Wir meldeten am Sonntag exklusiv in Österreich, dass es Sie nach Bonn zieht. Einfache Frage: Stimmt’s oder stimmt’s nicht?
DIRK KAFTAN: Am Donnerstag hat die Findungskommission getagt und mich als Wunschkandidaten für die Generalmusikdirektion und als Chef des Beethoven Orchesters vorgeschlagen. Die Meldung ist aus Bonn allerdings viel zu früh rausgegangen, denn mit diesem Wunsch sind noch viele Gespräche verbunden, die heute Abend in Deutschland beginnen und wohl einige Wochen brauchen werden.

Reizt Sie eine solche Aufgabe?
KAFTAN: Man sagt nicht a priori Nein, wenn jemand anklopft. das gehört zum Geschäft eines Dirigenten. Dazu kommt: Das Beethoven Orchester zählt zu den großen Konzertorchestern in Deutschland. Und mit dem Projekt „Beethoven 2020“ zum 250. Geburtstag des Komponisten in seiner Geburtsstadt tun sich viele Möglichkeiten auf.

Wie reagiert denn die Grazer Oper auf Ihre Pläne?
KAFTAN: Zunächst: Mein Vertrag läuft ohnehin 2017 aus. Ich würde also nicht vorzeitig scheiden, wenn ich nach der kommenden Saison nach Bonn wechsle. In Gespräch haben wir natürlich schon über 2017 hinaus Pläne gesponnen, aber noch nicht konkret vertraglich. Ich möchte aber schon betonen, dass ich keinerlei Fluchtgedanken hege. Ich fühle mich ja in Graz, in der Oper seit jeher wohl und hatte bisher eine fantastische Zeit. Es würde mir jedenfalls sehr schwer fallen wegzugehen.

Und was sagt Intendantin Nora Schmid zur Lage?
KAFTAN: Dass sie gern mit mir weiterarbeiten würde. Ich hatte schon mit Elisabeth Sobotka bestes Einverständnis und nun auch mit ihr. In Graz herrscht ein tolles Klima, das ist immer schon so gewesen.

Wäre eine Doppelfunktion in Bonn und Graz denkbar?
KAFTAN: Nicht so, wie ich arbeite, und ganz sicher nicht über einen längeren Zeitraum. Ich bin nicht der Typ, der nur Produktionen dirigiert und dann gleich wieder verschwindet. Außerdem ist das bestimmt nicht im Sinne der beiden Standorte.

Was wünschen Sie sich in der momentanen Situation?
KAFTAN: Ruhe und Zeit für meine Entscheidung. Und dass nicht Öl ins Feuer gegossen wird, bevor alles endgültig entschieden ist. Es geht ja auch nicht um den Posten des Bundeskanzlers.

INTERVIEW: MICHAEL TSCHIDA