"Für mich ist ein Mensch dann erfolgreich, wenn er das, was er tut, aus Leidenschaft macht und seine Ziele niemals verrät", erklärte GeryKeszler vor rund zwei Jahrzehnten in einem Interview. Jede andere Motivation halte er langfristig für falsch. Diesem Grundsatz hielt der heute 55-Jährige die Treue und baute sein Herzensprojekt Life Ball im Laufe der Jahre zu einer spektakulären, schrillen Show aus, die internationale Aufmerksamkeit erlangte und die polarisierend für Offenheit warb. Wer genau hinsah, für den war immer klar: Das Ziel - der Kampf gegen Aids und die Stigmatisierung der Erkrankten - geriet nie aus seinem Fokus.

Nun ist Schluss. Der diesjährige Life Ball wird der letzte seiner Art sein, ließ Keszler am Freitag wissen. Das mit seinem besten Freund TorgomPetrosian gegründete Projekte fand 1993 zum ersten Mal statt. Noch im gleichen Jahr verstarb Petrosian an seiner Aids-Erkrankung. Keszler war Herz und Seele, Keszler war das Gesicht des Life Ball.

Die Zeit, der Druck, der Abschied

Was als einmaliges Fest im Wiener Rathaus begann, wurde zur einer der erfolgreichsten erfolgreichsten Charity-Veranstaltung auf der ganzen Welt. Mit jedem Jahr stieg die Reichweite, stiegen Kosten, Verantwortung und Erwartungen. Zahlreiche Prominente wie Bill Clinton oder Elton John wurden Stammgäste und stellten Keszler vor ein zunehmendes Dilemma: Der Druck, ein großes Promi-Spektakel zu schaffen, konnte irgendwann nicht mehr von Jahr zu Jahr übertroffen werden.

So häuften sich in den letzten Jahren Zeichen von Frustration in den Aussagen Keszlers: "Mein größter Frust ist eigentlich, dass die Medien – gerade wenn es um den Life Ball geht - sich immer nur auf die Prominenz einschießt, die auf der einen Seite wichtig ist, weil sie zumindest ein Sprachrohr sind, wenn man sie überhaupt zum Thema Aids reden lasst. Das ist eigentlich der Sinn, warum Prominente kommen", erklärte er in einem Interview mit news.at. "Die Medien interessieren sich mehr dafür, was sie anhaben und ob es indiskrete Neuigkeiten gibt." Immer wieder dachte er daran, aufzuhören. Als möglicher Nachfolger wurde mehrfach Thomas Neuwirth alias Conchita Wurst gehandelt.

Die Song-Contest Gewinnerin hat sich am Freitag beim Life-Ball für "26 Jahre Bewusstseinsbildung und Spendengelder für ein wichtiges Thema, für die direkte Unterstützung dringend benötigter Projekte auf der ganzen Welt, für die Wegbereitung zu Entstigmatisierung" bedankt. Sie selbst habe "unzählige schöne Erinnerungen" gesammelt, die Veranstaltung "wird mir immer ganz nah am Herzen bleiben", postete Conchita auf Facebook. "Auf einen unvergesslichen Life Ball 2019!", schrieb die Künstlerin.

Abseits des Life Balls hat sich Keszler längst vom Society-Leben weitgehend zurückgezogen. Dennoch kommt das Life Ball-Ende überraschend. Sponsoren seien abgesprungen, zudem wäre das "Bewusstsein heute einfach ein anderes". Am Erreichten kann das Life Ball-Ende nicht rütteln. Rund 30 Millionen Euro an Spenden konnten für nationale und internationale Aids-Hilfsprojekte lukriert werden. Wenn Keszler sagt, "im Kampf gegen Aids haben wir viel erreicht", dann ist das nicht von der Hand zu weisen. Keszler selbst berichtete 2015 beim Life Ball, sich in seinen 20er mit HIV angesteckt zu haben. Der Life Ball 2016 fiel aus, 2017 fand er wieder statt, 2019 folgt der Abschied.

"Jeder Tag ohne Engagement gegen HIV und Aids ist für mich ein verlorener Tag", erklärte Keszler einmal in einem Interview. Dieses Engagement wird mit dem Life Ball-Ende fraglos nicht enden. Das Herz bleibt, wo es ist. Aber es sucht sich eben manchmal neue Projekte.