Wieder einmal ins Kino gehen oder zum Urlaub ins Ausland fliegen. Danach sehnen sich die Menschen während der Corona-Pandemie überall auf der Welt. In Israel könnte das schon sehr bald Realität werden. Denn der Impfweltmeister hat einen „grünen Pass“ eingeführt, der helfen soll, das öffentliche Leben zu normalisieren und die Wirtschaft langsam wieder zu öffnen. Doch lediglich jenen, die immunisiert sind, wird er von der Krankenkasse zugeschickt. Eine Woche bis zehn Tage nach der zweiten Impfung gegen das Virus kommt eine SMS auf das Mobiltelefon, in der ein Link zum Zertifikat führt, das neben Namen, Ausweisnummer und Geburtsdatum auch die Daten der beiden Impfungen auflistet. Es ist zunächst für sechs Monate gültig.

Mit diesem Pass in der Tasche sollen die Menschen bereits ab 21. Februar wieder ins Kino, Fitnessstudio und Schwimmbad gehen, Sport- oder Kulturveranstaltungen besuchen und in Hotels einchecken können. Später soll darüber beraten werden, ob auch Besucher von Restaurants, Cafés und Bars den Pass haben müssen.

Öffnungen ab Sonntag

Anfang der Woche hatte das Kabinett in Jerusalem beschlossen, dass nach mehr als vier Wochen nationalem Lockdown am Sonntag verschiedene Bereiche geöffnet werden. Der Eintritt in Geschäfte, Märkte, Museen und Büchereien wird dann für alle Israelis möglich sein. „Ich habe meinen Gesundheitspass vor einigen Tagen bekommen und bin richtig aufgeregt“, sagt David Tzahar. „Selbst wenn noch nicht alles wieder zugänglich ist, können wir doch dazu beitragen, die Wirtschaft in einigen Bereichen wieder anzukurbeln. Der kleine Pass ist grün und gut.“

Der 56-jährige Inhaber einer Start-up-Firma aus Rosch Haaijn findet nichts dabei, als Geimpfter privilegiert zu sein. „Bei dieser Pandemie sitzen wir alle in einem Boot, nicht nur bei uns, sondern überall. Wer sich impfen lässt, geht ein gewisses Risiko ein, schließlich ist nichts über eventuelle Langzeitfolgen bekannt. Und wer bereit ist, dieses Risiko zu tragen, sollte dafür besondere Rechte haben.“

Hilfe für den Tourismus

Auch der Tourismus soll mithilfe des Zertifikats wieder angekurbelt werden. In der Vorwoche unterschrieb Premier Benjamin Netanjahu Abkommen mit Griechenland und Zypern für gegenseitige Besuche von – geimpften – Touristen. Die Inhaber des Gesundheitspasses dürfen in die jeweiligen Länder reisen, ohne anschließend in Quarantäne zu müssen.

Sehr bald wird dies aber wohl nicht geschehen. Denn Israels zwei internationale Flughäfen sind seit Ende Jänner für sämtliche Flüge, mit Ausnahme von Cargo und Notfällen, gesperrt. Zwar hat die Regierung vor, den Flugverkehr ab Anfang oder Mitte März wieder zu erlauben, jedoch erwägt sie, lediglich Passagiere in die Maschinen zu lassen, die immunisiert sind. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass weitere Virusvarianten importiert werden.

Eine andere Möglichkeit, die das Gesundheitsministerium bei Israels Fluggesellschaft El Al angefragt hat, ist die „getrennter Flugzeuge“. In diesen Maschinen sollen Geimpfte sowie Covid-Genesene und Nicht-Geimpfte strikt voneinander getrennt sitzen. Diese Restriktionen bedürfen jedoch der Zustimmung des Generalstaatsanwalts.

Mehr als vier Millionen geimpft

Seit dem Beginn der Kampagne am 21. Dezember sind mehr als vier der neun Millionen Bewohner geimpft worden. Das entspricht rund 45 Prozent der Bevölkerung. 30 Prozent haben die zweite Spritze erhalten und gelten somit als immunisiert. Das Vakzin scheint zu wirken. Wochenlang lag die Zahl der Patienten mit schwerer Covid-19-Erkrankung bei rund 1200 landesweit, jetzt werden noch 928 stationär behandelt. Bei der Altersgruppe 60 plus sind die Zahlen in den Spitälern um 60 Prozent gesunken. Auch ging die Rate der positiven Tests von über neun auf 6,6 Prozent zurück. Insgesamt sind 5486 Israelis mit Corona gestorben.

Die bislang ausführlichste Studie wurde von der Krankenversicherung Clalit durchgeführt. Sie analysierte 1,2 Millionen Mitglieder, darunter 600.000, die das Vakzin von Biontech-Pfizer erhalten haben, und fand heraus, dass die Zahl symptomatischer Erkrankungen anschließend um 94 Prozent sank. Trotzdem geht die Motivation, sich die Spritze geben zu lassen, zusehends zurück. Besonders jüngere Israelis fürchten unbekannte Nebenwirkungen.

Gleichsam ist der grüne Pass begehrt. So sehr, dass Fälscher bereits Zehntausende von Imitationen auf den Schwarzmarkt gebracht haben. Cyberexperten kritisierten, er sei sehr leicht nachzumachen. Gesundheitsminister Yuli Edelstein beruhigte, dass es sich bei der jetzigen Version um eine vorläufige handele, „um schnell zu reagieren“. Seine Behörde arbeite daran, einen sicheren Pass zu erstellen, der auch im Ausland anerkannt ist. Dann warnte er: „Wer meint, dies sei ein Kinderspiel, der irrt. Fälscher werden im Gefängnis landen.“ Außerdem wird es mit einer Geldbuße von 1250 Euro für jeden, der mit einem Zertifikat erwischt wird, ohne geimpft zu sein, richtig teuer.