Kommt jetzt das Ende der Hausübungen, wie viele Medien schon spekulieren? Das wohl nicht – dennoch bleibt kein Stein auf dem anderen. Hintergrund: Jane Lunnon, Direktorin der renommierten Londoner Privatschule Alleyn's (mit einer jährlichen Schulgebühr von 25.000 Euro) machte sich öffentlich Gedanken darüber, wie man künftig mit den Herausforderungen und Chancen, die die Künstliche Intelligenz ChatGPT im Bildungsbereich mit sich bringt, umgehen sollte (siehe Factbox).

Verbot als Lösung?

Lunnon betonte, dass es bei guter Erziehung niemals um die Bereitstellung schneller und einfacher Lösungen ginge. Zwar könne ChatGPT auf eine massive Datenmenge zurückgreifen, echtes Denken aber beherrsche es nicht. Auch wisse es nicht, ob und wann es falsch liege. Trotzdem weist die Direktorin auch das Potenzial der Technologie nicht von der Hand. All das würde aber einen Paradigmenwechsel im Unterricht erfordern: "Ich vermute, dass wir in den kommenden Monaten und Jahren mehr 'umgedrehtes Lernen' erleben werden, da die diagnostische Bewertung (was hast du auf welchem Niveau verstanden) immer häufiger in den Unterricht einfließt und die Vorbereitung auf den Unterricht (lies das, nimm es auf, komm mit Fragen) in die Hausaufgaben einfließt."

Medizinaufnahmetest geschafft

Auch wenn die Fähigkeiten von ChatGPT begrenzt sind, ist verständlich, warum es für Schüler und Studenten so verführerisch ist. Die Schule ließ einen Englischlehrer mehrere Essays bewerten – einer von ihnen war von ChatGPT verfasst. Er kam auf 34 von 40 Punkten – ein solides Ergebnis für einen Aufgabe, die die Mittlere Reife (für etwa 16-Jährige) abprüft. Amerikanische Forscher ließen die Software einen US-Medizinaufnahmetest lösen. Das Ergebnis: Das Programm hat meistens bestanden oder war zumindest knapp daran. Die Forscher fassten zusammen, dass "große Sprachmodelle das Potenzial haben, bei der medizinischen Ausbildung und möglicherweise auch bei der klinischen Entscheidungsfindung zu helfen".

89 Prozent der Schüler nutzten ChatGPT für die Hausübungen

Der Jubel so mancher Schüler über das vermeintliche Ende von Hausaufgaben dürfte entgegen vieler Überschriften verfrüht sein. Wohl aber könnten Schulen noch länger brauchen, um sich auf die rasch wandelnden Rahmenbedingungen einzustellen. Ein Umstand, den Schüler freilich noch länger ausnutzen werden – und es bereits in großem Ausmaß tun. Der Plattform "study.com" gegenüber haben in einer Umfrage 89 Prozent der Schüler zugegeben, den Chatbot schon bei Hausübungen verwendet zu haben. 53 Prozent haben ihn sogar schon einen Essay schreiben lassen. Überraschenderweise sind Studenten überwiegend (72 Prozent) der Meinung, dass ChatGPT auf Uni-Netzwerken gesperrt werden sollte. 82 Prozent ihrer Professoren kennen ChatGPT, unter ihnen sind 72 Prozent besorgt darüber, dass es zum Schummeln genutzt werden könne.

Fest steht, Künstliche Intelligenz ist gekommen, um zu bleiben. Wie Schulen und Unis mit ihr umgehen sollten, wird sie aber nicht beantworten können. Oder doch? Fragen wir sie:

Das antwortet ChatGPT auf die Frage, wie Schulen mit ihm umgehen sollten
Das antwortet ChatGPT auf die Frage, wie Schulen mit ihm umgehen sollten © kk