Seit der Ankündigung, dass die SPÖ keinen Regierungsgesetzen mehr zustimmen wird, so lange ÖVP und Grüne nicht auf ihre Vorschläge zur Bekämpfung der Teuerung eingehen, herrscht Eiszeit zwischen der Regierung und der größten Oppositionspartei. "Uns den Schwarzen Peter zuzuschieben, das zieht nicht", sagte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Montag. Die SPÖ werde ihren Druck zugunsten der Bevölkerung nutzen.

"Nach einem Misstrauensantrag an die gesamte Regierung werden wir nicht leichtfertig unsere Stimmen verschenken", erklärt der stellvertretende SPÖ-Klubobmann, Jörg Leichtfried das Vorgehen. Die Grüne Kluobfrau Sigrid Maurer und ihr ÖVP-Kollege, August Wöginger, zeigen sich entsetzt und appellieren an die "konstruktiven Kräfte" in der Partei.

Als Mehrheitsbeschaffer für Gesetze, die im Parlament eine Zweidrittelmehrheit brauchen, will die SPÖ dieser Regierung jedenfalls nicht mehr zur Verfügung stehen. Man könne sich dazu ja an die FPÖ wenden, kommentierte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner süffisant auf Twitter.

Dafür zeigt sich die FPÖ gegenüber Verhandlungen zu Zwei-Drittel-Materien offen. Die stellvertretende Klubobfrau Dagmar Belakowitsch meinte im Ö1-Mittagsjournal, für die FPÖ sei Oppositionsarbeit Sacharbeit. Bei Themen, wo man überzeugt sei, dass sie gut seien für die Bevölkerung, seien die Freiheitlichen natürlich bereit zu verhandeln.

Ein Überblick, welche anstehenden Gesetze davon betroffen sind:

Energieeffizienzgesetz

Seit 2020 ist Österreich säumig, in einem Gesetz festzuschreiben, dass Maßnahmen um Energie einzusparen festschreibt. Ein Vertragsverletzungsverfahren bei der EU ist anhängig, es droht eine Strafzahlung in Millionenhöhe. Vergangene Woche haben sich Abgeordnete von ÖVP und Grünen im Wirtschaftsausschuss endlich darauf geeinigt, der Regierungsvorlage vom Februar zuzustimmen. Die SPÖ, mit der lange um einen Kompromiss verhandelt wurde, verweigerte die Zustimmung. Um vom Nationalrat beschlossen zu werden, bräuchte es aber auch die Stimmen der SPÖ oder FPÖ.

Erneuerbaren-Wärme-Gesetz

Ein weiteres Gesetz für den Klimaschutz, das auf einen Beschluss wartet, ist das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz. Es regelt unter anderem das Verbot von Gasheizungen im Neubau, der schon im Regierungsprogramm für 2025 veranschlagt war und nach Beginn des Ukraine-Krieges vorgezogen werden sollte. Den Ministerrat passierte das Gesetz im November. Dass es noch nicht im Parlament beschlossen wurde, liegt aber nicht nur an der SPÖ: Auch der Wirtschaftsflügel der ÖVP will Details nachverhandeln. Wenn sich ÖVP und Grüne einigen (was schwer genug ist), bräuchten sie die SPÖ oder die FPÖ für eine Zweidrittelmehrheit.

Informationsfreiheitsgesetz

Ein weiteres großes Regierungsvorhaben, das Informationsfreiheitsgesetz mit der Abschaffung des Amtsgeheimnisses, droht mit der Frontalopposition der SPÖ zu platzen. Seit Jahren wird daran gearbeitet, ein erster Entwurf war nie beschlussreif, weil es Einspruch, etwa von Ländern und Gemeinden gab. Bis Juni, hat Verfassungsministerin Karoline Edtstadler versprochen, soll ein weiterer Entwurf fertig sein, der beschlossen werden kann. Dafür bräuchte es allerdings eine Zweidrittelmehrheit.

Justizreform

Die Spitze der Staatsanwaltschaften entpolitisieren, Kosten für eingestellte Verfahren und Freigesprochene ersetzen, Beschuldigtenrechte stärken, Vorverurteilungen einschränken und Verfahren beschleunigen: Das hat sich die Regierung vorgenommen und dazu eine große Justizreform und die Schaffung eines Bundesstaatsanwaltes angekündigt. Über die genaue Ausgestaltung ist man sich aber innerhalb der Koalition uneins. Gestritten wird auch darüber, ob es Journalisten verboten werden soll, aus Ermittlungsakten zu zitieren und Staatsanwaltschaften das Auswerten von Handys erschweren. Die ÖVP will beides, für die Grünen sind das rote Linien. Selbst wenn es gelingt, die innerkoalitionären Konflikte zu lösen, wäre man für den Beschluss auf Stimmen der SPÖ oder FPÖ angewiesen.

Seltene Einigkeit in der SPÖ

Immerhin innerhalb der SPÖ herrscht Einigkeit, dass die Frontalopposition der richtige Weg ist: Auch Burgenlands Landeshauptmann Doskozil unterstützt diese Entscheidung.

Ein seltener Moment, denn rund um die Mitgliederbefragung eskalierte am Wochenende erneut ein Konflikt: Jene Kommission, die die Mitgliederbefragung über Parteivorsitz und Spitzenkandidatur abwickelt, hat zuletzt per Umlaufbeschluss strengere Kontrollen beschlossen. Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch hielt das für nicht statutenkonform, was die Kommissionsvorsitzende Michaela Grubesa wiederum verärgerte. Sie forderte Deutsch am Sonntag auf, die Arbeit der Kommission nicht zu stören. Am Montag legte die SPÖ-Bundesgeschäftsführung dann ein Gutachten vor, wonach der Wunsch der Wahlkommission nach erweiterten Prüf-Möglichkeiten zum Teil die Anonymität des Verfahrens gefährden würde.

Rendi-Wagner will den Streit zwischen Deutsch und Grubesa "nicht bewerten". Sie verwies darauf, dass das eigentliche Thema dieser Zeit sei, dass die Regierung seit Monaten nichts gegen die Teuerung tue.