„Guten Abend, Salam aleikum“. Die Begrüßung vor dem Eingang der Klagenfurter Messehalle 5 am Sonntagabend hört man hier nicht alle Tage, doch es ist ein herzliches Willkommen. Etwa 1000 Muslime und Interessierte sind gekommen, um gemeinsam „Iftar“, das Fastenbrechen im heiligen muslimischen Monat Ramadan, zu feiern. Es ist die größte derartige Veranstaltung im Bundesland, als Veranstalter fungiert die MJÖ (Muslimische Jugend Österreich) in Kärnten.

Monatelange Planung durch Ehrenamtliche

MJÖ-Landesvorsitzender Mario El Shamy ist stolz. „Wir laden seit über zehn Jahren zum größten Iftar Kärntens ein und versuchen, ein großes Zusammenkommen zwischen der muslimischen Community und der hiesigen Mehrheitsgesellschaft zu schaffen. Wir wollen einen Raum zum gemeinsamen Kennenlernen bieten. So ist dies hier ein Ort des Willkommens, des Zusammenkommens, der Begegnung.“ Monatelang haben Jugendliche den Iftar geplant, alle haben sich ehrenamtlich in den Dienst der Sache gestellt.

Eine von ihnen ist Heba (22). Sie kam selbst als Teilnehmerin mit ihren Eltern zu einem früheren Iftar, war begeistert und wollte selbst mitwirken – seither engagiert sie sich im Vorstand der MJÖ. Ihr gehe es nicht nur ums Fasten an sich, sondern darum, den Fokus auf die Seele zu legen, negative Eigenschaften abzulegen und sich neue positive anzueignen. Als Beispiel hierfür nennt sie etwa „Fasten, Teilen, Helfen“ – ein karitatives Projekt, bei dem Mitglieder der MJÖ jährlich Zeit mit Menschen in Seniorenheimen verbringen, für Bedürftige kochen oder Freizeitprogramme für Kinder gestalten.

Heba engagiert sich im Vorstand der MJÖ
Heba engagiert sich im Vorstand der MJÖ © Markus Traussnig

„Hürden überwinden, Dialog schaffen“

Einer, der auch ehrenamtlich bei der MJÖ mitarbeitet, ist Yussuf. Er kommt ursprünglich aus Frankfurt, lebt seit knapp vier Jahren in Klagenfurt. Auf den Iftar in der Messehalle ist er stolz: „Es ist besonders, weil so viele Leute aus verschiedenen Kulturen, Religionen und Nationen zusammenkommen und das im heiligen Monat Ramadan.“ So sei das interreligiöse Zusammenkommen toll, man lerne sich besser kennen und „das ist genug, um die Hürden zu überwinden und Dialog zu schaffen“. Am großen Gelände treffen wir auch Rabia (25). Für sie ist der große Iftar ein Fixpunkt im Jahreskalender. „Es geht mir ums Miteinander und ich möchte sehen, wie die anderen das Fastenbrechen begehen.“ Der Verzicht auf Getränke während des Tages ist für sie das Schwierigste, doch das sei reine Gewöhnungssache. Weil sie studiert, muss sie ihren Tagesablauf während des Ramadans ändern: „Man kann sich nicht so lange konzentrieren, daher verlege ich das Lernen jetzt auf die Zeit nach dem Iftar.“

Im oberen Stockwerk der Messehalle gibt es einen Unterhaltungsraum für Kinder, doch der Platz reicht kaum aus: „Das ist wirklich groß hier, doch durch diesen Andrang brauchen wir im kommenden Jahr mehr Platz für die vielen Kinder.“ Nur eine Minute entfernt werden Tee und Kaffee ausgeschenkt, bei der Theke gibt es Nachspeisen, wie etwa Baklava. Es ist dies einer von vielen Orten, wo man sich trifft und sich austauscht. Man hat das Gefühl, mitten auf einem Marktplatz zu stehen – es ist geschäftig, laut und trotzdem harmonisch.

„Reaktionen der Menschen sind die Belohnung“

Dort hinter der Theke stehen die Cousinen Noha (21) und Isma (21). Sie wurden in Ägypten geboren und sind in Klagenfurt aufgewachsen. Ihre Motivation hinter ihrer Hilfe: „Wir haben die Möglichkeit, anderen Menschen das Fastenbrechen zu ermöglichen, das fühlt sich schon sehr gut an“, erklären sie. So könne man sich gegenseitig unterstützen und das in einer Zeit, in der „Jugendliche oft auseinander gehen. Man soll die Zeit zusammen genießen und merken, dass man viele Menschen um sich hat.“ Die beiden haben selbst den ganzen Tag gefastet, blieben während des Vorbereitens der Süßigkeiten aber standhaft. „Die Reaktionen der Menschen sind die Belohnung dafür“, sagen sie und lächeln.

Noha und Isma wollen gemeinsam helfen
Noha und Isma wollen gemeinsam helfen © Markus Traussnig

„Nichtmuslime besonders willkommen“

Ihren Alltag anpassen muss auch Malika (37). Sie ist seit fast drei Jahrzehnten in Österreich, geboren wurde die mittlerweile in Villach wohnende Mutter in Marokko. Der Iftar in der Klagenfurter Messehalle hat es ihr angetan: „Hier kommen die deutsche Sprache, Integration und der islamische Teil zusammen, ich fühle mich sehr wohl.“ Nichtmuslime seien besonders willkommen, wie sie betont. Nicht umsonst hat sie in der Vergangenheit damit begonnen, Arbeitskolleginnen und -kollegen einzuladen. „Die Menschen sollen hierherkommen und sich eine Meinung bilden. Ich bin froh, wenn Menschen auf mich zugehen und nicht hinter meinem Rücken etwas sagen, das nicht stimmt“, erklärt Malika.

Das Fastenbrechen ist für die Musliminnen und Muslime etwas Besonderes und das möchten viele von ihnen mit Andersgläubigen teilen. So wird jeder, der als solcher hier herkommt, besonders herzlich empfangen. Einer von ihnen ist Daniel (26) aus Graz. Er kam hierher, weil eine Freundin ihn eingeladen hat. „Es ist sehr schön, gemeinsam mit Leuten aus unterschiedlichen Religionen hier zu sitzen, zu essen und mit ihnen die Zeit zu verbringen.“ Er habe nicht erwartet, hier so viele Nichtmuslime zu treffen: So viele Menschen auf einem Fleck und kein negatives, kein aggressives Wort fällt – das wird von vielen Seiten betont.

Iftar in Klagenfurt als „Segen“

Etwas ruhiger, weil räumlich weitläufiger, geht es in der großen Haupthalle zu. Auf der Bühne wird aus dem Koran zitiert, Sketches werden aufgeführt und es gibt ein gemeinsames Gebet – ein eindrucksvolles Bild, das man so in Klagenfurt zuvor kaum gesehen hat. Neben dem Beten ist beim Iftar das gemeinsame Essen, das Fastenbrechen, zentral. Die Gläubigen erklären einhellig, dass das Mahl ganz anders schmeckt, wenn man es sich durch das Fasten zuvor „verdient“ hat.

Das sieht auch Almir (21) aus St. Veit so. Er nennt den Iftar in Klagenfurt einen „Segen in der Zeit des Ramadans“. Bereits seit seinem 12. Lebensjahr ist er mit dabei. „Es ist besonders, dass sich so viele Muslime treffen“, erklärt er. Es sei ein unverzichtbarer Teil seiner Religion, dass man zu allen Menschen freundlich sein muss: „Wir möchten jedem ein Essen geben, uns mit ihnen treffen und einfach beisammen sein.“

„Ein ganz anderes Feeling hier“

Als Rückkehrerin kann Sarah (28) bezeichnet werden. Die Mutter war mehrere Jahre nicht beim Iftar in Klagenfurt, weil sie im Ausland war. „Ich freue mich, dass ich heute hier sein kann. Die Menschen hier waren schon immer wie eine Familie für mich“, gerät sie ins Schwärmen. Ob sie selbst während des Ramadans fastet? „Natürlich, das ist Nummer eins bei mir, das ist das Wichtigste.“ So führt sie ihre Kinder bereits ans Fasten während des heiligen Monats heran. Das familiäre Fastenbrechen in der Familie ist die Belohnung dafür, obwohl: Ganz vergleichen kann man das mit dem Iftar in der Messearena nicht: „Das ist noch einmal ein ganz anderes Feeling, wenn man hier in der großen Gemeinschaft ist.“

Sarah schätzt die große Gemeinschaft
Sarah schätzt die große Gemeinschaft © Markus Traussnig

Iftar im Stadion?

Eine große Gemeinschaft, die die Organisatoren ausbauen möchten. So sprechen viele Anwesenden vom Traum, in einigen Jahren noch viel größere Räumlichkeiten anmieten zu „müssen“ – insbesondere andere Nichtmuslime möchte man noch stärker zu sich einladen. MJÖ-Landesvorsitzender El Shamy: „Vor 15 Jahren haben wir gesagt, dass wir 1000 Leute haben wollen. Vielleicht können wir in zehn Jahren ja im Stadion oder am Neuen Platz feiern. Jeder könnte hier dann vorbeikommen.“