Mit dem Ruf nach schnellem und konsequentem Klimaschutz haben sich tausende junge Aktivisten am Rande der Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow Gehör verschafft. "Es ist kein Geheimnis, dass die COP26 ein Misserfolg ist", sagte die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg am Freitag. Die Veranstaltung sei ein "zweiwöchiges Fest des 'business as usual' und 'bla bla'". Die Teilnehmer der von Fridays for Future organisierten Demonstration forderten Taten statt Worte.

Fridays for Future in den Straßen von Glasgow
Fridays for Future in den Straßen von Glasgow © AP

Auf diesem UN-Klimagipfel erleben wir wieder einmal Politiker, die große Worte und große Versprechungen machen", sagte auch Mitzi Jonelle Tan von den Philippinen am sogenannten Jugendtag der COP26. Nötig seien eine drastische Verringerung der CO2-Emissionen sowie Entschädigungen des Nordens an den Süden für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und für die Bewältigung von Verlusten und Schäden. "Wir müssen der Industrie mit fossilen Energien ein Ende bereiten."

Die kenianische Aktivistin Elizabeth Wathuti rief besonders die reicheren Länder auf, "ihrer historischen Verantwortung" gerecht zu werden. "Bisher haben sie das nicht getan." Umweltgruppen weisen immer wieder darauf hin, dass insbesondere die Regierungen reicher Staaten ihre Klimaversprechen in der Vergangenheit häufig nicht gehalten hätten.

Greta mittendrin
Greta mittendrin © AP

"Ich hoffe, dass der heutige Tag etwas verändern wird", sagte die neunjährige Zara, die gemeinsam mit ihrer Mutter an der Demonstration teilnahm. "Ich hoffe, dass mehr Bäume gepflanzt werden. Und dass es mehr Tiere gibt. Ich glaube, dass jeder einzelne einen Beitrag leisten kann."

Auf Plakaten waren Slogans wie "Fossile Brennstoffe haben keine Zukunft" oder "Verteidigt die Zukunft" zu lesen. "Der Klimawandel ist schlimmer als Hausaufgaben", hieß es auf einem weiteren Plakat. In Schottland hatten einige Schulen ihre Schüler vom Unterricht freigestellt, um ihnen die Teilnahme an der Demonstration zu ermöglichen. Eine riesige Demonstration war auch am Samstag in Glasgow geplant.

Die neuseeländische Regierungschefin Jacinda Ardern nannte Glasgow "entscheidend" für den Kampf gegen die globale Erwärmung. Im Interview räumte sie ein, dass die Welt derzeit den Preis für Jahrzehnte des Aufschiebens zahle.

Morgen gibt es eine weitere Demo in Glasgow
Morgen gibt es eine weitere Demo in Glasgow © AP

Nakate und Rapper Loki

Morgen folgt gleich die nächste Demonstration in Glasgow, die nach den Erwartungen der Organisatoren sogar mehr als 100.000 Menschen anlocken soll. Auch hier reden Thunberg, Nakate und der schottische Rapper Loki. Mit dabei sind auch unter anderem Landwirte, Gewerkschaften, religiöse Gruppen, antirassistische Aktivisten, indigene Gruppen und lokale Gemeindegruppen, wie es hieß. Der Protest ist Teil eines globalen Aktionstags, der nach Schätzungen der Organisatoren Hunderttausende in mehr als 200 Städten weltweit auf die Straße bringen wird.

Die Demonstranten wurden von Dutzenden Polizisten eskortiert
Die Demonstranten wurden von Dutzenden Polizisten eskortiert © AFP
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Squid Game mit dem Planeten

Bereits in den vergangenen Tagen gab es rund um das Konferenzgelände in Glasgow viel kreativen Protest: So demonstrierten Aktivisten der Gruppe Ocean Rebellion am Donnerstag als überlebensgroße, blutige Fische gegen die Verschmutzung der Weltmeere, während riesige Pokémon-Figuren ein schnelles Ende der Kohleverstromung in Japan forderten. Zuvor hatten sich einige Demonstranten bereits als Boris Johnson, Wladimir Putin, Angela Merkel und andere Staatenlenker verkleidet, die im Stil der Netflix-Serie "Squid Game" ein tödliches Spiel mit dem Planeten spielten.

Auch Greta Thunberg hat bereits an mehreren Protesten und Veranstaltungen während des Gipfels teilgenommen und sich wiederholt kritisch geäußert, dass Stimmen aus dem besonders vom Klimawandel betroffenen globalen Süden zu wenig gehört würden. "Das ist keine Klimakonferenz mehr", twitterte sie am Donnerstag. "Das ist ein Greenwashing-Festival des globalen Nordens." Durch den unterschiedlichen Zugang zu Corona-Impfstoffen sowie Reisebeschränkungen und Visaregeln war vielen Interessierten eine Reise nach Glasgow unmöglich.

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Die COP26 läuft bis 12. November. Vertreter von 197 Nationen verhandeln in Glasgow über die weitere Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015. Das Abkommen sieht die Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, idealerweise 1,5 Grad, im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter vor. Experten und die UNO warnen aber, dass die Erde derzeit auf eine Erwärmung von 2,7 Grad in diesem Jahrhundert zusteuert.

Am Donnerstag hatten rund 20 Länder, darunter die USA und Kanada, das Ende der Finanzierung fossiler Brennstoffe im Ausland bis Ende 2022 angekündigt. Mehr als 40 Länder verpflichteten sich, grundsätzlich aus fossilen Brennstoffen auszusteigen, allerdings blieben Einzelheiten und Zeitplan hier vage.

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