So viel Geld hat die Bundesregierung bisher noch nie mit einem Schlag gegen die Energiekrise locker gemacht: Der Wirtschaft soll über Energiekostenzuschüsse mit bis zu neun Milliarden Euro unter die Arme gegriffen werden. Wirtschaftsminister Martin Kocher will damit den Standort Österreich für Unternehmen wettbewerbsfähig halten. Gleichzeitig wird ein neues Energieeffizienzgesetz auf den Weg gebracht, das erstmals ein klares Einsparziel vorgibt. Österreichs gesamter Energieverbrauch soll bis 2030 um ein Fünftel sinken.

Insofern ist das österreichische Paket auch eine Art "Doppelwumms", wie Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz seinen europäischen Alleingang betitelt hatte. Hierzulande bedauert Wirtschaftsminister Kocher, dass Österreichs Vorschlag zur Entkoppelung der Gas- und Strompreise in der EU kein Gehör gefunden hatte und man jetzt nachziehen muss. Binnen zwei Wochen akkordierte er sich mit Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), um eine möglichst treffsichere Antwort aufzulegen. "Die Regelung zeigt, dass wir sehr rasch ein großes Paket vorlegen konnten. Das ist keine alltägliche Maßnahme, aber eine, die notwendig ist, wenn wir Beschäftigung sichern wollen", so Kocher bei der Präsentation am Donnerstag im Bundeskanzleramt.

Hilfen in offener Milliardenhöhe

Die konkrete Höhe der Hilfen kann der Minister aus verschiedenen Gründen nicht nennen. Der wichtigste Grund: Wie sich die Strom- und Gaspreise tatsächlich entwickeln werden, ist derzeit einfach noch nicht klar. "Wir gehen von einem Betrag im mittleren bis hohen einstelligen Milliardenbereich aus, aber niemand kann wissen, wie hoch die Preise sein werden und wie sehr die Hilfen in Anspruch genommen werden." Wenn es um mehr als sechs Milliarden Euro geht, muss das Geld möglicherweise über einen Nachtragshaushalt aufgestellt werden.

Der Wirtschaftsminister erwartet eine hohe Treffsicherheit. Die Hürden sind weniger hoch als beim Energiekostenzuschuss 1 – wo sie jetzt übrigens sinken –, allerdings greifen auch relativ rasch Standortgarantien, die Betriebe im Gegenzug abgeben müssen. Große Unternehmen können bis zu 150 Millionen Euro Unterstützung bekommen, dürfen aber nicht besser als vorher verdienen, keine Boni zahlen oder auch Dividenden ausschütten.

Bis 2030 ein Fünftel weniger Energie

Mit dem Energieeffizienzgesetz nimmt die Regierung nach langen Verzögerungen jetzt den ultimativen Anlauf, um einen exekutierbaren Rahmen für drastische Einsparungen aufzustellen. Das Einsparungsziel von einem Fünftel bis 2030 betrifft den gesamtösterreichischen Verbrauch. Allerdings braucht die Regierung im Parlament eine Zwei-Drittel-Mehrheit, um es auch durchzubringen.

Von der EU-Kommission läuft längst ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich, weil das Land säumig bisher war, entsprechende EU-Vorgaben umzusetzen. "Ich hoffe, dass das Gesetz für das Verfahren einen positiven Einfluss hat", so Gewessler. Sie stehe hier in engem Kontakt mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Gewessler hatte wegen der Verzögerung auch bei Klimaschützern immer wieder herbe Kritik abkassieren müssen.

Die Energieministerin verbindet das Gesetz ebenfalls mit Unternehmensförderungen. Jährlich sind 190 Millionen Euro an Investitionsbeihilfen für Energieeffizienzmaßnahmen vorgesehen. Ein krasses Missverhältnis zwischen diesen Förderungen und den Milliardenhilfen ihres Amtskollegen Kocher sieht sie nicht: "Wir unterstützen so, dass überall das Preissignal als größter Hebel für mehr Energieeffizienz bleibt. Energiesparende Maßnahmen rechnen sich schneller als je zuvor."