1. Eine kommentarlose Einsternbewertung: Ist so etwas überhaupt erlaubt?
"Ja", sagt dazu die Wiener Rechtsanwältin Katharina Braun. Solche Bewertungen fallen grundsätzlich unter Meinungsäußerung und sind sohin rechtlich zulässig – "wenn es wirklich einen Kundenkontakt gegeben hat", betont Braun und berichtet von einem Fall, in dem der gekränkte Ex-Mann dem Unternehmen seiner ehemaligen Frau, einer Kosmetikerin, unter verschiedenen Nicknamen, eine Vielzahl von Einsternbewertungen zukommen ließ. "Mit dem Ex bestand also kein Kundenkontakt und dieser handelte außerdem nachweislich in geschäftsschädigender Absicht. Dies hatte der Ex zu unterlassen, er musste außerdem Entschädigung leisten." Wenn bei einer Einsternbewertung trotz zumutbarer Recherche durch das bewertete Unternehmen keine Zuordnung zu einem bestimmten Kundenkontakt möglich ist, so habe die Plattform, beispielsweise Google, die jeweilige Bewertung zu löschen. "Macht die Plattform das nicht, kann sie per Gericht dazu gezwungen werden."

2. Wo endet das Recht auf freie Meinungsäußerung bei der Kommentierung einer Bewertung?
Aussagen von Kunden wie "Die Atmosphäre hat mir nicht gefallen" oder "War mir nicht sympathisch" fallen, wie die Rechtsanwältin betont, grundsätzlich unter Meinungsfreiheit und sind erlaubt. Anders verhalte es sich mit überprüfbaren Tatsachenbehauptungen wie etwa "Das Fleisch war verbrannt" oder "Der Rechtsanwalt hat eine Frist verstreichen lassen". "Wenn dies nicht stimmt, handelt es sich hierbei um eine rechtswidrige Tatsachenbehauptung, die sich der Unternehmer nicht gefallen lassen muss. Personen, die eine Tatsachenbehauptung aufstellen, trifft die Beweislastpflicht für die Richtigkeit derselben."

3. Muss ein Unternehmen zulassen, dass es im Internet eine Bewertungsmöglichkeit von Kunden gibt?
"Ja", sagt die Rechtsanwältin. Anders wäre es, wenn man beispielsweise als Rechtsanwältin unbeliebte Klienten vertritt und nur deshalb mit unzähligen Einsternbewertungen konfrontiert wird, die aber nichts mit der fachlichen Leistung an sich zu tun haben. "Dann könnte ein Verfahren auf Löschung durchaus erfolgversprechend sein." Anders verhalte es sich auch bei Plattformen, die bei den Bewertungsmöglichkeiten von Unternehmen unterscheiden, wer Kunde dieser Plattform ist und wer nicht. "Dagegen kann man als nicht zahlendes, unfreiwillig bewertetes Unternehmen unter Umständen vorgehen."

4. Wie kann man grundsätzlich gegen eine Einsternbewertung vorgehen?
Zivilrechtlich gibt es, wie die Juristin erklärt, die Klage auf Unterlassung und Schadenersatz – wenn das Unternehmen nachweislich einen Schaden bzw. Geschäftsentgang erlitten hat. Strafrechtlich können, je nach Kommentar, unter anderem folgende Straftatbestände vorliegen: Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, Stalking. Eine Online-Bewertung sollte man sich daher vorher genau überlegen. Braun: "Immer wieder höre ich von Mandanten den Satz 'Aber die anderen machen doch das auch' oder 'Ich habe mich halt so geärgert und habe das aus der Emotion heraus schnell geschrieben'." Doch das mache die mitunter eben rechtswidrige Bewertung natürlich nicht zu einer rechtmäßigen.

5. Ein guter Rat für alle, die ihrem momentanen Ärger über ein Unternehmen gern mit einer schlechten Bewertung Luft machen?
"Bevor man seinen Ärger öffentlich kundmacht, ist es besser, das jeweilige Unternehmen persönlich, und sei es per E-Mail, mit den Kritikpunkten zu konfrontieren und zu bedenken, dass jeder einmal einen schlechten Tag haben kann", sagt Braun. Immer wieder erlebe man bei einer persönlichen Klärung des Vorfalls, dass sich das jeweilige Unternehmen entschuldigt und man vielleicht sogar eine Preisreduktion bekommt.

6. Was tun, wenn ein schlecht bewertetes Unternehmen den Rezensenten kontaktiert und ihm rechtliche Schritte androht?
Bis zur rechtlichen Abklärung der Angelegenheit empfiehlt Braun in diesen Fällen, die Rezension "nicht sichtbar" zu schalten bzw. zu löschen. "Für ein schlecht bewertetes Unternehmen empfiehlt es sich, mit dem jeweiligen Kunden das Gespräch zu suchen. Möglicherweise lässt sich so auch die eine oder andere Optimierungsmöglichkeit für Unternehmensabläufe finden." Internetportale selbst wiederum sind gut beraten, nach Beanstandung der Rezension durch ein Unternehmen die gegenständliche Rezension bis zur Klärung des Sachverhalts ebenfalls auf "nicht sichtbar" zu schalten. In der Praxis würden die Portale freilich meistens erst sehr spät reagieren. "Hier ist dann bei einer kommentarlosen Einsternbewertung unter Nicknamen oder auch einer Bewertung mit Tatsachenbehauptungen der Gerichtsgang durchaus erfolgversprechend", berichtet Braun aus der Praxis.