Minister Kocher wollte bei Teilzeit Sozialleistungen kürzen und löste damit Empörung aus. Ist die Analyse nicht zutreffend, dass zu viel Teilzeit das Sozialbudget belastet?

KORINNA SCHUMANN: Man kann alle Debatten führen, die Frage ist, ob man in der Form tun soll, wie es der Herr Bundesminister getan hat.

Das war nicht meine Frage.

Wir wissen, dass das viele Teilzeitkräfte nicht freiwillig machen. Es gilt, Rahmenbedingungen zu verbessern, damit Frauen die Chance haben, mehr zu arbeiten, wenn sie das wollen. 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Da geht es um Kinderbildung, um die Pflege, um die Arbeitsbedingungen. Da muss ich ansetzen, um den Teilzeitanteil bei Frauen zu verringern. Aber erhobener Zeigefinger und Bestrafung können nicht der richtige Weg sein.

Die Ansicht, dass mehr Menschen Vollzeit arbeiten sollen, teilen Sie?

Es ist ein Teil einer Erzählung. Aber ich kann mir auch überlegen, wie Menschen, die sehr reich sind, das Sozialbudget erhöhen können. Es gilt auf beiden Seiten zu schauen.

Die Richtwertmieten sollen im April angehoben werden. Sie verlangen, dass der Mietzins nicht steigen soll. Für welchen Zeitraum?

Das soll unbedingt bis 2026 ausgesetzt werden, weil das sonst die Inflation noch stärker anheizt. Und die Leute eh schon nicht mehr wissen, wie sie ihre Zahlungen machen sollen. Wir brauchen auch eine Leerstandsabgabe des Bundes, die greift, und befristete Mieten müssen abgeschafft werden. Jede zweite Wohnung, die ausgeschrieben wird, ist befristet – jede Neuausschreibung setzt eine Preisspirale nach oben in Gang.

Experten warnen, eine Aussetzung der Mieterhöhungen käme nur jenen zugute, die bereits eine Wohnung haben, und schadet denen, die eine suchen.

Die Miete ist einer der Preistreiber, die es den Menschen immer schwieriger macht, ihr Leben zu bestreiten. Da muss jetzt gehandelt werden. Das Ganze muss einhergehen mit dem Ausbau des sozialen Wohnbaus.

Viele Arbeitnehmer haben die Inflation durch die Lohnabschlüsse abgegolten bekommen. Inkludiert das nicht auch höhere Miete?

Wir brauchen nicht zu theoretisieren, die Menschen brauchen flächendeckende Entlastung.

Dass es schwerer fällt, dann überhaupt Wohnungen zu bekommen, besorgt Sie nicht?

Dafür bräuchte es die Leerstandsabgabe, ein Gesamtpaket.

Sie sagen, die Regierung tue zu wenig im Kampf gegen die Inflation. Sind mehr als 30 Milliarden Euro zu wenig?

Die Summen sind sehr hoch, die Frage ist, wie sie wirken. Es fehlen inflationsdämpfende Maßnahmen. Wir sagen, es wäre klüger, eine Gaspreisbremse zu machen und die Mehrwertsteuer auf Güter des täglichen Bedarfs auszusetzen.

Aber finanzieren sich die Menschen etwa die Strompreisbremse nicht selbst?

Die ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht.

Würde man die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel senken, wäre doch die Gefahr groß, dass das gar nicht ankommt.

Daher braucht es die geforderte Antiteuerungskommission mit echten Zähnen, um zu verhindern, dass sich jemand ein Körberlgeld holt.

Um Lücken am Arbeitsmarkt aufzufüllen, wollen Arbeitgebervertreter die Pensionsbeiträge für Menschen in Pension abschaffen, die weiterarbeiten. Was halten Sie davon?

Wir halten es nicht für sinnvoll, Begünstigungen zu schaffen, die auch eine Konkurrenzierung der jungen Arbeitskräfte mit sich bringen. Außerdem geht es ja auch um die Finanzierung sozialstaatlicher Leistungen, die damit ausgehebelt würde.

Ist es überhaupt ein Ziel, dass Leute in Pension weiterarbeiten?

Das ist sicher kein Massenphänomen. Wenn Menschen in Pension gehen, haben sie meistens ein langes, oft ein beschwerliches Arbeitsleben hinter sich.

Sie plädieren dafür, dass die Firmen die Löhne transparent machen, um die Einkommensschere schneller zu schließen.

Die Arbeitnehmerin muss wissen, was die Person neben ihr, die den gleichen Job macht, verdient. Es braucht Sanktionen und eine bessere Lesbarkeit der Einkommensberichte. Die Grenze, ab denen sie erstellt werden müssen, muss sinken.

Sie stellen sich im April der Wiederwahl als Frauenvorsitzende des ÖGB. Erwarten Sie Gegenkandidatinnen?

Das ist eine demokratische Wahl. Aber jetzt ist davon auszugehen, dass ich als Kandidatin alleine antrete.

Und beim Bundeskongress im Sommer wird Wolfgang Katzian wohl der einzige Kandidat sein?

Ja.