Nachdem das Land Tirol wegen eines offenbaren Ischgler Corona-Falles die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hatte, hat diese nun das Landeskriminalamt Tirol mit Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten eingeleitet. Dies teilte Staatsanwaltschaftssprecher Hansjörg Mayr der APA am Dienstag mit.

Die Bezirkshauptmannschaft Landeck hatte eine schriftliche Anfrage des ZDF an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, aus der sich ergibt, dass bereits Ende Februar eine Mitarbeiterin eines Gastronomiebetriebes in Ischgl positiv getestet worden sei. Es sei unterlassen worden, diesen Fall zu melden, hieß es.

Anzeige von Verbraucherschutz

In Sachen Corona-Hotspot Tiroler Skiorte gibt es eine weitere Anzeige. Verbraucherschützer Peter Kolba bringt am Dienstag bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck eine Sachverhaltsdarstellung ein, weil die Tiroler Behörden die Sperren von Hotels und Pisten hinausgezögert haben sollen. Die Anzeige richtet sich u. a. gegen den für Tourismus zuständigen Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP).

Spätestens seit 5. März müssten die Behörden gewusst haben, dass von Ischgl eine große Coronavirus-Ansteckungsgefahr ausging, so Kolba mit Bezug auf einen journalistischen Blog, der seit längerem über das Thema berichtet.

Der Verbraucherschutzvereins (VSV), deren Obmann Kolba ist, will nun von der Staatsanwaltschaft Innsbruck geprüft wissen, ob die Behörden absichtlich zu langsam gehandelt haben, um die Tiroler Tourismusbetriebe zu schützen. In der Sachverhaltsdarstellung erhebt der Verein respektive dessen Anwalt Alfred Noll den Verdacht der fahrlässigen und vorsätzlichen Gemeingefährdung und des Amtsmissbrauchs. Ein weiterer Vorwurf dreht sich um Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit bei der Verbreitung meldepflichtiger Krankheiten, wie Kolba am Dienstag zur APA sagte.

Die Anzeige richtet sich laut Kolba gegen Landeshauptmann Platter sowie gegen zwei Landesräte, mehrere Bürgermeister von bekannten Skiorten sowie drei Seilbahnverbände. Für alle gilt die Unschuldsvermutung. "Vom Land Tirol gibt es dazu keine Stellungnahme", wie ein Sprecher auf APA-Anfrage sagte.

Der Verbraucherschutzverein startet weiters eine Sammelaktion für Coronaviruserkrankte, die sich in Tirol angesteckt haben - in erster Linie spricht der VSV Urlauber an. "In Hamburg gibt es einen Hotspot von in Ischgl Infizierten", so Kolba. Auch Dänen und Norweger sollen sich beim Skiurlaub in Tirol angesteckt haben.

Kommission gefordert

Nach der immer lauter werdenden Kritik am Krisenmanagement in Sachen Coronavirus wollen die Tiroler Regierungsparteien ÖVP und Grüne eine unabhängige Expertenkommission zur Aufarbeitung aller im Raum stehenden Fragen und Vorwürfe einsetzen. Vertreter beider Parteien bestätigten der APA einen dahin gehenden Bericht der Online-Ausgabe der "Tiroler Tageszeitung".

Im Obleuterat am frühen Nachmittag soll darüber ein Konsens mit den Oppositionsparteien erzielt werden. Eine solche Kommission halte er für ein "geeignetes Instrument", um eine Aufarbeitung voranzubringen, sagte ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf der APA. Zuvor hatte SPÖ-Chef Georg Dornauer auf die Einsetzung einer solchen unabhängigen Kommission "besetzt mit Sachverständigen aus anderen Bundesländern oder dem Ausland" gedrängt.