Der Chefdirigent der Oper Graz, Dirk Kaftan, wird seinen bis 2016/17 laufenden Vertrag erfüllen und dann wohl nach Bonn gehen. Die Gespräche in Bonn seien aber noch nicht zu Ende, so Kaftan am Freitag in einem Pressegespräch. Die Entscheidung falle ihm "extrem schwer, aber das Haus braucht Planungssicherheit". Intendantin Nora Schmid bedauerte dies, sagte aber auch, es gebe jetzt schon viele Bewerber.

Keine Pokerkarte

Dass Kaftan nach einem Hearing zum Favoriten für den Posten des Generalmusikdirektors in Bonn und somit auch zur Leitung des Beethoven Orchester avancierte, hatte die Kleine Zeitung exklusiv vermeldet.  Kaftan sagte nun in dem kurzfristig angesetzten Pressegespräch, "die extrem lange Zeit der Gespräche habe ich nicht vorausgesehen und auch nicht beeinflussen können". Wahrscheinlich wechsle er nach Bonn, aber dort sind die kulturpolitischen um die künftige Ausrichtung des Mehrspartentheaters noch nicht abgeschlossen. "Ich will Graz aber nicht als Pokerkarte missbrauchen. Das Haus braucht Planungssicherheit. Eine Entscheidung war nötig, die extrem schwergefallen ist, wir sind aber so weit in den Gesprächen mit Bonn, dass ein Abbruch nach meinem Gefühl falsch wäre", so der sichtlich bewegte Chefdirigent, der nach dem überstürzten Abgang von Johannes Fritzsch nach Australien kurzfristig ab 2013/14 wieder aus Augsburg nach Graz geholt worden war - noch von der damaligen Intendantin Elisabeth Sobotka. Zuvor hatte Kaftan schon in Graz gearbeitet.

"Großartige Zeit" in Graz

Er sei sehr stolz auf die Zeit hier, es seien "fast acht Jahre Graz in meinem musikalischen Leben. Aber mein Beruf lebt von Bewegung, wie Musik und Kunst, dass die im Timing nicht immer perfekt sind, musste ich erfahren. Die Zeit des Stillstands ist noch nicht gekommen, ich möchte sie aber auch nicht erleben. Neue Perspektiven sind sehr reizvoll, das Zusammenwirken aus Privatem und Beruflichem lässt diese Bewegung noch zu." Kaftan zog den Vergleich zum Fußballtrainer: "Jeder hat eine Halbwertszeit, in der sich Dirigent und Orchester noch guttun, früher oder später tut ein Wechsel gut." In Graz habe er eine "großartige Zeit gehabt, vielleicht die beste in meinem künstlerischen Leben".

Kaftan sagte weiters, man befinde sich in einer Zeit kulturpolitischer Debatten: "Was wir tun, wie wir es nach außen tragen und dafür Geld in die Hand nehmen, die Debatte tobt in Deutschland noch vielleicht etwas extremer als in Österreich. Im Beethoven-Jubiläumsjahr 2020 in Bonn zu sein, das wäre als Chefdirigent eine große Ehre, Reiz und Herausforderung." In Graz gebe es eine Situation, die Gestaltern gewisse Grenzen setze.

Intendantin Schmid fand positive Worte: "Dirk Kaftan war sehr offen, er ist ein Partner, wie man ihn sich wünscht, der auch mitdenkt im Szenischen und Ideen und Impulse für Öffnung einbringt." Er werde seinen Vertrag bis Sommer 2017 erfüllen. Sie habe sich schon wegen der Nachfolge umgehört, um gewappnet zu sein, sie sei zuversichtlich. "Wir haben ein großes Haus, das auf Interesse stößt und begehrt ist."