Der US-amerikanische Präsident Donald Trump befand sich gerade auf dem Flug nach Houston, als sein Wirtschaftsminister Wilbur Ross bei einer Telefonschaltkonferenz die Bombe platzen ließ. „Die Gespräche dauern länger, als wir gehofft hatten“, berichtete er über seine Verhandlungen mit der Europäischen Union sowie Kanada und Mexiko über eine Begrenzung von deren Stahl- und Aluminiumexporten. Deshalb, so Ross, werde man die bisherige Ausnahmeregelung von den Strafzöllen auslaufen lassen. Kurz darauf schickte das Weiße Haus zwei umfangreiche Dekrete hinterher. Sie legen fest, dass ab diesem Freitag 6.01 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit (also eine Minute nach Mitternacht in Washington) Stahleinfuhren aus diesen Ländern mit 25 Prozent und Aluminiumimporte mit zehn Prozent besteuert werden.

Unfreundlicher Akt

„Wir freuen uns darauf, die Verhandlungen mit Mexiko und Kanada einerseits und mit der EU auf der anderen Seite fortzuführen“, spielte Ross ziemlich bemüht freundliche Normalität vor. Tatsächlich sind die Zölle ein äußerst unfreundlicher Akt, wenn nicht gar eine wirtschaftspolitische Kriegserklärung an Verbündete. Die USA begründen ihre Sanktionen nämlich mit angeblichen Gefahren für die nationale Sicherheit. Dass Europa die Anfang März erteilte Ausnahmeregelung entzogen würde, war nach dem Scheitern der Verhandlungen in Paris schon vielfach befürchtet worden. Dass die USA jedoch auch ihre Nachbarn Kanada und Mexiko, mit denen sie über das Freihandelsabkommen Nafta verhandeln, bestrafen, kommt einem Paukenschlag gleich. Die US-Stahlindustrie hatte vor einem derartigen Schritt ausdrücklich gewarnt, weil sie auf Zulieferungen aus Kanada angewiesen ist.

Protest aus eigenen Reihen

So rührte sich aus Trumps Republikanerlager leiser Protest gegen die Entscheidung. „Zölle auf Stahl und Aluminium-Importe kommen einer Steuererhöhung für Amerikaner gleich und werden schädliche Folgen für unsere Verbraucher, die Hersteller und die Arbeiter haben“, warnte der scheidende Senator von Utah, Orrin Hatch.

In Brüssel war die Kritik ungleich härter. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Handelskommissarin Cecilia Malmström gaben unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung eine vorbereitete gemeinsame Erklärung ab. Juncker sagte, er sei über die Entscheidung besorgt, das sei purer Protektionismus. Man habe von Anfang an klargestellt, dass die Union nicht unter Druck verhandeln werde: „Wenn die USA auf uns wegen der Überkapazitäten zielen, dann spielen sie genau jenen in die Hände, die das Problem verursachen.“ Amerika lasse Europa keine andere Wahl, als bei der WTO zu klagen und seinerseits Importwaren mit Zöllen zu belasten: „Wir werden unsere Interessen unter Wahrung des internationalen Handelsrechts verteidigen.“

"Sehr enttäuscht"

Malmström sagte, man habe alles versucht, um die Entwicklung zu verhindern. Doch die USA haben die Restriktionen benutzt, um die EU zu Konzessionen zu drängen: „Auf diese Weise verhandeln wir nicht, schon gar nicht unter langjährigen Freunden und Partnern.“ Man werde „jeden nötigen Schritt“ setzen, um EU-Interessen zu wahren.

Parlamentspräsident Antonio Tajani zeigte sich „sehr enttäuscht“, das Parlament werde mit aller Kraft die legitimen Interessen Europas vertreten.

Zuletzt hatte es am Dienstag eine Abstimmungsrunde zwischen Kommission und Mitgliedsstaaten gegeben. Mit 20. Juni treten Sonderzölle für eine Reihe von US-Waren in Kraft, darunter Jeans, Harley-Davidson-Motorräder, Kosmetika und, mit einem Volumen von 565 Millionen Euro, Whiskey.

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