Ein Jahr nach dem ersten Lockdown zeigen sich die Auswirkungen der Krise deutlich. Für 15,2 Prozent der österreichischen Haushalte besteht das Risiko, in die Armut abzurutschen. Das zeigt eine Untersuchung des wirtschaftsliberalen Think-Tank Agenda Austria. Vor der Corona-Krise lag dieser Wert bei 14,8 Prozent. Doch was die Zahlen auch zeigen: Der Sozialstaat konnte die Folgen der Krise deutlich abschwächen. Ohne staatliche Unterstützung wäre dieser Wert auf 17 Prozent gestiegen.

Während bei mittleren Einkommen vor allem die Kurzarbeit die Situation der Haushalte stabilisieren konnte, waren es bei den unteren Einkommen die Einmalzahlungen an Familien und Arbeitslose, die besonders gut gewirkt haben. Das hat sogar dazu geführt, dass die Ungleichheit - also der Unterschied zwischen Arm und Reich - sogar leicht zurückgegangen ist. "Ohne die Sondermaßnahmen wäre die Ungleichheit durch die Krise hingegen gestiegen", sagt Agenda-Austria-Forscher Hanno Lorenz. Insgesamt ist das verfügbare Einkommen im Schnitt "nur" um ein Prozent gefallen. Lorenz fürchtet aber, dass sich die Situation umkehren könnte, wenn heuer die Hilfszahlungen zurückgefahren werden.

Hilfe mit Verzögerung

Soziale Hilfsorganisationen zeichnen freilich ein anderes Bild. Die Zahl der Hilfesuchenden ist im Vorjahr deutlich gestiegen. Diese Diskrepanz zu den Erhebungen der Agenda Austria erklärt Studienautor Denes Kucsera mit der zeitlichen Verzögerung. "Vor allem die Einmalzahlungen an Arbeitslose und Familien wurden ja erst nach dem Lockdown ausgezahlt. In der aktuellen Krisensituation gab es daher schon eine Notsituation."

Um die Armut weiter zu bekämpfen, empfiehlt die Agenda Austria Investitionen in den Arbeitsmarkt. So sollten Unternehmen, die neue Mitarbeiter einstellen die Lohnnebenkosten bis Ende 2022 erlassen werden. Das würde neue Jobs schaffen "und es ist besser Jobs zu fördern, als die Arbeitslosigkeit", sagt Lorenz. Ein zweiter Hebel sei die Weiterbildung von Arbeitslosen. Hier sollte darauf geachtet werden, dass die Umschulungen zielgerichtet sind und die Menschen danach eine hohe Chance haben, einen Job zu finden.

Erholung bis 2023

Wenn all die Maßnahmen greifen und die Wirtschaft sich rasch erholt, werde es dennoch bis 2023 dauern, bis der Arbeitsmarkt wieder das Vorkrisen-Niveau erreicht hat. "Das war auch schon problematisch." Vor allem die strukturellen Probleme, wie die geringe Mobilität am Arbeitsmarkt und der Mangel in manchen Berufen, werde dann wieder stärker zutage treten.