Zuerst war es eine lautstarke Auseinandersetzung, dann fielen plötzlich Schüsse: Anrainer einer Wohnsiedlung in Wals schreckten am Mittwoch gegen 23.45 Uhr auf, einer alarmierte die Polizei. Als die ersten Beamten eintrafen, bot sich ihnen ein schreckliches Bild: Bei einem Hauseingang lag eine tote Frau, wenige Meter daneben eine zweite. Schnell stellte sich heraus, dass es sich um eine Pensionistin und deren Tochter handelt. Ein Augenzeuge gab wenig später an, einen Tatverdächtigen weglaufen gesehen zu haben.

Minuten später umstellten Polizeieinheiten die angrenzenden Häuser, auch das Einsatzkommando Cobra wurde alarmiert. Eine erste Fahndung nach dem Schützen verlief jedoch erfolglos.

Bei den Opfern handelt es sich um eine 76-jährige Walserin und ihre 50-jährige Tochter. Die beiden Frauen wurden nach ersten Informationen mit Schüssen in den Kopf getötet. Während die Fahndung nach dem Täter anlief, Polizeieinheiten im angrenzenden Bayern, im Flachgau und bis Oberösterreich im Einsatz standen, meldete sich der Tatverdächtige über Notruf selbst bei der Polizei.

Er habe lange mit der Einsatzzentrale und anschließend mit Polizeibeamten der Polizeiinspektion in Wals gesprochen, so die Information aus der Landespolizeidirektion. In dem Gespräch habe er die Tat gestanden und seinen Selbstmord angekündigt. Er habe dabei auch mitgeteilt, dass er zwei Waffen bei sich führe.

Täter wartete auf Parkbank

Zu diesem Zeitpunkt war bereits der Polizeihubschrauber mit einer Wärmebildkamera an Bord in der Luft, parallel konnte der ungefähre Standort des Anrufers lokalisiert werden. Es stellte sich heraus, dass er sich im Bereich des Wolfgangsees aufhielt. Letztlich konnte der Mann auf einem Campingplatz im St. Gilgener Ortsteil Abersee auf einer Parkbank sitzend angetroffen und widerstandlos festgenommen werden. Der Campingplatzbesitzer hatte von der nächtlichen Polizeiaktion nichts mitbekommen: „Ich habe mich nur gewundert, dass in der Nacht der Hubschrauber bei uns fliegt und an einen Rettungseinsatz gedacht.“

Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich um einen 51-jährigen Salzburger, der als Beruf Privatdetektiv angegeben hat. Er führte legal zwei Glock-Pistolen bei sich sowie eine größere Menge an Munition. „Nach der Tat hat er auch einer Bekannten auf die Mobilbox gesprochen, von der Tat erzählt und einen Suizid angekündigt“, sagte Polizeisprecher Hans Wolfgruber.

Motiv unklar

Über das Tatmotiv wollten oder konnten die Kriminalisten in Salzburg am Donnerstag angesichts der laufenden Einvernahmen noch nichts sagen.  Bei seiner ersten Befragung habe er die Tat sowie den Tatablauf zwar gestanden, so der Polizeisprecher. Über das Motiv habe der Mann jedoch nichts gesagt.

Rund um den Tatort in Wals war die Schreckenstat seit den Morgenstunden das Tagesgespräch. Bürgermeister Joachim Maislinger, der in der Früh von der Bluttat erfahren hatte, zeigte sich schockiert. Er habe die Familie gut gekannt. Die Mutter habe vor zwei Jahren goldene Hochzeit gefeiert, der Mann sei leider im vergangenen Jahr verstorben.

Unweit des Tatortes wohnt auch die 81-jährige Maria B., die ebenfalls die Familie gut gekannt hat: Sichtlich betroffen von den Ereignissen konnte sie am Donnerstag das Geschehen nicht fassen: „Ich habe sie doch gekannt und fast jeden Tag gesehen. Das gibt es doch gar nicht. Die Leute können wohl einfach nicht mehr normal miteinander reden“, meinte die Seniorin. Das sieht der Bruder der getöteten Walserin entschieden anders: „Nach dem Tod meines Vaters hat sich dieser Mann an meine Schwester rangemacht, sich praktisch in die Familie eingeschlichen“, schilderte der Bruder. In der Folge soll der Tatverdächtige die Frau seit dem Herbst des Vorjahres permanent gestalkt haben. „Es sind bis zu 30 SMS auf das Handy gekommen, dazu ungezählte E-Mails und seitenlange Liebesbriefe und auch noch unverlangte Geschenke sowie Blumen.“ Er habe gemeinsam mit seiner Schwester am 19. Jänner eine ausführliche Anzeige bei der Polizei wegen beharrlicher Verfolgung (Stalking) erstattet. Dann sei seitens der Polizei nichts mehr passiert.

Anzeige schon im Jänner

Das bestätigte man in der Landespolizeidirektion. Es habe im Jänner eine solche Anzeige gegen diesen Mann gegeben und nahezu zeitgleich eine Anzeige des Tatverdächtigen gegen den Bruder, schilderte Polizeisprecher Hans Wolfgruber. 

Bei der Salzburger Staatsanwaltschaft stellte sich der Sachverhalt so dar, wie die Sprecherin Elena Haslinger am Donnerstag erklärte: „Bereits am 25. Dezember 2020 hat es eine Anzeige des Tatverdächtigen gegen den Bruder des späteren Opfers gegeben. Darin habe er angegeben, er sei ein Freund der Schwester, jedoch sei der Bruder gegen die Beziehung und aggressiv.“ Wochen später erfolgte eine Anzeige des Bruders sowie der Schwester gegen den Tatverdächtigen wegen des Verdachts des Stalkings. „Der Staatsanwaltschaft liegt ein umfangreicher Schriftverkehr zwischen dem Tatverdächtigen und dem späteren Opfer vor“, so die Staatsanwältin. Aus diesem sei jedoch nicht schlüssig ein Straftatbestand hervorgegangen, zumal die Frau auf die Schreiben aktiv reagiert habe.

Letztlich haben laut Staatsanwaltschaft Polizisten Gespräche mit den Betroffenen gesucht und dabei seien die offensichtlichen Differenzen ausgeräumt worden. Der nun Tatverdächtige habe dabei mitgeteilt, dass er sich in Zukunft von der Frau fernhalten werde, die Beziehung als ruhend betrachte. „Damit hat es keinen Anlass für ein Ermittlungsverfahren gegeben“, erklärte die Staatsanwältin. Das sei den Beteiligten auch mitgeteilt worden.