Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Döner hören? Was auch immer es sein mag – es hat mit Sicherheit nichts mit Ferhat Yildirims Restaurant in Wien-Favoriten zu tun. Die hier zubereitete Version des ikonischsten aller türkischen Gerichte gilt seit neuestem als beste Europas, viele sagen gar: der Welt! Natürlich: Das Internet ist daran nicht ganz unschuldig. Auf TikTok und YouTube wurden Videos von Ferhat Döner millionenfach gesehen, auf den einschlägigen Bewertungsportalen wird er tausendfach hymnisch bewertet. „Ich bin mir ziemlich sicher: Nirgends in Wien kommen momentan mehr Touristen essen als hier“, sagt der Hausherr selbst.

Wir sitzen mit Ferhat Yildirim an einem der Tische in seinem Restaurant. Rund 90 Sitzplätze bietet die nigelnagelneue Lokalität, die der gebürtige Türke im Dezember eröffnet hat – und die seither das kleinere Lokal gleich im Nebengebäude ersetzt. Hinter uns arbeiten eine Hand voll Männer und Frauen in der „Teig-Abteilung“: Hier wird das Sauerteigbrot zubereitet, geknetet, in den Ofen gegeben und aufgeschichtet, bevor es in den vorderen Teil des Restaurants kommt. Dort, wo die Dönerspieße brutzeln – und wo die Leute bis weit in die Favoritenstraße hinein Schlange stehen.

Hauchdünne Dürümfladen werden auf eine Art bedeckelte Feuerschale geworfen
Hauchdünne Dürümfladen werden auf eine Art bedeckelte Feuerschale geworfen © Lucas Palm

Unser Gespräch mit Yildirim wird mehrmals unterbrochen. Kein Wunder, bei Döner-Aficionados genießt er fast schon Heiligenstatus. „Wir sind extra aus Düsseldorf angereist, um hier zu essen!“, schwärmt ein junger Mann und bittet um ein Selfie. Doch damit kein falscher Eindruck entsteht: Hier sitzen nicht nur Döner-Spezialisten und Touris, sondern vor allem Wienerinnen und Wiener: Vom geschleckten Krawattenträger bis zum erschöpften Hackler – der Döner bringt die Menschen z‘samm. Wie schafft Ferhat Yildirim das?

Indem es um den Döner in seiner reinsten Form geht. Heißt: Um Brot. Um Fleisch. Um rote Zwiebeln, Rotkraut, Petersilie. Und um Schafs-Joghurt. Ja, der Döner schmeckt deswegen so großartig, weil jedes einzelne Produkt für sich genommen unverfälscht zum Ausdruck kommt. „Ich habe jahrelang an der Rezeptur für meinen Döner gearbeitet“, verrät Yildirim.

Im hinteren Teil des Lokals wurde eine Bäckerei eingerichtet, der Weizenteig wird mit Sauerteig angesetzt und darf zwei Tage reifen, bevor er in reiner Handarbeit zum charakteristischen Brot geformt und gebacken wird.
Im hinteren Teil des Lokals wurde eine Bäckerei eingerichtet, der Weizenteig wird mit Sauerteig angesetzt und darf zwei Tage reifen, bevor er in reiner Handarbeit zum charakteristischen Brot geformt und gebacken wird. © Lucas Palm

In einem Dorf nahe Ankara in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, verfolgte er in Wien, wo er seit 1998 lebt, bald schon ein einziges Ziel: Den unverfälschten Geschmack hochwertiger Lebensmittel, wie er sie von seiner Mutter aus Kindheitstagen kannte, in einen Döner zu bringen. „Egal, welchen Döner ich in Österreich oder Deutschland probierte: Alle schmeckten unecht und verwendeten schlechte Industrieprodukte. Da gibt’s keinen Unterschied zu den Fast-Food-Riesen. Für mich persönlich war das immer Betrug. Ich wollte etwas Echtes machen, etwas Ehrliches.“

Was Yildirim darunter versteht? Gehen wir es der Reihe nach durch. Da wäre einmal das hochwertige Schalen- und Beiried-Fleisch vom Tiroler und Salzburger Weiderind. Jeden Tag wird das in hauchdünne Scheiben geschnitten, mariniert (die Marinade bleibt natürlich geheim) und allabendlich auf den Spieß geschichtet. Gegrillt wird der Spieß über echtem Holzfeuer – hier setzt Yildirim auf Buchenholz, das dem Fleisch eine leicht rauchige Note verleiht.

Mit langen, scharfen Messern säbelt Ferhat Yildirim an gigantischen Dönerspießen, dahinter züngeln die Flammen des Holzfeuers hoch.
Mit langen, scharfen Messern säbelt Ferhat Yildirim an gigantischen Dönerspießen, dahinter züngeln die Flammen des Holzfeuers hoch. © Lucas Palm

Dann wäre da das Brot, das für das Döner-Sandwich aus selbstangesetztem Sauerteig auf Weizenbasis besteht. Und natürlich der Yufka, also der dünne Teigfladen für den Dürüm, der hier hauchdünn auf eine Feuerschale mit runder Platte gelegt wird – für jede Bestellung einzeln. Nicht zu vergessen das Schafsjoghurt, das neuerdings aus steirischer Schafsmilch nach eigener Rezeptur in der Grünen Mark extra für Yildirim hergestellt wird. Der Dürüm kostet gerade mal 5,80 €, das Sandwich 5,60 €.

Ob die Leute nicht weiterhin Schlange stehen würden, wenn Yildirim die Preise erhöhen würde? „Bestimmt“, sagt er. „Aber wenn ich teurer werde, werden das alle anderen auch. Das will ich nicht, weil es mir nicht ums Geld geht. Sondern um ein gutes Lebensmittel. Und ich glaube, das habe ich mit diesem Döner geschafft. Endlich.“