Filmemacherin Elisabeth Scharang und Produzentin Barbara Pichler und alle MitstreiterInnen der Petition "No change without change" haben diese an Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer übergeben. Mit einer Torte mit lila Glasur, auf der in goldenen Ziffern 50:50 steht. In Anspielung an ein berühmtest Zitat der ersten Frauenministerin Johanna Dohnal: "Wir wollen die Hälfte vom Kuchen". Die Petition fordert eine Geschlechterquote in der österreichischen Bundesfilmförderung. "Wenn wir wollen, dass der Gleichberechtigung auch tatsächliche Gleichstellung folgt, brauchen wir entsprechende Regulatorien, die in ein diskriminierendes System eingreifen und faktische und strukturelle Ungleichheit kompensieren", heißt es darin.

Warum ist das wichtig? Der erste Film Gender Report aus dem Jahr 2018 zeigte die eklatante Ungleichheit bei der Verteilung der Gelder im Film- und TV-Bereich für die Jahre 2012 bis 2016 auf: 80 Prozent der Herstellungsförderungen in einer Gesamthöhe von 106.124.989 Euro wurden Projekten mit Männern in Regie, Produktion oder Drehbuch zugesprochen. Bei Fernsehfilmen blieben 84 Prozent den Männern vorbehalten, in der Stoffentwicklung 72 Prozent.

Was seitdem passiert ist und was nicht

Und seitdem? Versucht man das Ungleichgewicht beim Österreichischen Filminstitut mit dem Belohnungssystem "Gender Incentive" entgegenzuwirken. Das bedeutet: Weist ein Filmprojekt einen signifikanten Anteil an weiblichen Beschäftigten in den Stabstellen Produktion, Regie, Drehbuch, Herstellungsleitung, Produktionsleitung, Kamera, Schnitt, Dramaturgie, Szenenbild, Musik, Ton, Sound Design, Tonschnitt, Licht, VFX/Animation auf, erhält die Produktionsfirma automatisch zusätzliche Fördermittel in Höhe von 30.000 Euro.

Der große Teil vom Kuchen

Das wirkt. Die Anzahl der insgesamt geförderten Filmprojekte mit Frauenbeteiligung steigt langsam. Aber: „ Es geht uns weniger um die Anzahl der Projekte von Frauen, sondern um die Höhe der Fördergelder, die verteilt werden. Und hier liegt die große Diskrepanz", sagt Scharang. Je höher die Fördersumme ist, desto männerdominierter ist der Stab dahinter. Heißt: Am großen Kuchen naschen nach wie vor in erster Linie die Männer mit. "Wir wollen, dass die Gelder ausgewogen verteilt werden", erklärt Pichler.  Und Scharang ergänzt: „ Man kann sagen: der Fisch stinkt vom Kopf, denn der Körper der Filmbranche also all die Menschen, deren Stimmen meist nicht gehört werden, hat in großer Anzahl diese Petition unterschrieben.  An der Ausrichtung des Kopfes müssen wir noch arbeiten." Und wer sich hinter dem Kopf verberge? Vor allem Teile des Verbands Filmregie und Teile der Produzenten und Produzentinnen, die hier blockieren."

Das nun vorgelegte Grundsatzpapier basiert auf einem Entwurfes für eine Richtlinienänderung beim ÖFI, der größten Filmförderinstitution des Landes. "Die Vorgespräche gibt es seit Jahren und auch dieses Modell, auf das sich die Petition bezieht, ist schon lange im Gespräch", erläutert Pichler. "Es geht nicht mehr darum, jetzt langsam Ideen zu entwickeln, die Vorschläge liegen schon lange am Tisch und es ist an der Zeit, sie aktiv umzusetzen."

Es geht um ein Berechnungsmodell, das die beantragten Filmbudgets fiktiven Männer- und Frauenkonten zurechnet und so sehen kann, wohin die Geldflüsse insgesamt gehen. Konkret handelt es sich um ein Best Practice-Modell nach schwedischem Vorbild, das nicht alleine die Regie berücksichtigt, sondern daneben auch auf die Bereiche Buch und Produktion setzt. Warum? Weil an diesen Positionen die Filme finanziert und die Jobs vergeben werden. "Man muss fragen, wer bringt die Geschichten, wer besetzt und wer setzt die Teams zusammen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt", sagt Scharang.

Ziel: Gleichstellung in den nächsten vier Jahren

Das bisher installierte Belohnungssystem solle weiterlaufen, damit insgesamt mehr Frauen engagiert werden. Oberstes Ziel ist es, sowohl in der Stoff- und Projektentwicklung als auch bei der Herstellung in den nächsten vier Jahren schrittweise eine Gleichstellung zu erreichen. Gemeint ist immer: bei gleicher Qualifikation. Seit der Veröffentlichung wurde die Petition bereits von mehr als 20 Fachverbänden und Institutionen sowie von über 1300 Menschen aus der Branche unterzeichnet – darunter sind die FilmemacherInnen Ruth Beckermann, Sabine Derflinger sowie die SchauspielerInnen Manuel Rubey oder Maria Hofstätter. Die erste Unterschrift stammt übrigens vom Vorstand des Kameraverbandes. Das deuten die beiden durchaus als Zeichen, dass sich etwas verändert hat.

Wie geht es weiter? Dieser Vorschlag soll als Richtlinie im ÖFI implementiert werden. Der neu zusammengesetzte ÖFI-Aufsichtsrat könnte darüber schon demnächst abstimmen. Wie "Der Standard" berichtet, drohen mögliche Kritiker bereits mit rechtlichen Schritten. Zum Wirbel im ÖFI: "Dass man gegen eine Empfehlung zur Gleichstellung mit Klagen droht, das muss man sich im Jahr 2021 auf der Zunge zergehen lassen", sagt Scharang.