Keine 48 Stunden hielt sich Barack Obama im Heimatland seines Vaters auf. Die Kenianer hat er bei seinem Kurzbesuch verzückt. Das Land feiert die Rückkehr eines verlorenen Sohnes - und der US-Präsident verspricht, bald wiederzukommen. Dann aber lieber ohne Anzug.

Als Barack Obama 1988 in Nairobi landete, war der Flughafen wie leer gefegt. "Offiziere schlürften ihren morgendlichen Tee, als sie Pässe kontrollierten, in der Gepäckausgabe spuckte ein quietschendes Förderband langsam Koffer aus. Auma war nirgends in Sicht, und so nahm ich mein Handgepäck und zündete mir eine Zigarette an", erinnert sich Obama. Der junge Afroamerikaner aus Hawaii trat in die kenianische Heimat seines 1982 verstorbenen Vaters in ein Land voller Unbekannten.

Roter Teppich für den Volksheld

Als Barack Obama am Freitag in Nairobi landete, ließ ein Scheinwerfer das nächtliche Rollfeld hell aufleuchten. Schaulustige im Terminal pressten ihre Gesichter an die Scheiben, Hunderte Fotografen und Kameraleute zielten mit ihren Objektiven auf den Flieger aus Amerika. Ein roter Teppich wurde ausgerollt, ein Tisch zur Unterzeichnung eines Gästebuchs aufgestellt, ein Mädchen überreichte Blumen. Rund drei Jahrzehnte nach seiner ersten Kenia-Reise ist der US-Präsident im Heimatland seines Vaters wie ein Volksheld empfangen worden.

Für Teile der 45 Millionen Kenianer dürfte Obamas Besuch sich in eine Art zweitägigen Nationalfeiertag verwandelt haben. Von einer regelrechten "Obama-Manie" war im Fernsehen die Rede: Offizielle und inoffizielle Willkommensfeste, feiernde Massai-Tänzer auf den Straßen der Hauptstadt, unzählige Zeitungsartikel und Obama-Titelseiten, Obama-Plakate und Obama-Werbung. In einer Bar steht Obama-Bier und ein Cocktail namens "Obamabama" auf der Karte, eine Rugby-Mannschaft lädt zum Obama-Match mit anschließender "Obama Night".

Verlorene Koffer

Am Sonntag erreichte der Hype seinen Höhepunkt. Rund 5.000 meist junge Kenianer fanden sich in einer Arena im Nordosten der Hauptstadt ein, um einer Rede des Weltpolitikers zu lauschen. Einige trugen festliche Gewänder, andere Schuluniformen. Tausende pilgern über die abgesperrten Straßen zu dem Sportzentrum. "Wir kommen nicht hinein, aber wir wollen trotzdem in seiner Nähe sein", sagte einer.

Zugleich werden sich nun Grüppchen im ganzen Land vor den Fernsehern gedrängt haben. "Jeder" werde diese Rede sehen, sagt eine Kellnerin. "In unserem TV passiert nichts anderes - nur Obama, Obama, Obama." Dann rauscht in Nairobi die schwarze Limousine mit Geleitschutz vorbei. Die Kenianer jubeln, lächeln und winken. Einige klettern auf einen Kipplaster, andere stehen auf Dächern und Balkonen, andere tragen Obama-Shirts und schwenken Fahnen der USA und Kenias.

Und dann kommt er endlich auf die Bühne. "Als ich das erste Mal nach Kenia kam, waren die Dinge ein bisschen anders", beginnt Obama seine Rede, nachdem seine Halbschwester Auma ihn mit einer Umarmung auf der Bühne begrüßt hat. "Als ich am Flughafen Kenyatta ankam, hatte die Fluggesellschaft meine Koffer verloren", erinnert er sich an die Ankunft im Jahr 1988. "Das passiert in der Air Force One nicht."

"Einer von uns"

Statt mit einer gepanzerten Limousine habe ihn seine Schwester in einem VW-Käfer abgeholt, der während Obamas Aufenthalt vier- oder fünfmal hin war. Mit Gags und Einwürfen in der Verkehrssprache Suaheli hat er das Publikum schnell auf seiner Seite. Obama bleibt - das erleben nun auch die Kenianer - ein erstklassiger Redner. Auch weil er seine persönliche Geschichte nutzt, um einen Bogen zu den Herausforderungen des Landes zu schlagen, scheinen ihm die ergriffenen Zuschauer jedes Wort von den Lippen abzulesen. "Er ist einer von uns", sagt auch Auma Obama bei ihrer Einleitung.

"Fortschritt erfordert, den dunklen Ecken unserer Vergangenheit ehrlich entgegenzutreten", sagt Obama - und listet auf, welche Probleme Kenia anpacken muss. Der grassierenden Korruption müsse mit strengen Gesetzen und Verurteilungen ein Riegel vorgeschoben werden, und zwar vom einfachen Bürger bis zum hochrangigen Politiker. "Es braucht den Einsatz einer ganzen Nation." Frauen dürften nicht mehr als "Bürger zweiter Klasse" behandelt werden. Genitalverstümmelungen, Vergewaltigungen, häusliche Gewalt und die Zwangsverheiratung Minderjähriger hätten im 21. Jahrhundert keinen Platz.

Und dann, nach einer Diskussionsrunde an der Universität und einem Radio-Interview, ist der Obama-Wahnsinn nach weniger als 48 Stunden schon wieder vorbei. Tänzer und Trommler in traditionellen Trachten verabschieden den "Sohn Kenias". "Ich werde wiederkommen", verspricht Obama am Samstag mit Blick auf seine Zeit nach der Präsidentschaft. "Das nächste Mal werde ich aber vielleicht keinen Anzug tragen."