Der US-Bundesstaat New York droht wegen eines Bitcoin-Miners mit Gaskraftwerk seine CO2-Ziele zu überschreiten und ein Einsturz einer chinesischen Kohlemine ließ die Rechenleistungen des Bitcoin-Netzwerks um ein Fünftel einbrechen. Bitcoin droht zu einem Problem für das weltweite Klima zu werden. Und das weiß man nicht erst seit der plötzlichen Erkenntnis von Tesla-Chef Elon Musk.

Dennoch: Seine Ankündigung, dass Tesla die Kryptowährung nun doch nicht als Zahlungsmittel akzeptieren wird, hat das Thema in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Und dem Bitcoin-Kurs ein neues Dreimonatstief beschert. Aber ist Bitcoin wirklich ein Klima-Killer? Um diese Frage zu klären, muss man einen Blick auf die betriebswirtschaftlichen Grundlagen des Bitcoin-Systems werfen.

Hohe Belohnung

Prinzipiell kann jeder zu einem Bitcoin-Miner werden und braucht dafür theoretisch nur einen Computer mit guter Grafikkarte. So ausgerüstet, kann man es schaffen, 6,25 Bitcoin oder umgerechnet rund 230.000 Euro für zehn Minuten Rechenleistung zu bekommen. Das ist vereinfacht dargestellt das Geschäftsmodell der Miner, jener Firmen, die dafür sorgen, dass Bitcoin-Überweisungen funktionieren.

In den frühen Tagen von Bitcoin reichte tatsächlich ein etwas besserer Gaming-PC, um Bitcoin schürfen zu können. Heute ist das längst nicht mehr möglich. Vielmehr braucht es die Rechenleistung von tausenden verbundenen Computern, um besagten Betrag verdienen zu können. Der Grund dafür ist das Herzstück der Bitcoin-Blockchain, der Proof-of-Work-Algorithmus (PoW).

Denn bei den besagten 6,25 Bitcoin handelt es sich nicht um eine Bezahlung für eine erbrachte Leistung. Es ist eine Belohnung und diese bekommt nur ein einziger Teilnehmer im Netzwerk, nämlich jener der als erster einen Block validiert. Dazu muss mittels eines aufwendigen kryptografischen Rätsel ein einzigartiger Code gefunden werden, der Hash. Dieser wird dann Teil des nächsten Blocks.

Will man also die Chance auf die Belohnung erhöhen, nimmt man mit mehr als einem Computer an dem System teil. Und so betreiben die sogenannten Miner heute riesige Rechenzentren. Millionen von Prozessoren versuchen zeitgleich das Rätsel zu lösen und jeder dieser Rechenschritte braucht Energie. Rund 118 Terawattstunden Strom braucht das Bitcoin-Netz derzeit im Jahr. Da aber nur ein einziger dieser Computer die Belohnung bekommt, wird der Großteil dieser Energie umsonst aufgewendet.

Garantie für Sicherheit

"Man kann diesen hohen Einsatz auch als Faustpfand verstehen", sagt Alfred Taudes, Leiter des Instituts für Kryptoökonomie an der Wirtschaftsuniversität Wien. Bitcoin sei ja offen. Miner können komplett anonym beitreten. Niemand könne daher überprüfen, wie "seriös" die Teilnehmer sind. "Nur dieses Protokoll garantiert, dass niemand versucht, zu betrügen. Wird man dabei geschnappt, ist der Einsatz verloren. Und der ist hoch." Deshalb werde dieses System auch als zentral für die Sicherheit von Bitcoin gesehen.

Eine Mining-Einheit aus dem NordeMiner bestehen heute aus tausenden zusammengeschlossenen Computernn von Texas
Eine Mining-Einheit aus dem NordeMiner bestehen heute aus tausenden zusammengeschlossenen Computernn von Texas © AFP

Was die Klimaschützer nun auf den Plan ruft, ist die geografische Lage dieser Rechenzentren. Denn die Miner arbeiten vor allem in China und Russland und beziehen ihren Strom dort vor allem aus alten Kohle- und Ölkraftwerken. Laut Schätzungen ist die Kryptowährung deshalb für gleich viel CO2-Ausstoß verantwortlich wie der Staat Peru.

Emotionale Debatte

Bitcoin deshalb zum Klimasündern Nummer Eins zu machen, greift aber zu kurz. Denn die Kryptowährung wird nicht nur in China geschürft und auch dort nicht nur mit Kohlestrom. Rund 40 Prozent der benötigten Energie wird mit erneuerbaren Ressourcen gedeckt. Damit ist das System Bitcoin nicht wesentlich klimaschädlicher als die Menschheit an sich. Denn auch die weltweite Stromproduktion wird noch immer zu mehr als 60 Prozent aus fossilen Brennstoff gewonnen.

Innerhalb der Bitcoin-Community wird die Diskussion um den Stromverbrauch von Bitcoin deshalb mit viel Emotion geführt, erklärt der Kryptowährungs-Experte Matthias Reder. Er kritisiert die Vergleiche mit Staaten. "Man sollte den CO2-Fußabdruck von Bitcoin lieber jenen des Finanzwesens oder des weltweiten Goldabbaus gegenüberstellen." Allerdings seien diese Bereiche eine Art Blackbox. "Es gibt einfach keine validen Zahlen." Reder wünscht sich dazu mehr Forschung. "Ich hätte gerne alle Zahlen auf dem Tisch. Mit guten Vergleichsdaten kann man die Debatte viel sachlicher führen. Denn der hohe Stromverbrauch ist ein Problem, dem man sich stellen muss."

Zumal andere Kryptowährungen durchaus bereit seien, grundlegende Veränderungen vorzunehmen, erklärt der WU-Professor Taudes mit Verweis auf die zweitwichtigste Kryptowährung Ethereum. Dort wird seit Jahren daran gearbeitet, auf einen sogenannten Proof-of-Stake-Algorithmus umzusteigen. Dabei wird im Vorfeld entschieden, wer das Rätsel lösen soll. Keine Rechenenergie wird verschwendet. Dass Bitcoin allerdings einen ähnlichen weggeht, hält Taudes für unwahrscheinlich. "Die Miner haben zu viel Gewicht in dem System und die sind hier zu konservativ." Keine guten Voraussetzungen, um den Stempel des Klimasünders loszuwerden.