Der deutsche Außenminister Heiko Maas will bei den Beratungen mit seinen EU-Amtskollegen am Montag einen Beschluss über den europäischen Beitrag zur Überwachung des Waffenembargos im Libyen-Konflikt erreichen. Entscheidend sei dabei nicht, welche Mittel der Überwachung man wähle, sagte Maas am Sonntag in München.

Maas äußerte sich nach einem Außenminister-Treffen der Staaten, die auch an der Berliner Libyen-Konferenz im Jänner teilgenommen hatten. Wichtiger sei, dass man alle Wege der Waffenlieferungen zu Luft, Wasser und Land überwache. Man wisse, dass die Kriegsparteien in Libyen ihren Nachschub auf unterschiedlichen Wegen bekämen. "Deshalb muss das Überwachungsregime in der Lage sein, alle drei unterschiedlichen Möglichkeiten der Überwachung zu leisten, ansonsten wird eine Seite benachteiligt", sagte Maas.

Strittige Marinemission

Hintergrund ist, dass die international anerkannte libysche Regierung in Tripolis Waffen auf dem Seeweg etwa aus der Türkei bezieht. Der abtrünnige General Khalifa Haftar im Osten des Landes wird dagegen über Land aus Ägypten oder aus der Luft beliefert. Die EU-Außenminister wollen am Montag in Brüssel über den Beitrag der Europäischen Union bei der Überwachung des Waffenembargos entscheiden. Strittig ist dabei vor allem, ob in einem Nachfolge-Einsatz für die frühere EU-Marinemission "Sophia" auch Schiffe eingesetzt werden sollen. Einige EU-Staaten, darunter Österreich, lehnen dies mit dem Argument ab, dass die Marineschiffe dann auch aus Libyen kommende Migranten aus Seenot im Mittelmeer retten und in die EU bringen würden.

Österreichs Nein zu "Sophia"

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP), der Österreich am Montag beim EU-Außenministerrat vertreten wird, bekräftigte vor wenigen Tagen das Nein Österreichs zu einer Wiederaufnahme der Mission "Sophia". In einer Reaktion auf ein Zeitungsinterview des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell verwies Schallenberg am Dienstag auf den "Pull-Faktor" für illegale Migration und wertete die Mission zugleich als ungeeignet für die Kontrolle des Waffenembargos.

Borrell hatte der Tageszeitung "Die Welt" (Dienstag) gesagt, dass er die Bedenken aus Österreichs und anderen Ländern bezüglich eines Anziehungseffekts für Migranten durch eine EU-Marine-Mission verstehe. "Aber es gibt dafür keine Belege." Borrell verwies darauf, dass die Zahl der Ankünfte aus Libyen während der Mission von 164.000 (im Jahr 2016) auf 27.400 (im Jahr 2018) gesunken sei. Es seien auch nicht mehr Menschen infolge der Marinemission gestorben. "Die Sterberate ging von 3.150 im Jahr 2015 auf 1.300 im Jahr 2018 zurück", so Borrell.

Schallenberg konterte, dass man in Sachen Libyen "umfassende und nachhaltige Lösungen" brauche "und keine Schnellschüsse, die zusätzliche Probleme schaffen könnten". Der Außenminister bekräftigte seine Position, wonach eine Wiederaufnahme der maritimen Komponente der Operation Sophia "keine geeignete Antwort auf den Kern des Problems" sei. Sie würde vielmehr "durch die Präsenz von EU-Schiffen vor der Küste Libyens wieder einen Pull-Faktor für die illegale Migration schaffen".

Kritik am Prinzip der Einstimmigkeit

Borrell sagte am Sonntag bei der Münchner Sicherheitskonferenz, die europäischen Regierungen müssten bereit zur Intervention in internationalen Krisen sein. Andernfalls werde die Gemeinschaft auf Dauer außenpolitisch gelähmt bleiben, warnte er. Die Europäer sind derzeit bei vielen Themen von Libyen bis Venezuela gespalten, außenpolitische Entscheidungen müssen in der EU aber einstimmig fallen.

"Europa muss Gefallen an der Macht entwickeln", forderte Borrell. Dies bedeute nicht allein militärische Macht. "Wir sollten in der Lage sein zu handeln (...) und nicht jeden Tag Kommentare abgeben, in denen wir unsere Sorge ausdrücken". Wenn es keine Einstimmigkeit in der EU gebe, müsse die verbleibende Mehrheit der Mitgliedstaaten die Möglichkeit zum Handeln haben. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte in der Vergangenheit bereits die Aufgabe des Prinzips der Einstimmigkeit in der EU-Außenpolitik gefordert.