1. Meine Lebensgefährtin erbt nach mir sowieso alles. Wir sind ja schon seit 30 Jahren zusammen.
IRRTUM, weil es in der Lebensgemeinschaft grundsätzlich kein gesetzliches Erbrecht gibt. "Ohne entsprechendes Testament erben die gesetzlichen Erben – wie Kinder, Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten. Die Liste reicht bis zu den Urgroßeltern", erklärt der Grazer Notar Peter Wenger. Nur wenn jemand keine der vorgenannten gesetzlichen Erben hinterlässt und bevor die Verlassenschaft dem Staat anheimfällt, gibt es ein außerordentliches Erbrecht der Lebensgefährtin oder des Lebensgefährten.

2. Wir haben keine Kinder, also erbt mein Ehepartner ohnehin alles nach mir – auch ohne Testament.
IRRTUM – wenn die Eltern des Verstorbenen noch leben, erhält jeder noch lebende Elternteil jeweils ein Sechstel des Nachlasses, sodass der Ehepartner nur zwei Drittel des Nachlasses erbt. Warum? "Eltern sind seit 2017 zwar nicht mehr pflichtteilsberechtigt – aber sie sind gesetzliche Erben", sagt der Notar Walter Pisk.

3. Ich kann meine Kinder jederzeit enterben.
IRRTUM. "Enterben" bedeutet, dass pflichtteilsberechtigten Personen – in der Regel handelt es sich um die Kinder – der Pflichtteilsanspruch entzogen wird. "Dafür müssen aber schwerwiegende Enterbungsgründe vorliegen", wie die Notare betonen. "Sie können eine Person nur dann enterben, wenn diese Person eine schwere Straftat Ihnen gegenüber begangen hat oder ihre Ihnen gegenüber bestehenden familienrechtlichen Pflichten gröblich vernachlässigt hat", sagen die Notare. "Überdies muss dies vom testamentarisch eingesetzten Erben nachgewiesen werden. Es gibt also eine Beweislast."

4. Es gilt immer das österreichische Erbrecht.
IRRTUM, denn schon im Sommer 2015 trat die EU-Erbrechtsverordnung in Kraft. Demnach zählt beim Erbrecht nicht mehr die Staatsangehörigkeit von Verstorbenen, sondern das Aufenthaltsprinzip. Pisk: "Der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort eines österreichischen Staatsbürgers entscheidet, welches Recht anwendbar und welches Gericht zuständig ist." War der Lebensmittelpunkt einer Verstorbenen oder eines Verstorbenen nicht in Österreich, sondern zum Beispiel im EU-Land Italien, muss die Verlassenschaft nach dem dort geltenden Recht abgehandelt werden. "Will man das verhindern, muss man in seinem Testament eine entsprechende Verfügung treffen, wonach ungeachtet des jeweiligen Aufenthaltsortes jedenfalls österreichisches Erbrecht zur Anwendung kommen soll", erklären die Juristen, warum hier ein Testament zählt.

5. Mein Testament kann ich selbst zu Papier bringen.
IRRTUM – zumindest häufig. "Wir erleben in der Praxis oft, dass selbst geschriebene und verfasste Testamente – abgesehen davon, dass sie nicht selten formungültig sind – auch inhaltlich völlig überladen und unstrukturiert sind und daher oft schlichtweg nicht funktionieren beziehungsweise nicht zum gewünschten Ziel führen würden", sagen Pisk und Wenger.

6. Meine nahen Angehörigen dürfen sowieso alles für mich regeln, sollte ich – etwa durch eine Krankheit oder einen Unfall – einmal nicht mehr dazu in der Lage sein. Dafür braucht es doch nichts Schriftliches.
IRRTUM, ohne Vorsorgevollmacht ist das nämlich keineswegs gesichert, sondern bestimmen möglicherweise fremde Personen oder Gerichte über die eigenen persönlichen Angelegenheiten. "Eine Vorsorgevollmacht bietet Ihnen enormen Gestaltungsspielraum, um im Vorhinein festlegen zu können, welche Person Ihres Vertrauens in Ihrem Namen handeln und Entscheidungen treffen darf, sollten Sie eines Tages ganz plötzlich ihre Entscheidungsfähigkeit verlieren. Anders als ein außenstehender Erwachsenenvertreter unterliegt ein Vorsorgebevollmächtigter keiner gerichtlichen Kontrolle und kann den Anliegen und Wünschen des Vertretenen zumeist besser entsprechen", erklärt Wenger und ergänzt: "In der Praxis werden Vorsorgevollmachten meistens in Verbindung mit einem Testament errichtet. Beides zusammen ist die Grundvorsorge, die jeder Mensch treffen sollte. Das können wir wirklich aus Überzeugung empfehlen."