Der ORF freut sich über das erfolgreiche erste Jahr für die „ZiB 2 am Sonntag“. Sie hat die Reichweite an diesem Sendeplatz um 47 Prozent auf durchschnittlich 610.000 Seher gesteigert. Auch das darauf folgende „Im Zentrum“, wo es durchaus Bedenken wegen des späteren Beginns und gegen interne Interview-Konkurrenz gab, verzeichnete 2019 im Schnitt um 70.000 Zuschauer mehr als im Vorjahr.

Das weckt die Frage, warum die Lücke nicht früher geschlossen wurde. Angesichts der wenig erfolgreichen Informationsneuerungen in ORF 1 wirkt das aber auch wie eine Absage an Experimente. Das 45 Jahre alte Konzept der „ZiB 2“ scheint unschlagbar. Zwangsläufig mehrfach adaptiert, ist es den um drei Jahre jüngeren „Tagesthemen“ und dem „heute-journal“ von ARD und ZDF überlegen. Es war deshalb eher als die deutschen Verwandten ein Vorbild für das erst 1990 entstandene „10vor10“ der SRG. Lediglich diese Sendung für die Deutschschweiz erreicht mit 28 Prozent einen noch etwas höheren Marktanteil als die „ZiB 2“ in Österreich. Das liegt dort aber auch an der durch schwyzerdütsche Interviews verstärkten nationalen Identifikationswirkung.

Die „ZiB 2“ hingegen mit ihrem Markenkern des langen, hart geführten Interviews ist zudem eine internationale Visitenkarte Österreichs, seines öffentlich-rechtlichen Journalismus und dadurch seiner Demokratiequalität. „heute-journal“ und „Tagesthemen“ zusammen bringen es inklusive des Publikums für den Spartensender Phönix auf durchschnittlich 6,1 Millionen Zuschauer. Die „ZiB 2“ verzeichnet neben ihren 635.000 ORF-Sehern in Österreich via 3sat noch 200.000 in Deutschland und 10.000 in der Schweiz. Gemessen an der Größe des Heimatmarktes ist sie also das erfolgreichste Spätabend-Nachrichtenmagazin des gesamten Sprachraums.

In den vergangenen zehn Jahren, in der fast alle traditionellen Sender und Sendungen Zuschauer verloren, hat die „ZiB 2“ ihr Publikum um fast 40 Prozent gesteigert. Es ist relativ alt – im Schnitt circa 60. Das ist aber die einzige Schwachstelle dieses Herzstücks des österreichischen Fernsehens. Als solches ist es zu behandeln, wenn infolge der neuen türkis-grünen Regierung die existenzielle Bedrohung des ORF vorerst gebannt scheint. Seine grundsätzliche Veränderung ist trotzdem überfällig. Aber sie darf nicht das gefährden, wo die FPÖ hobeln wollte – den journalistischen Kern des Unternehmens. Ungeachtet aller Geschmacksfragen, politischer Ansichten und Vorlieben wie Abneigungen bezüglich Moderatoren ist das für das breite Publikum mehr denn je die „ZiB 2“.

Peter Plaikner ist Politikanalyst und Medienberater mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.