Corona-Impfstoffe wirken bei Patienten mit unterdrücktem Immunsystem schlechter. Das hat eine Berner Studie im Fachmagazin "The Lancet Rheumatology" untermauert. Demnach ließen sich schützende Antikörper nur bei knapp der Hälfte der Betroffenen nachweisen. Für die Studie wurde die Antikörperantwort auf die in der Schweiz zugelassenen mRNA-Impfstoffe von 96 Patientinnen und Patienten, die zuvor mit bestimmten immunsuppressiven Wirkstoffen behandelt worden waren, untersucht.

Dass vor allem bei Menschen mit eingeschränkten Immunsystem - etwa bei Krebserkrankungen -  die Wirksamkeit nicht so stark wie in gesunden Menschen ist, ist bekannt. Dementsprechend empfehlen Fachleute, unbedingt die Möglichkeit der Impfung und auch des dritten Stiches wahrzunehmen. Das gelte nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für Angehörige bzw. das Umfeld, sagte Ursula Wiedermann-Schmidt, Vorsitzende des Nationalen Impfgremiums und Vakzinologin.

Bei rheumatoider Arthritis und Krebs

Die relativ kleine Studie aus Bern bestätigt nun diesen Mechanismus. Die zu den Immunsuppressiva zählenden Medikamente Rituximab oder Ocrelizumab unterdrücken das körpereigene Immunsystem, indem sie B-Zellen gezielt hemmen oder bekämpfen. Solche Antikörpertherapien wenden Ärzte bei Patienten mit bestimmten Autoimmunerkrankungen wie rheumatoide Arthritis an sowie bei einigen Krebsarten und Nierentransplantationen. Diese Personen zählen zu den Risikogruppen für schwere Covid-19-Verläufe.

Nach den Ergebnissen, die die Forscher des Inselspitals und der Universität Bern nun erzielt haben, war die Impfstoffwirkung erheblich eingeschränkt, wie die Berner Institutionen am Donnerstag mitteilten. Es ließen sich nur bei 49 Prozent der Studienteilnehmenden Antikörper gegen das Spike-Protein des Coronavirus nachweisen. In der Kontrollgruppe von 29 gesunden Erwachsenen entwickelten alle eine Antikörperantwort.

Möglichkeiten, die Immunantwort zu verbessern

Die Forschenden fanden in der Studie jedoch auch Hinweise darauf, dass sich die Wirksamkeit der Impfstoffe bei einigen der besonders gefährdeten Patienten verbessern ließe. So hing die Immunantwort mit der Dauer, der Begleitmedikation und weiteren Lebensumständen im Zeitraum seit der letzten Antikörpertherapie zusammen. Sollte sich der Einfluss dieser Faktoren in weiteren und größeren Studien erhärten, wäre das ein erster Schritt, um auf einzelne Patienten zugeschnittene Impf- und Therapiepläne entwickeln, so die Forscher.

In Österreich erarbeitet Wiedermann-Schmidt gemeinsam mit einem Team an Fachleuten aktuell eine Studie, die ergründet, wie sich die Vakzine auf verschiedene Krebserkrankungen auswirkt. Erste Erkenntnisse zeigen, dass es in der Wirkung große Unterschiede gibt. "Tumorpatienten, etwa mit einem Lungenkarzinom, haben auf die Grundimmunisierung von zwei Dosen sehr gut angesprochen", erklärt die Impfexpertin. "Hingegen haben Patienten mit einem multiplen Myelom keinen Schutz aufgebaut". Nun gelte es herauszufinden, wo die Ursache für den unterschiedlichen Aufbau von Antikörpern liege. 

Zudem dürfe man nicht nur die Antikörperantwort bewerten, auch die zelluläre Immunantwort sei nicht außer Acht zu lassen. "Bei manchen Patienten konnten wir sehen, dass sich die zelluläre Immunantwort sehr wohl stimulieren lässt, auch wenn nicht ausreichend Antikörper gebildet wurden."