Dass ein Unternehmen mit Sitz in Premstätten bei Graz einmal das deutlich größere traditionsreiche deutsche Industrieflaggschiff Osram mit Hauptsitz in München übernehmen würde, schien noch vor wenigen Monaten undenkbar. Lange wurden die Avancen des steirischen Chip- und Sensorspezialisten nicht ganz ernst genommen, bisweilen auch belächelt. Seit Freitagabend ist es nun aber fix: Die ams AG wird Osram - trotz aller vergangenen Widerstände - übernehmen.

Das sorgt in Deutschland für ein gehöriges mediales Echo. "Osram wird österreichisch", so etwa der Titel einer analytischen Geschichte in der Süddeutschen Zeitung, in der auch der "sehr komplizierte Übernahmekampf" nachgezeichnet wird, der letztlich auch noch in einen "nervenzerreibenden Finanzkrimi um eine der großen deutschen Industrieikonen" gemündet sei. Das hatte damit zu tun, dass im Finale der Übernahmeschlacht immer mehr Hedgefonds bei Osram eingekauft hatten und das ams-Management auf den letzten Metern noch in London und New York mit deren Vertretern verhandeln musste. "Sie spekulierten darauf, ihre Anteile nach einer erfolgreichen Übernahme für weitaus mehr als die derzeit angebotenen 41 Euro pro Aktie an AMS weiterverkaufen zu können. Denn AMS braucht, um einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abschließen oder Osram komplett übernehmen zu können, nicht nur 55, sondern mindestens 75 Prozent der Aktien", heißt es in der Analyse der Süddeutschen.

Die Zeitung gibt auch zu bedenken "So oder so: Die Arbeitnehmervertreter in München sind wegen der hohen Verschuldung des neuen Eigentümers alarmiert. Je höher die Schulden, desto höher könnte am Ende die Bereitschaft sein, Osram in einzelne Teile zu zerschlagen und Geschäftsbereiche wie das Digitalgeschäft komplett abzustoßen." Die IG Metall werde sich daher "genau anschauen, wie es in den kommenden Monaten weitergeht". Klar sei: "Nach der Übernahmeschlacht am Aktienmarkt kommt nun die Zeit der konkreten Pläne. Und die wird alles andere als einfach."

"Osram und AMS müssen sich endlich zusammenraufen"

Auch das Handelsblatt hat sich intensiv mit dem Coup der Steirer beschäftigt. Tenor: "Die Vorbehalte gegenüber dem kleineren Bieter aus Österreich waren bei Osram groß. Doch ein Zusammenschluss könnte beiden Seiten helfen." Dennoch, so wird es kommentiert, werden in München, die Champagner-Korken nicht geknallt haben, als AMS am Freitagabend verkündete, die notwendige Mehrheit von 55 Prozent der Aktien eingesammelt zu haben. Zu groß sind bei manchen noch die Vorbehalte gegenüber den Emporkömmlingen aus Österreich. Zudem fürchten einige, dass der hohe Kaufpreis den neuen Konzern stark belasten wird." So heißt es weiter "Doch die Schlachten sind nun geschlagen, die Aktionäre haben entschieden: Die kleinere AMS übernimmt den Traditionskonzern Osram. Nun müssen sich die beiden Unternehmen zusammenraufen. Denn der Zusammenschluss kann für beide Konzerne eine Chance sein, wenn er gelingt."

"Nicht unschlüssig, aber jetzt muss AMS liefern"

"Der Wirtschaftskrimi ist entschieden", heißt es in einem Kommentar der Augsburger Allgemeinen Zeitung. Der Tenor: "Die Übernahme aber erscheint als riskantes Unterfangen – eine Wette auf die Zukunft, die auf Biegen und Brechen gelingen muss. AMS ist bereits heute hoch verschuldet, die Osram-Übernahme kostet viel Geld. Einen Teil davon sollen die Aktionäre bereitstellen. Das Problem: Diese müssen der Kapitalerhöhung auch zustimmen. Was auf lange Sicht noch schwieriger sein dürfte: AMS ist deutlich kleiner als Osram. Die Integration beider Unternehmen scheint auf einen Kraftakt hinauszulaufen." Es wird aber auch betont: "Ganz unschlüssig ist die Übernahme sicher nicht: Osram und AMS beliefern zum Beispiel beide Auto- und Elektronikhersteller und sind in ähnlichen Bereichen aktiv. Es lassen sich zusammen Produkte entwickeln und den Kunden gemeinsam Lösungen anbieten. Diese Chance muss jetzt genutzt werden."