Es braucht nur einen Pieps von sich zu geben oder kurz aufzuleuchten und schon hat es uns in seinen Bann gezogen: Die Rede ist - wie kann es anders sein? - von unserem Smartphone. Dabei wollte man sich doch gerade auf die Arbeit konzentrieren. Aber wo man das Handy schon einmal in der Hand hat, kann man ja eben geschwind die Mails checken. Und ehe man sich versieht, verstreicht Minute um Minute, ohne dass wir es so recht bemerken. Wie aber gegensteuern? 

Stressfalle Smartphone

84 Mal pro Tag schauen wir im Durchschnitt auf unser Smartphone. Das ist ungefähr alle 13 Minuten. Ergeben hat das eine 2018 durchgeführte Studie der Technischen Universität (TU) Wien in Zusammenarbeit mit der Arbeiterkammer Niederösterreich. Die Schlussfolgerung: "Wer das Handy weniger nutzt, ist zufriedener", so Martina Hartner-Tiefenthaler von der TU. "Wenn man sich ständig dem Handy widmen muss, ist das eine zusätzliche Stressquelle, die belastend sein kann." Zudem konnte herausgefunden werden, dass sich intensive Smartphone-Nutzer weniger gut in ihre Arbeit vertiefen konnten als Menschen mit moderatem oder mittelmäßigem Nutzungsverhalten.Ähnliches beobachtet Christina Feirer: "Wir können uns nicht mehr fokussieren, weil wir mit unseren Gedanken ständig überall sind". Ob der täglich auf uns einprasselnden Informationsflut würden wir uns gestresst fühlen und regelrecht in einen "Reaktiv"-Modus verfallen, in dem es nur noch darum gehe, zu reagieren. 

Digitale Achtsamkeit: So gelingt's

Persönlichkeitscoach Christina Feirer
Persönlichkeitscoach Christina Feirer © Christian Gruber-Steffner

Ein selbstbestimmter Umgang mit dem Smartphone sieht anders aus. Um diesen (wieder) zu erlernen, plädiert die Expertin dafür, sich mit dem eigenen Handyverhalten auseinanderzusetzen. Ihrer Ansicht nach ist das die Basis zur nachhaltigen Veränderung: "Ich nehme das Handyverhalten gerne zum Anlass, dass man sich selbst besser kennenlernt. Weshalb nutze ich das Smartphone? Was macht's mit mir, wenn ich ständig darauf klicke? Welche Emotionen stecken dahinter? Auch: Welche Ablenkung von sich selbst?" Um digitale Achtsamkeit im täglichen Leben zu etablieren, hat der Persönlichkeitscoach natürlich auch pragmatische Tipps. Ein Schritt kann beispielsweise sein, Push-Nachrichten am Handy zu deaktivieren. "Damit können Sie erreichen, dass Sie selbstbestimmt dann die Nachrichten checken, wenn Sie tatsächlich Zeit und Energie dafür haben", erklärt Feirer.

Smartphone 'verstecken': Aus den Augen, aus dem Sinn

Für die digitale Balance im Alltag sei es außerdem wichtig, sich Smartphone-freie Zeiten zu gönnen und dadurch neue Gewohnheiten zu etablieren. Das kann zum Beispiel die individuelle Morgen- oder Abendroutine oder auch das gemeinsame Essen mit der Familie sein.

Aber auch unterwegs lässt sich digitale Achtsamkeit üben. So kann es beispielsweise hilfreich sein, das Smartphone in der Handtasche zu verstauen statt es stets griffbereit in der Hosentasche zu haben. 

Digitale Achtsamkeit im Job-Alltag: Geht das überhaupt?

Aber wie realistisch sind digitale Auszeiten im Job-Alltag? Da kann man ja schließlich nicht einfach nicht erreichbar sein. Das Argument hört auch Christina Feirer zur Genüge: "Es ist wirklich witzig, wie selten Menschen sich das vorstellen können." Ihr Rat: "Man sollte sich zunächst einmal anschauen: Zu welchen Zeiten kann ich mir herausnehmen, nicht erreichbar zu sein? Das sind oft mehr Zeiten, als wir glauben."Muss man aus beruflichen Gründen tatsächlich untertags über einen bestimmten Zeitraum telefonisch erreichbar sein, bestehe dennoch die Möglichkeit, zumindest die Benachrichtigungen für E-Mails auszuschalten. "Das heißt, die Leute können mich telefonisch erreichen, aber ich kann trotzdem selbst entscheiden, wann ich meine Mails öffne." Sicherheitshalber könne man die Kollegen zudem bitten, in dringenden Fällen zum Hörer zu greifen. 

Weniger Smartphone, mehr Leben

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Wie die Studie der TU Wien bestätigt, kann eine weniger intensive Smartphone-Nutzung zur Reduktion von Stress führen und zu mehr Fokussierung und Zufriedenheit verhelfen. "Wir gestalten auch unser Leben wieder mehr selbst", ergänzt Feirer. Für digitale Auszeiten sprechen also viele Gründe. Der Wichtigste ist für Feirer jedoch der folgende: "Wir sind auf der Welt, weil wir irgendetwas bewegen wollen. Jeder von uns. Wenn wir uns aber ständig leiten lassen von außen, uns auf Social Media vergleichen, uns ständig ablenken, dann haben wir dafür keine Zeit, keine Energie mehr. Und wir schauen nie wirklich hin: Was will ich eigentlich?" Konfrontiert man sich immer wieder mit dem Smartphone, falle es bedeutend schwerer, den Blick auf das Innere zu richten und zu erkennen, was für einen selbst wesentlich ist.