. Eine Sprecherin von Außenminister Schallenberg sagte dazu: „Wir bedauern den Schritt, werden aber nicht schweigen, wenn die Hamas 2000 Raketen auf zivile Ziele in Israel abfeuert.“ Weltweit fanden pro-palästinensische Demonstrationen statt.