Am Tag der Pressefreiheit hat auch Kanzler Kurz sich „uneingeschränkt“ zu ihr bekannt. Der Stellenwert einer solchen Offenbarung wirkt ungefähr so hoch wie das bedingungslose Treuegelöbnis zur EU. Dass ein solches heute, am Europatag folgen wird, ist eine Wette mit wenig Risiko.

Kurz untermauert das Bekenntnis zur Pressefreiheit mit dem Hinweis auf die in der Corona-Krise geschaffene Sonderförderung  zum „Erhalt einer unabhängigen, pluralistischen und vielfältigen Medienlandschaft“. Österreich aber gilt als einer der höchstkonzentrierten Medienmärkte weltweit. Mit nur wenigen Zeitungen und dem am spätesten liberalisierten Rundfunkmarkt Europas. Auch falls der Unterschied zwischen „pluralistisch“ und „vielfältig“ nicht klar sein sollte: Aus internationaler Perspektive ist unsere Medienlandschaft weder das eine noch das andere.

Nicht nur unter dieser Voraussetzung verlieren die 32 Millionen Euro Spezial-Subvention für  Privatsender, Tages- und Wochenzeitungen an Glanz. Auch die Boulevard fördernden Vergaberichtlinien stehen in der Kritik. Sie basieren jedoch auf Kriterien, die Regierungen lange vor Kurz geschaffen haben. Medienpolitik ist hierzulande seit jeher bloß eine Frage des Lobbyings statt der Demokratiepflege. So ist auch die Kurzarbeit im ORF zu sehen, der das Zwanzigfache der Corona-Sondermedienförderung aus der Rundfunkgebühr erhält.

Wenn Kurz die Medienlandschaft wirklich pflegen will, empfiehlt sich vorerst eine Reflexion der eigenen Medienaktivitäten. Die Opposition ortet nur im Kanzleramt fast 60 Mitarbeiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Das wirkt schlüssig im Vergleich: Allein in der Wiener Zentrale der Wirtschaftskammer werden nahezu 40 Personen im neuen Newsroom tätig sein. Mit solchen Redaktionsgrößen lassen sich sogar schon anständige Tagesmedien produzieren.

Dass unterdessen die Austria Presse Agentur 25 Stellen abbaut, ist nur ein Detail am Rande. Die Zahl der hauptberuflichen Journalisten ist seit 2006 um ein Viertel auf  5350 gesunken (laut Journalismus-Report 2020). Die Medienkontrolle verliert zusehends die Augenhöhe zur Öffentlichkeitsarbeit. PR boomt, Journalismus darbt. Wenn der Kanzler das Bekenntnis zur Pressefreiheit ernst meint, stellt seine Regierung Medienförderung grundsätzlich auf die Unterstützung dieses Berufs um. Das wird sie nicht tun. Wer hilft schon seinen Kontrolleuren? Die Medien brauchen dazu die Unterstützung der Bürger. Ihre Druckmittel reichen vom Volksbegehren bis zu Wahlen. Doch keine Partei mag Medien.

Peter Plaikner ist Politikanalyst und Medienberater mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.