Die Reklamen leuchten auch im Lockdown. Im deutschen Bamberg erregten die Lettern „The Virus Strikes Back. Part II.“ Aufregung, in Wien ist u.a. zu lesen „To be continued“ (Votiv Kino/De France), „Cinema will never die“ (Haydn) oder „Keine Stadt ohne Kino“ (Stadtkino).
Der zweite Lockdown trifft die Kinos und mit ihnen eine ganze Branche, die sich schon vor Covid-19 in der Krise befand, hart. Nach ausgetüftelten Hygienekonzepten, verstärkten Online-Buchungssystemen, getrennten Ein- und Ausgängen, Plexiglaswänden und funktionierenden Lüftungssystemen bleibt auch der Vorhang in den Kinos bis 30. November zu.


Ausgerechnet nach einem Sommer, in dem die Betreiber mit „größten finanziellen und persönlichen Ressourcen die Gäste wieder zurück geholt haben“, sagt Christian Dörfler, Präsident des Österreichischen Kinoverbandes. Nachsatz: Obwohl es in manchen Monaten einfacher und finanziell besser gewesen wäre, erst gar nicht aufzusperren und den Fixkostenzuschuss zu kassieren. Bis Ende September verzeichnen die Kinos einen Besucherrückgang von 85 Prozent. „Man kann eine Branche nicht einfach auf- und wieder zusperren“, kritisiert er.

„Den ersten Lockdown haben die Kinos noch aus eigener Kraft gestemmt, beim zweiten Mal funktioniert das nicht“, betont auch Cineplexx-CFO Christof Papousek. Für das Comeback brauche es einen signifikanten finanziellen Beitrag, damit Betreiber und Verleiher die Wieder-Eröffnung bewerben könnte.


Die Ankündigung der Regierung, mit bis zu 80 Prozent Ausfallentschädigung einzuspringen, sieht Dörfler – trotz bislang fehlender Details dazu – erst einmal positiv. „Das fordern wir schon seit dem Frühjahr für alle Kinos – auch die kommerziellen.“ Zur Erinnerung: Im ersten Lockdown erhielten Programmkinos einen einmaligen außerordentlichen Förderzuschuss. Dörfler beobachte ein Zusammenrücken der Branche. Die Cineplexx-Gruppe mit 24 Standorten und sechs weiteren Kinos in Österreich und Südtirol reagierten im Herbst auf fehlende Blockbuster mit Schließtagen, um Kosten zu senken. „Bis zum Ende des Jahres werden wir die Verluste mit einem hohen zweistelligen Millionen-Betrag beziffern müssen“, so der Cineplexx-Boss. Einzelne vorübergehend geschlossene Kinos wie das Grazer Annenhof-Kino werde man wieder aufsperren. Ebenso halte er am neuen Cineplexx-Standort Weiz fest.

Wie es den steirischen Kinos geht


„Was uns ärgert ist, dass der ganze Kultur- und Veranstaltungsbetrieb über einen Kamm geschert wird“, sagt Stefan Riedler von den Diesel-Kinos, die österreichweit neun Häuser betreiben. Die Lichtspielhäuser seien sicher, die Programmierung zeitlich gestaffelt, sodass niemals Hunderte Menschen gleichzeitig im Foyer wären.
Wie wird es weitergehen? „Das Schwierigste ist die Programmierung für die Zeit danach“, sagt Barbara Brunner vom Grazer Programmkino KIZ Royal. „Wir müssen wohl improvisieren.“ Dörfler bilanziert: „Es kann sein, dass einige Kinos diese Krise nicht überleben, dass 08/15-Filme nicht mehr ins Kino kommen, dafür aber andere und dass das Kinofenster sich verändern wird.“
In einem sind sich alle einig: „Wir werden zurückkommen, wenn wir diese Zeit überbrücken können“, sagt Papousek. Denn: „Man kann ein Kino-Erlebnis nicht auf 55 Zoll auf einen Flatscreen zu Hause substiuieren.“

Wie es den Kärntner Kinos geht

Dabei hatten nach Ende des ersten Lockdowns manche Kinos wieder Hoffnung geschöpft – auch in Kärnten. Formate wie das sommerliche Burghofkino in Klagenfurt wurden vom Publikum gut angenommen. Doch jetzt stehe wieder „Chaos pur“ auf dem Programm, ließ Volkskino-Chef Bernhard Gutschier dieser Tage wissen. Zuversichtlicher Nachsatz: Die Schließung im November, sofern es dabei bleibt, „werden wir schon irgendwie schaffen“.


Im Gegensatz zu anderen Kinobetreibern kann das Volkskino mit einer jährlichen Unterstützung durch das Land rechnen. Zuletzt waren das 22.500 Euro. Dem Kino in Millstatt – auch hier zeigt man Arthouse-Filme - würde schon eine weit kleinere Förderung „Sicherheit geben“, ist Kinobesitzerin Marielies Auersperg überzeugt. Nach einem „sehr guten Kino-Sommer“, der vor allem den vielen Touristen zu verdanken sei, gehe es für den derzeitigen Pächter um die Existenz. Wobei Auersperg nicht verstehen kann, „warum Museen, Kinos und Theater überhaupt zusperren mussten“. 1958 sei das Millstätter „Kino-Theater“ gegründet worden, um den Oberkärntnern „Unterhaltung auf hohem Niveau“ samt Konzerten, Theatervorstellungen und Vorträgen zu bieten. Jetzt habe sie langsam „keine Kraft mehr“, sagt Auersperg: „Irgendwann vergeht einem der Mut und ohne Mut geht gar nichts“.