In den 1970er- und 1980er Jahren pulsierte das Leben in zahlreichen Kultlokalen der Stadt St. Veit. Viele fühlten sich damals von der schnell wachsenden Musik- und Künstlerszene in St. Veit angezogen, noch heute erinnern sich ehemalige Nachtschwärmer gerne an diese lange vergangene Ära. Lokale wie das „Cocaine”, das „M3“ oder das „Cafe Adele“ waren über die Stadtgrenzen bekannte Anlaufstellen, doch die meisten haben mittlerweile ihre Türen geschlossen.

Eine Institution war auch das „Cafe Kral“. Als Treffpunkt für junge Menschen, Künstler und Kultur-Interessierte zog es seit seiner Eröffnung Ende der 80er Jahre das Publikum jede Woche aufs Neue magisch an. Mit seinem gemütlichen Ambiente bot es eine perfekte Plattform und Bühne für Musik, Kunst und Literatur. “Wir hatten Lesungen, Ausstellungen, Konzerte, Theaterproduktionen, aber natürlich auch Partys”, erinnert sich Karl Schmidt (62), der das Lokal im Alter von 26 Jahren in der leerstehenden Tischlerei seines Vaters eröffnete. Er selbst definiert sein damaliges Klientel als „eher alternative” Personen. Die Nächte (und vor allem die Wochenenden) waren erfüllt von lebhaften Diskussionen, kreativem Austausch und musikalischen Darbietungen, die das Lokal zu einem kulturellen Hotspot machten. Zu den prominenten Gästen, die dort auftraten, zählten unter anderem Peter Turrini, Werner Kofler oder die Attwenger. Trotz seines historischen Charmes fiel das „Cafe Kral“ im Laufe der Jahre wirtschaftlichen Schwierigkeiten zum Opfer und schloss seine Türen für immer.

Die bunte Welt des „Cocaine“, so bunt wie die Gäste mitunter
Die bunte Welt des „Cocaine“, so bunt wie die Gäste mitunter © KK

Das waren noch Zeiten

Ebenso legendär war das Lokal „Cocaine“ in der Villacherstraße, welches nach seiner Gründung im Jahr 1976 mit einer Mischung aus Jazz, Soul und Funk sowie der ganz besonderen Atmosphäre eher exklusives Publikum anzog. „Mein Onkel war früher viel in Velden unterwegs und als dort ein Jazzlokal zusperrte, übernahm er zunächst viel von der Einrichtung, aber auch vom Klientel”, erinnert sich Gert Ressmann, Neffe des bereits verstorbenen Gründers Rudolf „Rudi“ Ressmann. Das Lokal gehörte zuerst dem Vater des Gründers (Gasthaus Mondschein), die ganze Familie lebte im Haus darüber. Später wurde das „Cocaine“ dann zum „V16“ und damit änderten sich die Musikauswahl und das Publikum. Es wurde mehr Rock gespielt und DJs legten regelmäßig bei Partys auf. „Mein Onkel hat selbst auch viel aufgelegt, damals ist das gerade erst von Amerika hergeschwappt”, sagt Ressmann, der in seiner Jugend vier Jahre dort ausgeholfen hat. Der skandalträchtige Name blieb der Institution jedoch trotzdem erhalten, die Leute gingen immer noch ins „Koks”. Die Nächte in der Villacherstraße 16 waren geprägt von wilden Tanzpartys und Motto-Veranstaltungen wie dem 5-Uhr-Tee. „Trotz der offizielen Sperrstunde um 2 Uhr wurde oft noch heimlich bis 6 Uhr morgens weitergefeiert, man hat nur wissen müssen, an welches Fenster man klopft“, schwelgt ein ehemaliger Gast in Erinnerungen seiner Jugend.

Die Einrichtung im Cocaine war ziemlich dunkel
Die Einrichtung im Cocaine war ziemlich dunkel © KK/Privat

Wenn man von Kultlokalen spricht, darf das „Cafe Adele” natürlich nicht fehlen. Als sicherer Hafen für Künstler, Musiker und Alternative bot das Lokal von Wirtin Adele Petek eine wunderbare Bühne für Konzerte, Lesungen, Buchpräsentationen, Ausstellungen oder Podiumsdiskussionen. „Mit 15 Jahren hatte ich meine erste Band und bin damals immer wieder im Lokal meiner Mutter aufgetreten“, erinnert sich Marcus Petek (61), Künstlername Marcus Matthews, an den Beginn seiner musikalischen Karriere. Der gut vernetzte Musiker (er lebte in Wien und in Amerika) holte immer wieder Weltgrößen der Szene nach St. Veit. „Damals waren die Lokale einfach viel mehr als heute wichtige Orte des öffentlichen Austauschs und Teil der Kultur, während heute der meiste Diskurs online stattfindet. Das ist sehr schade, nicht nur für die Leute, sondern auch für Musiker, Künstler und Veranstalter“, kritisiert Petek die aktuelle Entwicklung.

In den 1980er- und 1990er-Jahren formierte sich in St. Veit gerade erst eine florierende Kunst- und Kulturszene. Wer sich noch erinnern kann, zählt als vierte große Kult-Instituion neben den bereits genannten noch das M3 (späteres M2) auf, welches heute das „Da Schnapsi“ in der Bräuhausgasse ist. Eröffnet 1988 war das M3 ein weiteres Auffangbecken für alle Nachtschwärmer und Kunsthungrigen. „Es gab Lesungen, Kabarett und viele gute Bands aus ganz Österreich, aber auch aus aller Welt“, erinnert sich Mitgründer Michael Lang (72). Als ein Unternehmer aus dem Trio (M3 = Mia 3) ausstieg, wurde das Lokal zu M2.

Günther Schrei machte aus dem anfänglichen M3, später M2, das heutige „Da Schnapsi“
Günther Schrei machte aus dem anfänglichen M3, später M2, das heutige „Da Schnapsi“ © Markus Traussnig

Günter Schrei (62), Mitgründer und heute alleiniger Eigentümer des ehemaligen M2, heute „Da Schnapsi”, erinnert sich gerne an die Anfangszeit zurück. „Ich war erst 26 Jahre als wir das Geschäft übernommen haben und es war ständig was los“, sagt Schrei. Das Gasthauskind (seine Mutter führte die Bahnhofsrestauration) hatte schon immer eine große Affinität zum Gastgewerbe – „vor und hinter der Theke“, lacht der Gastronom. Er erinnert sich, wie die Gäste damals mehr oder weniger zwischen den paar Lokalen gependelt sind, die Betreiber haben sich auch alle gekannt und gut verstanden. „Früher waren Veranstaltungen noch was ganz Besonderes, wir haben uns immer mit Kral und Adele abgesprochen, damit wir uns nicht das Publikum abgraben“, sagt der Wirt.

Auch beliebt bei den Gästen: Lounge-Gefühle im Café Holzmann
Auch beliebt bei den Gästen: Lounge-Gefühle im Café Holzmann © KK
Ins Buch der Rekorde kam das Café Holzmann mit einem 309 Meter langen  Apfelstrudel
Ins Buch der Rekorde kam das Café Holzmann mit einem 309 Meter langen Apfelstrudel © KK

Wer es ein bisschen ruhiger mochte, der kam am Arkadencafe, der Konditorei Holzmann und dem Cafe Central in der Innenstadt von St. Veit nicht vorbei. Von 1977 bis 2000 unter der Leitung des Duos Walter Motschiunig und Arnold Haider, bis Haider im Jahre 2000 die Pension antrat. Das Arkadencafe betrieben die beiden bis 1955, bekannt war es vor allem dafür, dass es alle Generationen vereinen konnte. „Bei uns waren die Schüler, Mütter mit Kleinkindern und Pensionisten gleichermaßen“, erinnert sich Motschiunig. Mit dem gemütlichen Dämmerschoppen mit Live-Musik waren sie Vorreiter in der Gastroszene. Beginn der 1980er Jahre übernahmen sie die traditionsträchtige Konditorei Holzmann. Ein besonders denkwürdiger Tag war der Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde für den längsten Apfelkuchen mit 309 Metern.

Heute die Konditorei Holzmann: Walter und Alexander Motschiunig. Vater Walter erinnert sich noch an den Apfelstrudel-Rekord
Heute die Konditorei Holzmann: Walter und Alexander Motschiunig. Vater Walter erinnert sich noch an den Apfelstrudel-Rekord © KLZ / Wilfried Gebeneter

„Die ganze Stadt war damals auf den Beinen, nach einer Stunde war alles verspeist“, sagt der Gastronom. 2017 hat sein Sohn Alexander das Café Holzmann übernommen. Das Cafe Central war bis 2001 unter der Leitung Motschiunigs und Haiders. Es bestach neben den regionalen und asiatischen Spezialitäten vor allem mit musikalischer Unterhaltung und Ausstellungen bekannter Künstler wie Bernd Svetnik oder Kiki Kogelnik.

Neben den genannten Kultlokalen gab es zahlreiche weitere Orte, die das Nachtleben von St. Veit in den 70er und 80er Jahren prägten. Das „Havana“, das „Bahnhofsstüberl“ oder die „Cafeteria“ sind nur einige Beispiele für die Vielfalt und Lebendigkeit der Szene. Doch im Laufe der Zeit verschwanden auch sie, hinterlassen jedoch bleibende Erinnerungen an eine Ära, in der St. Veit pulsierte und brodelte. Obwohl die Straßen heute ruhiger und viele der einstigen Kultlokale längst verschwunden sind, bleibt ihre Erinnerung in den Köpfen der Leute lebendig.