Haben Sie sich auch schon einmal die Gin-Frage gestellt? Warum der Wacholder-Geist nach wie vor die wachstumsstärkste Trendspirituose ist? Obwohl viele schon das Ende des Hypes prognostiziert haben, kommen stattdessen ständig neue Sorten auf den Markt. Dabei höchst erfreulich: Der Boom hat bei Konsumenten das Bewusstsein für Inhaltsstoffe und Regionalität gefördert. Was ausgesprochen erfolgreiche Produzenten wie etwa Gerhard Schlamadinger beweisen. In London wurde er bei den World Gin Awards 2024 kürzlich mit Doppel-Gold ausgezeichnet. Mit „Wharfedale Gardens“ hat der Jurist aus Eggersdorf bei Graz bereits im letzten Jahr dieses Kunststück geschafft. „Dass es auch in diesem Jahr geklappt hat, ist natürlich eine erfreuliche Bestätigung meiner Arbeit“, freut sich der Quereinsteiger.

„Ich habe schon als kleiner Bub voller Begeisterung meinen Opa beim Schnapsbrennen beobachtet. Da mir am Markt ein klassisch von A bis Z selbst hergestellter Gin fehlte, habe ich ganz einfach begonnen, ihn selbst zu brennen“, erzählt Schlamadinger. Dabei macht man anfangs selbstverständlich Fehler. „Aber man muss eben dazulernen, und irgendwann habe ich genau den Geschmack erreicht, den ich ihn mir immer gewünscht hatte.“

57,15 Prozent Alkohol auf und zu 100 Prozent aus Schlamadingers London Dry Gin hergestellt: der Wharfedale Gardens Navy Strength Gin
57,15 Prozent Alkohol auf und zu 100 Prozent aus Schlamadingers London Dry Gin hergestellt: der Wharfedale Gardens Navy Strength Gin © A Twist of Lemon

Und der kommt auch beim renommiertesten internationalen Gin-Wettbewerb an. Im Rahmen der World Gin Awards in London werden jedes Jahr die besten Gins in allen international anerkannten Disziplinen gekürt und so Konsumenten und Handel weltweit präsentiert. Ausgerichtet wird der Wettbewerb von TheDrinksReport.com. Bereits im Vorjahr konnte sich der Steirer in der Kategorie „London Dry“ zweimal Gold sichern. In diesem Jahr war er mit „Navy Strength Gin“ erfolgreich.

Aber was ist eigentlich der Unterschied dieser beiden Varianten? Der London Dry Gin gilt als Klassiker unter den Gins und ist neben dem Dry Gin ebenfalls eine weltweit sehr beliebte Sorte. Er ist jedoch wesentlich stärker reglementiert als dieser. „Der Hauptunterschied zu unserem diesjährigen Sieger ist der, dass der ,Navy Strength‘ sehr viel stärker ist. Er hat 57,15 % Alkohol“, erklärt der Profi. Das Aroma des Navy Strength Gin ist deutlich intensiver und kräftiger als bei klassischen Gins und eignet sich somit sehr gut für Gin betonte Cocktails. „Er ist viel konzentrierter und quasi wie eine Essenz vom London Dry Gin“, gerät Schlamadinger ins Schwärmen.

Erfolgreicher Gin-Produzent: Jurist Markus Schlamadinger
Erfolgreicher Gin-Produzent: Jurist Markus Schlamadinger © A Twist of Lemon

Produziert werden die Spirituosen des auf Vergaberecht spezialisierten Juristen in einem Kellerstöckl im Osten von Graz per Hand in einem alten Kupferkessel. „Ich verwende den besten Wacholder, den ich finden konnte, als Haupt-Botanical, weiters Koriander, Angelikawurz und ein paar andere Botanicals.“ Viel mehr wird zu den Zutaten nicht verraten. Außer: „Behutsames, langsames und schonendes Heizen bringt die ätherischen Öle am besten heraus“, weist Schlamadinger auf die Vorteile des alten Kupferkessels hin.

Und dass der „Wharfedale Gardens“ nicht gefiltert wird. Dieses Nicht-Filtern ist ein wichtiger Schritt, verdeutlicht der Profi: „Durch jeden Filtervorgang verliert Gin Inhaltsstoffe und vor allem Geschmackstoffe.“ Viele große und kleine Hersteller verwenden die Kältefiltration. Schlamadinger verzichtet darauf. Aufgrund der Nicht-Kältefiltration kann „Wharfedale Gardens“ Gin beim Mischen mit Eis etwas trüb werden. „Ein Geschmacks-Qualitätsmerkmal. Er ist dadurch sowohl vollmundiger als auch geschmacksintensiver.“

Da der Jurist alles selbst macht, sind die Mengen streng limitiert. „Bei einem sogenannten Batch, das heißt einmal destillieren, kommen bei mir 100 Flaschen heraus“, verdeutlicht der Produzent. Liebhaber schätzen diese Exklusivität. Sie hat aber auch ihren Preis. Ab 89 Euro für einen halben Liter ist man dabei. Und versteht, wie aus einer Schnapsidee ein Erfolgsgeschäft wurde.