Die Fragen, die viele Menschen rund um die Corona-Impfung beschäftigen, sind vielfältig und zahlreich. Auch die Kleine Zeitung erreichen täglich viele Zuschriften von Lesern, die um Antworten und Aufklärung bitten. Darum haben wir in unserem dritten Livestream zum Thema "Impfen" den Infektionsspezialisten der Kages, Bernhard Haas, einige Fragen unserer Leser beantworten lassen.

FRAGE: Mit welchen Impfreaktionen muss man rechnen und welche davon sind normal?
ANTWORT:Impfreaktionen sind Reaktionen, die nach einer Impfung zu erwarten sind. Bei der Covid-19-Impfung sind diese allerdings häufiger als beispielsweise bei FSME- oder Grippeimpfungen. "Die typischen Impfreaktionen sind in diesem Fall Schmerzen, Rötungen und Schwellungen an der Einstichstelle und allgemein Symptome wie Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen", sagt Bernhard Haas.  "Sowohl im Hinblick auf die Anzahl wie auch auf die Ausprägung der Impfreaktionen zeichnet sich hier ein Bild ab, wie es aufgrund der Zulassungsstudien zu erwarten war." Grundsätzlich haben jüngere Menschen stärkere Reaktionen als ältere Personen. "Das liegt daran, dass das Immunsystem stärker reagiert", so der Experte.

FRAGE: Gibt es auch Unterschiede zwischen den Impfstoffen in Bezug auf Impfreaktionen?
ANTWORT: "Die genannten Impfreaktionen betreffen alle Impfstoffe.  Auch die mRNA-Impfstoffe haben diese Impfreaktionen zufolge", sagt der Infektionsspezialist. Bei den mRNA-Impfstoffen sind die Impfreaktionen nach der zweiten Teilimpfung ausgeprägter – bei AstraZeneca nach der ersten Teilimpfung.

FRAGE: Wann muss man sich nach einer Impfung Sorgen machen und wie sollte man sich gegebenenfalls verhalten?
ANTWORT: Impfreaktionen treten acht bis zehn Stunden nach dem Stich auf und sollten nach 72 Stunden abgeklungen sein. "Wenn Kopfschmerzen und ähnliche Symptome länger als drei Tage dauern, sollte man einen Arzt konsultieren oder 1450 anrufen", sagt Haas. Wenn dann ein Verdacht in Richtung Thrombose bestehen würde, wäre der nächste Schritt eine Blutabnahme.

FRAGE: Ist es erwiesen, dass der Impfstoff von AstraZeneca Thrombosen verursacht?
ANTWORT: "Erwiesen ist es nach wie vor nicht", sagt der Experte. "Es gab in einem zeitlichen Zusammenhang mit verschiedenen Impfstoffen Nebenwirkungen und hier fielen vor allem sieben Fälle von Thrombosen auf. Nachdem das mehr sind, als man sich erwartet hätte, wurden weitere Untersuchungen eingeleitet."

FRAGE: Im Hinblick auf ein mögliches Thromboserisiko: Sollte man im Vorfeld den Blutgerinnungsstatus erheben lassen?
ANTWORT: "Blutgerinnung ist ein sehr komplexes System. Man müsste wissen, welche Eigenschaften man genau testen muss. Normalerweise wird nur die Blutungszeit gemessen und das hilft nicht dabei ein solches Risiko abzuschätzen", sagt der Experte.

Infektionsspezialist Bernhard Haas mit Redakteurin Martina Marx
Infektionsspezialist Bernhard Haas mit Redakteurin Martina Marx © Stefan Pajman/ballguide


FRAGE: Handelt es sich bei AstraZeneca um einen Lebendimpfstoff? Und wie sieht der Einsatz dieses Vakzins im Fall von Autoimmunerkrankungen aus? 
ANTWORT: AstraZeneca ist ein Vektorimpfstoff. Für diesen wurde ein harmloser Erkältungsvirus von Schimpansen herangezogen. "Diese Viren können sich aber nicht im Körper vermehren. Daher ist AstraZeneca wie ein Totimpfstoff anzusehen", sagt Haas. Bei allen Impfstoffen wurden von Anfang an Menschen mit Autoimmunerkrankungen bei Zulassungsstudien eingeschlossen. Dabei gab es keine Auffälligkeiten.

FRAGE: Kann man, wenn man möchte, die zweite Teilimpfung mit einem anderen Impfstoff durchführen?
ANTWORT: Derzeit sieht es so aus, dass man die Impfstoffe nicht mischen sollte. Die zweite Teilimpfung muss mit demselben Präparat erfolgen.

FRAGE: Sollten sich Menschen mit Diabetes impfen lassen?
ANTWORT: Gerade Diabetiker haben auch ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf bei einer Covid-19-Erkrankung. "Betroffene werden beim Impfen auch vorgereiht und sollen sich auch früher impfen lassen", sagt der Infektionsspezialist. Bei Unsicherheiten sollte man Rücksprache mit dem eigenen Arzt halten. In allen Zulassungsstudien wurden viele Menschen mit Vorerkrankungen eingeschlossen, so auch Diabetiker. Hier gab es keine Auffälligkeiten.

FRAGE: Sollten Menschen die an mehreren Allergien, wie Pollen-, Hausstaubmilben- und Lebensmittelallergien leiden ein Antihistaminikum vor der Impfung einnehmen, um einer allergischen Reaktion vorzubeugen?
ANTWORT: "Prinzipiell ist zu sagen, dass Menschen mit 'normalen' Allergien kein erhöhtes Allergierisiko auf die Impfung haben. Wenn ich in meinem Leben schon eine schwere allergische Reaktion gehabt habe, ist Rücksprache mit dem Arzt zu halten", sagt Haas. Hat jemand Allergien, wird wahrscheinlich die Nachbeobachtungszeit nach der Impfung verlängert. Das heißt, man muss wahrscheinlich nach der Impfung 30 statt 15 Minuten unter Beobachtung bleiben. "In ganz seltenen Fällen kann es vielleicht Sinn ergeben, vorab ein Antihistaminikum einzunehmen. Das muss aber der Arzt entscheiden", sagt der Experte.

FRAGE: Macht es Sinn, Antikörper bestimmen zu lassen?
ANTWORT: Antikörper sind Stoffe, die das menschliche Immunsystem als Reaktion mit einem Krankheitserreger ausbilden. "Sinn ergeben würde eine Antikörperbestimmung in sehr ausgewählten wenigen Fällen: Zum Beispiel, wenn ich erkrankt war, alle Symptome hatte, die auf das Coronavirus hindeuten, aber keine PCR-Bestimmung auf Virus machen konnte. Von einer Bestimmung von Antikörpern nach einer Impfung ist abzuraten, da es hierfür noch keine standardisierten Testverfahren gibt. Die Interpretation der Ergebnisse ist somit noch nicht möglich", sagt Haas.

FRAGE: Soll man sich impfen lassen, wenn man schon an Covid-19 erkrankt war?  
ANTWORT: Bis vor kurzem galt die Meinung, dass man nach einer Covid-19-Infektion zumindest 90 Tage geschützt ist. "Es scheint aber, als wäre der Schutz sogar noch länger als angenommen: Momentan werden Personen, die eine Covid-Infektion hinter sich haben, als für sechs bis acht Monate geschützt angesehen. Bei der momentanen Impfknappheit sollten diese Menschen also mit der Impfung warten, bis die anderen dran waren", sagt der Experte.

FRAGE: Für den Fall des Falles: Was sollte man in der Hausapotheke haben, sollte man an Covid erkranken? 
ANTWORT: Ein spezielles Medikament für diese Erkrankung gibt es derzeit nicht. "Für Infekte der Atemwege und Fieber können fiebersenkende Medikamente und solche, die helfen, Muskelschmerzen durchzutauchen hilfreich sein. Man sollte aber nur Medikamente nehmen, mit denen man schon Erfahrung hat und die Einnahme vorher mit dem Arzt besprechen", sagt Haas.

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