Das Spiel mit der Kamera beherrscht Emma. Ein leichter Arbeitstag für den Fotografen, der nur auf den Auslöser zu drücken braucht. Man müsse sie fragen, was sie möchte, ihr den Raum geben, selbst zu entscheiden. Sonst könne die Achtjährige recht stur sein, sagt ihre Mutter Sunmi Kim.

Emma hat das Down-Syndrom, auch Trisomie 21 genannt, eine angeborene genetische Störung. Statt 46 hat sie 47 Chromosomen in jeder Körperzelle, was eine körperliche und geistige Beeinträchtigung verursacht.

Emma mit ihrer Mama Sunmi Kim
Emma mit ihrer Mama Sunmi Kim © Weichselbraun Helmuth

Dass ihre Tochter anders ist, haben sie und ihr Mann Oliver Grüske lange nicht bemerkt, erzählt Kim. Die mandelförmigen Augen, das flache Gesicht, all das habe für sie nur bedeutet, dass das Kind mehr nach der Mama kommt. Dass sich die koreanische Linie durchgesetzt hat. „Bei einer Blutuntersuchung während der Schwangerschaft wurde festgestellt, dass ich ein höheres Risiko habe, ein Kind mit Down-Syndrom zu bekommen. Wir hätten eine Fruchtwasseruntersuchung machen können, aber das Risiko war mir zu groß, da ich bereits eine Fehlgeburt hatte. Zudem hätten wir das Kind sowieso nicht abtreiben lassen“, sagt Kim. Erst, als Emma drei Monate nach der Geburt aufgrund eines Herzfehlers operiert werden musste, wurde die Diagnose gestellt. „Für mich war Emma normal und süß, wie die Kinder um sie herum“, erinnert sich die 43-Jährige an die Zeit in der Klinik.

Gut integriert

Heute ist die Familie zu viert. Jonas (7) besucht, wie seine Schwester, die Volksschule 1 am Kreuzbergl in Klagenfurt. Er geht in die erste, sie in die zweite Klasse. „Da Emma im Juni Geburtstag hat, hätte sie schon ein Jahr früher eingeschult werden können. Für mich war es wichtig, dass sie, wenn sie in die Schule geht, gut mit ihren Mitschülern kommunizieren und spielen kann.“ In Österreich gibt es in solchen Fällen die Möglichkeit, das Kind in den häuslichen Unterricht abzumelden und es in einer privaten Einrichtung unterzubringen, bei Emma war es der AVS-Förderkindergarten Maiernigg-Alpe.

Emma mit der Silke Steiner (medizinische Assistenz) und Angelika Reitermayer (Lehrerin)
Emma mit der Silke Steiner (medizinische Assistenz) und Angelika Reitermayer (Lehrerin) © Weichselbraun Helmuth

Mittlerweile sei ihre Tochter in ihrer Klassengemeinschaft bestens integriert. „Neulich war sie auf eine Geburtstagsparty in der Kletterhalle eingeladen. Ich habe sie begleitet und war begeistert, wie die Kinder mit ihr umgegangen sind. Alle waren so lieb, das hätte sich auch anders entwickeln können“, sagt Kim.

Forderung nach mehr Schuljahren

Emma besucht eine Integrationsklasse, vier ihrer 21 Mitschüler haben eine Beeinträchtigung, davon hat ein Kind Pflegebedarf. Aus diesem Grund ist neben zwei Lehrerinnen immer eine medizinische Fachkraft anwesend. „Die Regelschulkinder lernen den Umgang mit Beeinträchtigungen und die Kinder mit Beeinträchtigung nivellieren sich nach oben. Für alle gelten die gleichen Regeln. Wir nennen das liebevolle Konsequenz“, sagt Direktor Martin Dumpelnik. Während beim Start der Integrationsklassen in der Volksschule 1 vor 30 Jahren bei den Eltern die Angst vorherrschte, ihre gesunden Kinder würden sich in diesem Umfeld nicht „gut genug“ entwickeln, entscheiden sich Eltern heute bewusst für diese Form.

Direktor Martin Dumpelnik
Direktor Martin Dumpelnik © Weichselbraun Helmuth

Kinder mit Behinderung dürfen in Österreich zehn Schuljahre absolvieren, zwei weitere Jahre müssen bewilligt werden. Da dies öfter abgelehnt wird, fordern betroffene Eltern und Behindertenverbände seit Jahren einen Rechtsanspruch auf zwölf Schuljahre. „Kinder mit Down-Syndrom können alles lernen, sie brauchen nur länger dafür“, sagt Kim.

Am Ende noch ein paar Fotos mit der Mama, professionell wie gewohnt, dann geht es für Emma an diesem Tag zurück in die Klasse. Schnellen Schrittes. Drinnen wartet die Jause.