Monoklonale Antikörper werden häufig bei Krebserkrankungen eingesetzt. "Klassisch" geworden ist das Medikament Trastuzumab bei sogenanntem HER2-positivem Brustkrebs. Die Wiener Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt und Christoph Zielinski (Onkologe) haben hingegen ein Konzept einer Impfung gegen HER2 erfunden. Das australische Biotechunternehmen Imugene führt die weitere klinische Entwicklung durch. Es gibt auch erste Studienerfolge zu berichten.

HER2-positiver Brustkrebs tritt vor allem bei jungen Frauen auf. Diese Form von Brustkrebs ist nicht erblich, gilt aber als sehr aggressiv. Er wächst sehr schnell und ist in vielen Fällen wiederkehrend. HER bedeutet humaner epidermaler Rezeptor und ist ein Wachstumsfaktor. Im Fall einer Erkrankung führt dieser dazu, dass sich Zellen viel häufiger teilen als üblich. So entsteht ein Tumor, der immer mehr wächst. Bei rund 20 Prozent aller Brustkrebsfälle handelt es sich um HER2-positive Mammakarzinome.

In den vergangenen 20 Jahren hat sich immer mehr herausgestellt, dass sich ein erheblicher Anteil von Krebserkrankungen – egal, welche Organe sie betreffen – durch gleiche genetische Charakteristika auszeichnet. Das trifft auch auf das HER2-Merkmal zu. Das führt auch dazu, dass zum Beispiel der gegen HER2 gerichtete monoklonale Antikörper Trastuzumab eben bei genau diesen Erkrankungen sowohl zum Beispiel bei Brustkrebs als auch bei anderen Tumoren mit diesem Charakteristikum eingesetzt werden kann.

Das Projekt von Imugene, dem australischen Biotechunternehmen, soll sprichwörtlich andersherum funktionieren. Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt meint dazu: "Monoklonale Antikörper sind sozusagen eine passive Immunisierung. Wir wollen hingegen eine aktive Immunisierung (sprich: Impfung; Anm.) zur Behandlung solcher Krebsformen entwickeln." Trastuzumab und ähnliche Medikamente auf diesem Gebiet müssen für eine Wirkung regelmäßig und über einen langen Zeitraum verabreicht werden. Sie werden hoch dosiert verwendet, was auch potenziell schwere Nebenwirkungen verursachen kann. Auch eine Resistenzbildung ist möglich.

"Der HER2-Vaxx-Impfstoff soll B-Zellen der Patienten zur Produktion von Antikörpern gegen HER2 veranlassen", sagte die Expertin. Das bedeutet, dass das Immunsystem der Geimpften selbst die Antikörper herstellt, die einen ähnlichen Effekt wie Trastuzumab bewirken sollen. Infolge einer Impfung sollte das auch längerfristig und durch die naturgemäß geringere "Dosierung" der körpereigenen Antikörper seltener zu Nebenwirkungen führen.

Die therapeutischen Vakzine besteht aus drei Eiweißbruchstücken, die an ein Trägerprotein gebunden sind. Hinzu kommt ein Adjuvans, das die Immunantwort insgesamt verstärken soll. Weil aufgrund der Impfung keine monoklonalen Antikörper, sondern Antikörper gegen drei verschiedene Anteile des HER2-Rezeptors gebildet werden, soll diese Immuntherapie breiter wirken.

Erste Ergebnisse

Bei einem Symposium der Amerikanischen Gesellschaft für Klinische Onkologie (ASCO) wurden vergangenes Jahr die Ergebnisse einer Studie der Phase II mit der Vakzine bei HER2-positiven Karzinomen des Magens bzw. der Speiseröhre präsentiert. 36 Patienten waren an Klinikzentren in Osteuropa und in Indien, wo keine Trastuzumab-Therapie zur Verfügung stand, in die Untersuchung aufgenommen worden.

Etwa die Hälfte der Probanden erhielt 50 oder hundert Mikrogramm der Vakzine pro Dosis (drei Impfungen, dann alle zwei Monate eine weitere) und eine sechsmalige Chemotherapie alle drei Wochen. Die andere Hälfte der Erkrankten bekam allein die Chemotherapie. Wiedermann-Schmidt: "In der Gruppe der Patienten mit der Impfung betrug die mittlere Überlebenszeit 14 Monate, in der Gruppe der Patienten mit Chemotherapie allein 8,3 Monate." Mit der Impfung wurde ein Ansprechen auf die Behandlung im Mittel über 30 Wochen hinweg im Vergleich zur Chemotherapie allein mit 19 Wochen registriert, wobei die Höhe der Antikörper mit der Reduktion der Tumorgröße korrelierte.