Bisher hatten wir die Situation: Eine Österreicherin oder ein Österreicher ist in Pension, es geht ihr oder ihm gut, aber mit 70 möchte sie oder er sich gern das Bad richten lassen – etwas bequemer zum Einsteigen, mit einer Duschkabine, die bodeneben ist. Das kostet einige Tausend Euro, für die zwar ein Kredit nötig ist, aber es gibt immerhin ein Haus, das der bank als Sicherheit dienen kann. Freilich können die Schulden nicht in fünf bis zehn Jahren zurückgezahlt werden, aber das sollte doch auch kein Problem sein, oder? Die Bank sagt dazu aber Nein, das gehe nicht, weil der Zeitrahmen zu lang gestreckt, oder die Raten zu hoch sind. Anders gesagt: "Ein alter Mensch konnte seine Lebensumgebung bisher nicht so gut auf sich abstimmen, wenn er einen Kredit dazu benötigt", bringt es der VKI-Finanzexperte Bernd Lausegger auf den Punkt.

Vermögenswerte zur Absicherung

Ab 1. Mai 2023 müssen Banken bei der Kreditvergabe nicht mehr in erster Linie auf die statistische Lebenserwartung ihrer Kundinnen und Kunden abstellen, sondern darauf, ob genug Sicherheiten vorhanden sind. Die neuen Regeln sehen vor, dass eine Kreditvergabe nun grundsätzlich möglich sein soll, sofern durch Vermögenswerte „eine hinreichende Gewähr für die Abdeckung des offenen (Rest-)Betrags“ sichergestellt sei, wie es im Gesetzestext heißt. Gleichzeitig muss es wahrscheinlich sein, dass die Kunden zu Lebzeiten den laufenden Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag nachkommen können.

Kreditvertrag wird vererbt

Für die Erben gilt, dass sie die laufende Kredittilgung fortsetzen und so eine Verwertung vermeiden können. Bislang wurde der Kredit im Todesfall automatisch fällig gestellt, was die Erben bisher zwang, einen Kredit für die Rückzahlung der Schulden aufzunehmen oder die Immobilie zu verkaufen. Jetzt wird der Kreditvertrag gewissermaßen vererbt.

Eine Möglichkeit für Banken, aber keine Pflicht

Die große Frage der Zukunft wird allerdings sein, wie das alles in der Praxis ankommt, wie Lausegger betont. Die neue Regelung impliziert ja nicht, dass eine Seniorin oder ein Senior ein Recht auf einen Kredit hat. Wenn eine Bank nun für sich beschließt, dass das nicht zu ihrem Geschäft passt, muss sie keine Kredite an Senioren vergeben. Lausegger: "Ein 30-Jähriger hat ja auch keinen Anspruch auf einen Kredit", fügt der Jurist hinzu.

Ein Massenphänomen ist die Nachfrage nach Krediten von älteren Personen aber ohnehin nicht. Entsprechend überschaubar war auch die Anzahl an Beschwerden von Bankkunden in diesem Bereich. "Dass Senioren keinen Kredit bekamen, war keinesfalls die Regel, aber es gab Härtefälle", berichtet der VKI-Experte.

Vier bis fünf Beschwerdeschreiben in sieben Monaten

Die Banken-Branche zeichnet ein ähnliches Bild. Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer, betont: "Ich sage es aus Überzeugung: Ältere Menschen sind von österreichischen Banken besonders wertgeschätzte Kundinnen und Kunden, weil dahinter jahrzehntelange Kundenbeziehungen stecken und es sich in der Regel um sehr verlässliche Kunden handelt." Bereits vor Corona habe man mit dem österreichischen Seniorenrat, der 2,3 Millionen Menschen vertritt, einen Beobachtungszeitpunkt von sieben Monaten vereinbart: In dieser Zeit seien insgesamt 15 Beschwerdeschreiben bei Banken eingetroffen, von denen vier bis fünf etwas mit der Kreditvergabe an Senioren zu tun gehabt hätten. "Alle Fälle hatten wir in ein bis zwei Tagen gelöst", sagt Rudorfer.