Wie schnell sich derzeit die Omikron-Variante des Coronavirus ausbreitet, zeigt das Beispiel der USA, wo aktuell bereits über 70 Prozent der Fälle auf Omikron zurückzuführen sind. In Österreich klingen die Zahlen dazu im Vergleich noch relativ harmlos. Es gibt bisher knapp 300 bestätigte Fälle oder Verdachtsfälle der Omikron-Variante.

Die tatsächlichen Zahlen dürften jedoch weitaus höher liegen, denn das System, mit dem Österreich nach Omikron sucht – Stichwort Sequenzierung –, ist zu langsam und zu lückenhaft. Wenn Dänemark derzeit Omikron-Zahlen bekannt gibt, sind sie hochaktuell und genau. "Von solchen Standards ist Österreich Lichtjahre entfernt", sagt Sequenzierungsexperte Ulrich Elling von der Akademie der Wissenschaften, der für rund 80 Prozent der Sequenzierungen in Österreich verantwortlich ist, im Ö1-Morgenjournal am Dienstag.

"Blicken in den Rückspiegel, während wir Vollgas vorausfahren"

"In Ländern wie Dänemark wird annähernd jede Probe, die positiv ist, innerhalb von wenigen Tagen sequenziert. Die Proben, die wir bekommen, sind relativ sporadisch und zusätzlich typischerweise noch mehrere Wochen alt", erklärt der Molekularbiologe. "Wir blicken in den Rückspielen, und zwar ziemlich weit zurück, während wir Vollgas vorausfahren".

In Österreich wird zwar weltmeisterlich viel getestet, aber es werden vergleichsweise zu wenige Sequenzierungen durchgeführt, um festzustellen, um welche Virusvariante es sich handelt. Zudem gibt es zu wenige mutationsspezifische PCR-Analysen – sogenannte Virusvarianten-Vortests. Das könnte mit ein Grund sein, warum das kleinere Dänemark derzeit von 14.700 Omikron-Verdachtsfällen ausgeht und die Ages in Österreich von nur knapp 300 Fällen und Verdachtsfällen.

Von der Ages erhofft sich Elling zumindest möglichst rasch ein strukturiertes Logistik-System für Stichproben-Sequenzierungen, "um bei diesen Stichproben die Daten miteinander verschränken zu können – über das Alter der Patienten, den Impfstatus und die Frage, wie schwer die Verläufe sind". Damit könne man sofort einschätzen, ob man sich bei neuen Varianten Sorgen machen müsse. Derzeit könne man in Europa nur aus den dänischen und den britischen Daten auf die Gefährlichkeit von Omikron schließen.