Der Fall Teichtmeister geht als Paradefall dafür durch, dass immer etwas passieren muss, damit etwas passiert. Staatsanwälte hätten schon längst darauf gedrängt, dass es höhere Strafen und auch eine andere Bezeichnung für das Delikt "Pornografische Darstellung Minderjähriger", oder wie man es künftig nennen wird, "Darstellung von Missbrauch Minderjähriger" braucht. Jetzt scheint alles auf einmal möglich: Umbenennung, Strafverschärfung, Kinderschutz, sogar Präventionsarbeit.

Oscar-Chancen versenkt

Möglich gemacht haben das die rund 58.000 einschlägigen Dateien auf 22 Datenträgern, die Florian Teichtmeister (43), gefallener Star des Burgtheaters, laut eigenem Geständnis gesammelt hat.
Eineinhalb Jahre lebte der Schauspieler nach seinem Geständnis noch so weiter, als gäbe es da nichts zu verbergen, dementierte gegenüber Freunden und Journalisten die Gerüchte. Nichts dran, alles nur Folge eines "Rosenkrieges". Wenn er wirklich alle getäuscht hat, muss es die überzeugendste schauspielerische Leistung seiner Karriere gewesen sein. Im Abgang versenkte er durch sein Doppelleben auch noch die Oscar-Chancen des gefeierten Films "Corsage" und rückte das Burgtheater ins schiefe Licht, weil es ihn nicht schon vor Bekanntwerden der Anklage gefeuert hat.

Kurzer Prozess

Am Mittwoch um 10 Uhr beginnt sein Prozess im Straflandesgericht Wien. "Wir erwarten einen Ansturm", sagt Gerichtssprecherin Christina Salzborn, unzählige Journalisten haben sich angesagt. Die Verhandlung findet nun doch im Schwurgerichtssaal des "Grauen Hauses" statt – noch einmal die ganz große Bühne fast in Rufweite des Burgtheaters. Vor ein paar Tagen ist Salzborn dieser Ort noch "übertrieben vorgekommen".
Zu Mittag dürfte der Vorhang schon wieder gefallen sein – ohne Applaus.

Wegen des umfassenden reumütigen Geständnisses des bislang Unbescholtenen ist kein detailliertes Beweisverfahren vonnöten. Zeugen sind nicht geladen, der EDV-Sachverständige und der renommierte Grazer Gerichtspsychiater Peter Hofmann werden ihre Gutachten kurz zusammenfassen. Hofmann diagnostizierte beim Angeklagten "eine langjährige Phase einer ausgeprägten Ergebenheit bezüglich Kokain" und "eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung". Aber, und das ist entscheidend: "Zurechnungsfähigkeit ist anzunehmen." Das Kokainverfahren wurde übrigens mangels Beweisen eingestellt, ebenso das Verfahren wegen Gewalt gegen die Lebensgefährtin.

Unpopuläres Argument

Verteidiger Michael Rami hat im Vorfeld mit seinem Argument, es gehe um ein "rein digitales", ein "Hands-off-Delikt", nie habe es tatsächlichen Missbrauch durch seinen Mandanten gegeben, für Kopfschütteln und Empörung gesorgt. Derartiges gehört zwar zum Handwerk von Verteidigern, Standing Ovations sind dafür aber keine zu erwarten. In dem Fall löste es sogar die Frage aus, ob Rami jetzt überhaupt noch in seiner Zweitfunktion als Verfassungsrichter tragbar sei.

Strafe abseits des Gerichts

Vergleichbare Fälle enden übrigens bei geltender Rechtslage für Unbescholtene mit Bewährungsstrafen oder gar einer Diversion. Gäbe es die geplante neue Rechtslage schon, wäre die Strafdrohung fünf Jahre. Aber Teichtmeister bekommt sowieso eine lebenslange Strafe: Nie wieder in seinem Leben wird er auf einer Bühne stehen.