Zumindest an royalem Glanz dürfte es nicht fehlen, wenn am Sonntag die 26. UN-Weltklimakonferenz in Glasgow startet. Zwar musste Queen Elisabeth IIihre geplante Teilnahme aus gesundheitlichen Gründen absagen, doch Thronfolger Charles und Camilla werden ebenso nach Schottland anreisen wie auch Prinz William und Herzogin Kate. Eine symbolische Geste, die jedoch nicht über den gewaltigen Verzug hinwegtäuschen kann, in den die Welt im Kampf gegen die Erwärmung geraten ist.

Sechs Jahre sind seit den entscheidenden Beschlüssen von Paris vergangen. Bei der damaligen 21. Weltklimakonferenz hatten sich die 195 Teilnehmerstaaten dazu verpflichtet, den globalen Hitzetrend im Vergleich zu vorindustriellem Niveau auf weniger als 2 Grad und wenn möglich auf nicht mehr als 1,5 Grad Celsius einzubremsen. Für diesen gemeinsamen Kraftakt sollten alle Staaten nationale Klimaziele vorlegen und bis zum Vorjahr entsprechend nachschärfen.

Pandemie wirkte nur kurz

Tatsache ist, dass die globalen Emissionen seither weiter angestiegen sind. Einzig die Coronakrise brachte im Vorjahr eine zwischenzeitliche Entlastung, deren Effekt laut Klimaforschern aber bereits vollständig verpufft ist. Ansonsten hatte die Gesundheitskrise für den Kampf gegen die steigende Hitze primär nachteilige Auswirkungen. Nach den Minimalbeschlüssen des letzten Klimagipfels 2019 in Madrid fiel das Treffen im Vorjahr pandemiebedingt ins Wasser. In der Folge verzichteten die meisten Staaten darauf, wie versprochen ihre Klimaziele nachzuschärfen – rund 50 Staaten haben es bis heute nicht getan.

Grafik: Jonas Pregartner

Kurz vor Beginn der zwei Wochen dauernden 26. Konferenz, zu der 20.000 Teilnehmer erwartet werden, klafft laut UNO immer noch eine große Lücke zwischen den Pariser Vereinbarungen und der Summe der nationalen Zusagen. Bleibt es dabei, dürften die globalen Treibhausgasemissionen im laufenden Jahrzehnt weiter ansteigen. Um das 1,5-Grad-Ziel nicht zu verfehlen, müssten sie nach den Berechnungen des Weltklimarats IPCC bis 2030 aber um fast die Hälfte sinken. Auch das 2-Grad-Ziel bleibt nur realistisch, wenn die Emissionen bis 2030 um 25 bis 30 Prozent zurückgehen.

Die bisher vorliegenden Ziele dürften dagegen laut IPCC bis Ende des Jahrhunderts zu einer Erwärmung von 2,7 Grad Celsius führen, mit kaum kalkulierbaren Folgen. Eines der zentralen Vorhaben in Glasgow ist es deshalb, den Staaten weitere Nachschärfungen abzuringen. Ein schwieriges Unterfangen, zumal entscheidende Spieler wie Indien bereits wissen haben lassen, von der Idee einer Klimaneutralität wenig zu halten. Andere Staaten wie Australien weigern sich beharrlich, die Reduktionsziele bis 2030 zu verschärfen, Russland und Saudi Arabien wollen das 1,5-Grad-Ziel überhaupt nicht mehr anerkennen. Viel wird vom Verhalten Chinas abhängen, das allein 28 Prozent der globalen Emissionen verantwortet. Beobachter befürchten, Peking könnte Klimazusagen im Handelsstreit mit dem ebenfalls anreisenden US-Präsidenten Joe Biden als Faustpfand einsetzen.

Grafik: Jonas Pregartner

Doch selbst wenn es weitere Zusagen gibt, ist das noch nicht einmal die halbe Miete. Denn bislang handeln die wenigsten Staaten den eigenen Zielen entsprechend. So hat das UN-Umweltprogramm UNEP jüngst errechnet, dass die Unterzeichnerstaaten des Pariser Abkommens in diesem Jahrzehnt mehr als doppelt so viel Öl, Kohle und Gas fördern wollen, wie mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar wäre. Selbst für das 2-Grad-Ziel sei die Fördermenge um fast die Hälfte zu hoch.

Umstrittenes Regelwerk

Ebenfalls Einigungsbedarf herrscht in Bezug auf die Regeln, nach denen das Pariser Abkommen umgesetzt werden soll. Offen ist unter anderem der komplexe, aber entscheidende Punkt, wie ein Emissionshandel zwischen den Staaten aussehen könnte ohne Schlupflöcher offen zu lassen. In Madrid hatten sich die Staaten 2019 nicht über die Ausgestaltung des entsprechenden Artikel 6 des Pariser Regelbuchs geeinigt und den Beschluss deshalb vertagt.

Grafik: Jonas Pregartner

Im Verzug sind die Industrieländer auch in Sachen Finanzierung. Vor elf Jahren sagten sie zu, bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar an Hilfen locker zu machen, um Entwicklungsländern bei der Bekämpfung des Klimawandels zu helfen. Bislang sind erst 80 Prozent der Summe sichergestellt. Die Lücke könne wohl erst 2023 geschlossen werden, wie Regierungsvertreter von Deutschland, Großbritannien und Kanada diese Woche mitteilten.